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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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durch den Wald war es rund um sie herum bedrohlich still, und nicht ein Blatt rührte sich. Als sie die Straße erreichten, zog am südöstlichen Himmel eine tintenschwarze Wolkenwand empor. Wind kam auf, wurde ständig stärker und zauste ihre Haare und die Mähnen der Pferde. Das Tageslicht war längst einer gespenstischen Dämmerung gewichen. Als es blitzte und ein naher Donnerschlag die Luft erzittern ließ, schrien die Mädchen auf. Die Pferde wurden unruhig und zuckten mit den Ohren. Gegen den Wind musste Pierre die Lider zusammenkneifen. Ängstlich sah Charmaine zu John hinüber, der sich besorgt umblickte und die Wolkenwand nicht aus den Augen ließ. Sein Kopfschütteln steigerte ihre Ängste noch.
    In halsbrecherischem Tempo näherten sich ihnen zwei Reiter, und nur Sekunden später zügelten Paul und George ihre Pferde. Ohne Charmaine und ihre zerzausten Haare auch nur eines Blickes zu würdigen, beugte sich Paul zu John hinüber. »Bin ich froh, dass ihr schon auf dem Rückweg seid. Offenbar erwarten wir einen Hurrikan, und zwar einen von der üblen Sorte, wenn du mich fragst.«
    »Ich bin gerade erst aus der Stadt zurückgekommen«, berichtete George. »Die Raven hat vor kaum zwei Stunden festgemacht. Jonah Wilkinson ist in halsbrecherischem Tempo vor dem Sturm hergesegelt. Wir hatten alle Mühe, das Schiff zu vertäuen. Das Meer ist sehr aufgewühlt.«
    »George ist auf dem Weg zur Mühle, und ich will in die Stadt, um die anderen Boote und den Kai zu sichern. Kannst du mir helfen?«
    »Was geschieht mit dem Haus?«
    »Travis und Gerald kümmern sich darum. Ich brauche deine Hilfe nötiger als sie.«
    »In Ordnung«, erwiderte John.
    Wieder blitzte es grell, und die Pferde wieherten und scharrten mit den Hufen. Als es gleich darauf donnerte, schüttelten sie ihre Köpfe und begannen zu tänzeln.
    »Und was soll aus den Kindern und mir werden?«, rief Charmaine.
    »Sie reiten unverzüglich zum Haus zurück«, befahl Paul.
    »Folgen Sie einfach der Straße«, ergänzte John mit sanfter Stimme.
    »Was, wenn die Pferde in Panik geraten?«
    John sah die Furcht in ihren Augen und wandte sich an George. »Könntest du sie nach Hause begleiten, bevor du zur Mühle reitest? Dann kann ich Paul helfen.«
    George nickte wortlos und übernahm den kleinen Pierre. Dann trennten sich ihre Wege: Paul und John galoppierten zum Hafen, und George ritt zusammen mit den Kindern und der Gouvernante zum Herrenhaus.
    Sie erreichten die Vorhalle keinen Augenblick zu früh. Erste Böen peitschten kleine Steinchen und Zweige durch die Luft, und selbst die Äste der mächtigen Eiche beugten sich den Naturgewalten. Am anderen Ende der Säulenhalle nagelten zwei Stallknechte die Fensterläden zu.
    Travis Thornfield stand im Foyer. Seine sonst so stoische Miene spiegelte seine tiefe Sorge wider. »Sechs Männer sind damit beschäftigt, überall im Haus die Fenster zu sichern. Wenn sie fertig sind, kann der Himmel die Schleusen öffnen. Wir sind auf alles vorbereitet.«
    George nickte. »Bestens.«
    »Ist das wirklich ein Hurrikan?«, fragte Yvette mit großen, aber furchtlosen Augen.
    »Wenn die Anzeichen nicht trügen, dann ja«, bestätigte George.
    Yvette schien dem Ereignis förmlich entgegenzufiebern. »Das wird eine ziemlich unruhige Nacht, und Cookie wird uns wieder ihre abergläubischen Geschichten erzählen.« Dann zählte sie die Schäden auf, die es während des letzten Hurrikans im Jahr vor Charmaines Ankunft gegeben hatte.
    »Sind diese Stürme wirklich so zerstörerisch?«, fragte Charmaine beunruhigt. »Verletzte wird es doch wohl nicht geben, oder?«
    »Ein Hurrikan kann sehr zerstörerisch sein«, erklärte George. »Aber das muss nicht so kommen. Wir können nichts weiter tun, als warten und beten, dass uns der Sturm nicht direkt trifft.«
    »Aber Paul … und John … sind doch immer noch draußen!«
    »Bevor es richtig schlimm wird, bleibt noch genug Zeit, um die Hafenanlagen und die Schiffe zu sichern. John und Paul sind schließlich mit diesen Problemen aufgewachsen. Jetzt muss ich aber los und mich um die Mühle kümmern. Ich komme zurück, so schnell ich kann.«
    Trotz der beruhigenden Worte war Charmaine zutiefst beunruhigt. Da war Ablenkung das richtige Mittel. Sie brachte die Kinder nach oben, damit sie baden und frische Sachen anziehen konnten. In ihrem Schlafzimmer war es so dunkel, dass sie die Lampen anzünden musste.
    Pierre war als Erster an der Reihe. Nervös klammerte sich der Kleine an sie, sobald es

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