Der Flug des Falken
zerquetschen.«
Wieder sprang er. Aleks erwartete ihn geduckt und grinsend. Bevor der heransausende Hüne ihn erreichen konnte, stieß er sich ab.
»Du beweist mangelnde taktische Kenntnisse, mein Freund«, stellte Aleks fest und betrachtete mit Händen, die sich auf die Hüften stützten, wie sich der Riese erhob. Er hatte es nur um Haaresbreite vermieden, ein paar seiner eigenen Anhänger umzuwerfen. Hätte er dies getan, so hätte er den heiligen Kreis verlassen und das Duell automatisch verloren.
Das war typisch für Aleksandr Hazen: Er tanzte mit Vorliebe auf Messers Schneide.
»Und dasselbe gilt für deine Sicht, die Bedeutung unserer Klasse betreffend. Nicht nur unser Leben, auch unsere heilige Mission und die Ehre unseres Clans hängen von unseren Techs ab. Sie herumzuschubsen ist eine Dummheit - und eines Kriegers unwürdig, der existiert, um denen zu dienen, die schwächer sind als er, nicht andersherum.«
»Du willst mich belehren?« Mit überraschender Schnelligkeit duckte sich Lopata und seine gigantischen Beine schleuderten ihn wie vom Katapult abgeschossen auf den normalgroßen Offizier.
Aleks bewegte sich nicht. Die Zeit schien sich zu verlangsamen, als der Elementar die riesigen Arme nach ihm ausstreckte, um ihn zu Boden zu stoßen und zu erdrücken. Aleks' Krieger brüllten ihn an, gefälligst zu handeln.
Als alle Umstehenden schon glaubten, es sei bereits zu spät, wurde er endlich aktiv. Er trat beiseite, packte das Gelenk hinter der riesigen, nach ihm ausgestreckten Rechten. Und riss daran.
Hätte er weiter nichts getan, Lopata wäre wie ein Meteor aus Fleisch und Blut in die Rumpfwand eingeschlagen. Der Aufprall hätte ihm den Schädel zerschmettert oder den bulligen Hals gebrochen. Es wäre ein akzeptables Ergebnis des Zweikampfes gewesen, heldenhaft sogar für einen bloßen MechKrieger, der sich in der schier ausweglosen Lage befand, in einem waffenlosen Kampf gegen einen Elementar antreten zu müssen.
Aleks jedoch zog den Arm des Hünen an seine Brust und bremste dadurch den Riesen.
Es war kein Akt grenzenlosen Mitleids. Lopata brüllte vor Schmerz, als ihm Aleks den Arm auskugelte. Dann krachte er mit dem Rücken auf die Hülle des Kriegsschiffes.
Der Aufschrei des Elementars erstarb, als ihm der Schlag den Atem aus der Lunge trieb. Er prallte ab, trieb wieder nach oben, reglos, gelähmt vor Schock. Aleks holte ihn zurück, legte einen Arm um seinen Hals, der wie der Arm eines Kindes wirkte, und schnürte dem Sterncaptain die Luft ab.
Nachdem Lopata das Bewusstsein verloren hatte, stand Aleks auf, trat einen Schritt zurück und hob einen Finger an die Stirn. »Sterncaptain«, salutierte er vor dem ohnmächtigen Riesen. »Vielleicht wirst du in Zukunft meine Techs mit dem nötigen Respekt behandeln, denn ohne ihre Hilfe wäre selbst der größte Krieger nichts weiter als ein Wilder, der einen Stock schwingend den Mond anbellt. Falls nicht...«
Er zuckte mit den ebenfalls nicht gerade schmächtigen Schultern. Dann, während sich seine Sekundanten wie ein Asteroidenschwarm im Schwerkraftfeld eines Riesenplaneten um ihn scharten, warf er den Kopf in den Nacken und lachte aus purer Lebensfreude los.
Er war Aleksandr Hazen, Blutnamensträger, und er war ein Held.
Jadefalken-Schachtschiff Smaragdkralle, am Zenitsprungpunkt des Summit-Systems Lyranisches Commonwealth
4. März 3134
»Es steht außer Frage, Galaxiscommander«, erklärte Sternadmiral Dolphus Binetti mit einem Blick hinauf in die holographische Darstellung des Weltraums um den Sprungpunkt, die im Zentrum der halbrunden Brücke der Smaragdkralle hing. »Der Händler kann uns nicht übersehen haben. Nicht einmal, wenn der Kapitän blind ist und seine Sensorbesatzung betrunken.«
Binetti war ein kleinwüchsiger, selbstgefälliger Mann von stämmigem Körperbau, mit einem schwarzen Spitzbart, der ein - trotz des Bauchansatzes - festes Kinn schmückte. Sein Alter und die abnehmende körperliche Leistungsfähigkeit hätten es ihm eigentlich erschweren müssen, seinen Rang oder Blutnamen zu verteidigen, denn für beide geschah dies in der Regel auf dieselbe Weise, auf die man sie auch erlangte: im Kampf. Doch schon bevor die Jahrzehnte eines erzwungenen Friedens - und schlimmer noch: des Kontakts mit den ver
weichlichten Bewohnern der Inneren Sphäre - die
Jadefalken hatten dekadent werden lassen, darin waren sich er und sein Gegenüber einig, hatten die Clans erkannt, dass es selbst für Krieger Positionen gab, denen
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