Der Flug der Libelle
mehr Proben und Karten des Meeresbodens bekommen wollen, sollten wir uns lieber in Bewegung se t zen. «
»Auf geht ’ s! « rief Arielle; und die › Zauberlibelle ‹ sprang in die Luft und flog an der Flanke des Wasserberges entlang. Sie bemühte sich, möglichst lange in dem schnell abne h menden Fleck von Sonnenlicht zu bleiben
»Kannst du etwas weiter heruntergehen? « fragte Karin. »Das Sonar springt in einigen Wellentälern über die Obe r fläche. «
»Das mußt du mit Jill ausmachen «, sagte Arielle und zuckte resigniert mit den Schultern. »Ich könnte an sich schon tiefer gehen, aber sie läßt es mich nicht einmal vers u chen. «
»Jill! « sagte Karin. »Wir sind hundert Meter hoch, und die Wellen reichen nur bis zu dreißig Metern. Wir könnten doch sicher noch weitere zehn oder zwanzig Meter tiefer gehen. «
»Nein. «
Plötzlich griff Arielle ans Steuer und ließ die › Zauberl i belle ‹ auf ihren Raketen in die Höhe donnern.
»Arielle! « schrie George. »Raketen? «
Als Antwort riß Arielle das Flugzeug auf ihrem Hubg e bläse so herum, daß George noch sehen konnte, wie ein ri e siger Tsunami den Berg emporraste.
»Er bewegt sich in anderer Richtung als die Windwe l len «, sagte er. »Es muß ein Seebeben dahinterstecken. «
»Vor gar nicht langer Zeit hat es ein starkes Unterwasserg e räusch gegeben «, sagte Karin. »Es könnte den Tsunami veru r sacht haben. Ich möchte wissen, wie hoch die Woge war. «
»Achtzig Meter «, erklärte Jill.
»Dann hätte Arielle eigentlich gar keine Raketen anz u wenden brauchen. «
»Wäre die › Libelle ‹ da gewesen, wo Sie sie hatten haben wollen, hätte uns nichts anderes mehr gerettet. « Der Ton der Computerstimme war sehr ernst.
»Da ist dir wohl die Spucke weggeblieben! « lachte D a vid.
»Was quatscht ihr da, David? « fragte George.
»Das kann dir Karin erzählen «, sagte David, stand auf und ging nach hinten zur Anrichte.
»Also, Karin? « fragte George.
Karin antwortete erst nicht. Dann sagte sie: »Nachdem David mit soviel Mühe einen Ton › besorgte Mutter ‹ für Jill entwickelt hat, machte ich mir selbst das Vergnügen, auch so etwas zustande zu bringen. Das war der strenge Ton › Ich hab ’ s dir ja gesagt! ‹ , den du eben gehört hast. «
»Das hast du prima hingekriegt «, sagte George. »Nac h dem ich diese Stimme gehört habe, möchte ich bestimmt nicht mehr mit Jill über Fragen der Sicherheit diskutieren und mit ihr im Bösen aneinandergeraten. «
Barnard ging hinter Eau unter. Man sah zu, wie er ve r schwand. Dann führte Arielle die › Zauberlibelle ‹ herum zur anderen Seite, um auf den in zwei Stunden fälligen Sonne n aufgang zu warten. Sie blieben in der Höhe schweben, rast e t en und schliefen etwas, bis die Sonne wieder hinter Eau hochkam.
»Oho! Was für mächtige Wellen! « sagte George.
»Ein Paradies für Surfer? « fragte Karin.
»Eher ein Fegefeuer «, erklärte David. »Diese Wellen sind so riesig, daß du auf keinen Fall darauf reiten könntest, selbst ohne Raumanzug. «
»Trotzdem würde ein Versuch Spaß machen «, sagte George. »Ich habe es gelernt, mit den großen Killerwellen von Diamond Head fertig zu werden. Darum sollte ich es auch mit diesen aufnehmen können, besonders bei der red u zierten Schwere. Stell dir nur vor – ein Ritt von dreihundert Kilometern auf einer Dreißigmeterwelle! «
»Bis du ganz oben angekommen bist …« sagte David mahnend.
»Ja, allerdings … der Wellenkamm …« sagte George und schaute an der vom Sonnenlicht beschienenen Seite des Wasserbergs aus dem Fenster. Durch Barnard aufgeheizt, war der Ozean aus Ammoniak und Wasser wärmer gewo r den; und das Ammoniak war in dieser Atmosphäre verkocht. Dadurch stieg der Druck auf Eau und bewirkte eine Win d strömung bergaufwärts, die durch den engen Gravitation s schlund auf Roche hin zusammengedrückt wurde. Wä h rend nun die Winde den Berg emporstiegen, trieben sie die We l len vor sich her. Als diese dann auf der Spitze des Be r ges in dem Punkt geringster Schwerkraft zusammenkamen, wurden sie enorm groß.
»Das war wirklich ein dicker Bursche «, sagte George und bewunderte die Wasserfontäne, die auf der Spitze des Ea u Berges erschien. Bei der geringen Schwere schoß die Wa s sergarbe aus der Implosion der ein Kilometer hohen Rin g welle zwanzig Kilometer hoch in die Luft. Von da wurde der Schaum noch weiter emporgeschleudert durch den Luf t schwall, der von Eau nach Roche drang.
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