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Der Flug des Falken

Der Flug des Falken

Titel: Der Flug des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Milan
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Wahrung der Integrität der Präfektur IX und der Republik der Sphäre.«
    An ersten Tag ihrer Ausbildung zur MechKriegerin hatte ihr einäugiger, einarmiger und einbeiniger Instrukteur zu ihr gesagt: »Was immer du sonst noch lernst, lerne vor allem, einen Sieg zu erkennen.« Tara Campbell hatte sich diese Worte zu Herzen genommen - und dafür gebüßt, wenn sie sie einmal vergaß. Jetzt nickte sie. »Ich danke Ihnen im Namen der Republik, Euer Gnaden.«
    Präfektin Delia Brown runzelte die Stirn über eine solche Anmaßung ihrer Rivalin, für die Republik der Sphäre sprechen zu wollen, sagte aber nichts. Sie ist nicht mein Publikum, dachte Tara.
    »Vielleicht würde es helfen, die Delegierten zur Vernunft zu bringen, wenn Euer Gnaden ein paar Worte an die Kammer richten«, schlug Legat Eckard vor.
    »Der Herzog darf nicht persönlich zu den Delegierten sprechen!«, krähte Augustus Solvaig, als hätte er selbst einen Sieg errungen. »So steht es in der Verfassung des alten Herzogs.«
    »Deshalb wirst du die Rede an meiner Statt halten, Augustus«, erklärte Herzog Gregory in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. »Und es wird eine gute, eine wortgewaltige Rede sein. Leg sie mir in einer halben Stunde zur Genehmigung vor.«
    Solvaig starrte seinen Herren an. Es gefiel ihm nicht, so abgefertigt zu werden. Aber er nickte und ging.
    Der Herzog sah ihm eine ganze Weile stirnrunzelnd hinterher. Dann drehte er sich zu der Countess um.
    »Sie haben also gewonnen. Jetzt schlage ich vor, Sie kehren zu Ihren Vorbereitungen zurück.« Ein breites Grinsen trat auf sein Gesicht. »Und wenn Sie gegen die Falken nur halb so viel Mumm zeigen wie gerade eben gegen mich, dann haben diese Flaschenkindbastarde keine Chance.«

Landungsschiff Weißer Schnitter, im Orbit um Zebebelgenubi Präfektur IX, Republik der Sphäre
    1. August 3134
    Malvina wachte auf und hatte das Gefühl zu fallen.
    Sie setzte sich kerzengerade auf. Die Bettlaken waren nass - vor Angstschweiß.
    Sie war allein. Wenn auch nicht im Dunkeln. Sie schlief grundsätzlich bei Licht, auch wenn sie allein war.
    Sie hatte von der letzten Gelegenheit geträumt, bei der sie im Dunkeln geschlafen hatte. In der Nacht ihres eigenen und Aleks' sechsten Abnabelungstages.
    Die Nacht, in der sie gekommen waren, um die beiden zu holen.
    Es waren acht gewesen, motiviert von nüchterner Überlegung der sozialdarwinistischen Hortökonomie entsprechend: je weniger Mäuler zu stopfen waren, desto mehr Essen gab es. Also war es nur vernünftig, diese beiden Schwächsten der Gruppe zum Wohle der Geschko zu opfern. So wollte es die Philosophie des Clans, die ihnen unablässig eingetrichtert worden war, schon bevor sie überhaupt fähig gewesen waren, die menschliche Sprache zu entziffern.
    Aleks hatte sich gewehrt, wild und von sprachloser Furcht gefangen, den Hals so zugeschnürt, dass kein Laut herausdrang, das Gesicht weiß und verzerrt wie die Laken, die Malvina jetzt in ihren verkrampften
    Fäusten hielt. Sie hatten sich auf ihn konzentriert, auf den Jungen, obwohl er kleiner war. Doch so klein und verängstigt er auch sein mochte, und ohne Kontrolle über seine Körperfunktionen, er hatte sich doch gewehrt: ein gnadenloser Kampf ums Überleben, im Dunkel des bewusst spartanischen Schlafsaals.
    Aleks' hoffnungsloser panischer Kraftakt hatte Malvina die Freiheit zu handeln verschafft.
    Als zwei stämmige Aufsichten, bloße Arbeiter, erschienen und die Kämpfer mit Hieben und Schockstöcken trennten, waren zwei der nächtlichen Angreifer tot gewesen. Yimm hatte überlebt, aber durch das fehlende Auge behindert, war er zwei Jahre später bei einem Trainingsunfall ums Leben gekommen, ohne dass ihm Malvina geholfen hatte. Allerdings nur deshalb nicht, weil sie zu spät gekommen war. Die fünf anderen Angreifer, die diese schreckliche Nacht überlebt hatten, waren zu diesem Zeitpunkt bereits tot, und nicht durch Unfälle, auch wenn es bei mehreren danach ausgesehen hatte.
    Sie schüttelte sich, riss sich zusammen. Die Welt um sie herum stellte sich wieder scharf. Sie hatte alles wie einen Holofilm vor der Schottwand ihrer Landungsschiffskabine ablaufen sehen.
    Sie sind zurückgekommen, dachte sie, gefangen in einem Nebel der Verzweiflung. Sie kommen immer wieder.
    Ganz gleich, wie oft sie sie umbrachte. Ganz gleich, wie viele sie tötete. In ihren Träumen kamen sie zurück, um sich ihren Bruder und sie zu holen.
    Sie presste die Hände an den Kopf und schrie. Die Schottwände

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