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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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an der Torlinie, was, Bob!«
    »Also, ich muss schon sagen, das war ein beherzter Zug von diesem neuen Quarterback und eine harte Lektion über das Leben in der Nationalliga. Das war echtes Profiniveau.«
    »Ich hoffe, den Fotografen ist nichts passiert …«
    »Na ja, ich fürchte dieser Linebacker der Saints hat ein paar von denen auf dem Gewissen …«
    Beide Männer lachten und schwiegen einen Moment.
    »Wissen Sie was? Schalten wir doch mal zu Chuck aufs Spielfeld hinunter. Er steht gerade mit einigen Journalisten zusammen. Die haben eine richtig gute Nahansicht vom Touchdown bekommen, oder, Chuck?«
    »Kann man wohl sagen, Ted. Ich stehe hier mit Pete Cross und Tim Chapman vom hiesigen
Herald
und Kathy Willens von der
Associated Press
zusammen. Erzählen Sie uns doch mal, was Sie gesehen haben …«
    »Na ja«, begann einer der Fotografen, ein Mann mit hellbraunem Haar und Bart, »wir standen alle in Reih und Glied, um die beste Sicht auf den Schuss über die Linie zu kriegen, wissen Sie. Und auf einmal sehen wir …«
    Die junge Frau unterbrach ihn: »… sehen wir, wie diese beiden feuerspeienden Berserker auf uns zufliegen und …«
    »Ich musste Kathy packen«, erzählte der andere, ein Mann mit gekräuseltem Haar und mächtigem Brustkorb. »Sie fotografiertegerade mit dem Motordrive, und ich dachte, die reißen sie um.«
    »Kann an den Seitenlinien ganz schön gefährlich werden, was?«, fragte der Moderator.
    »Nicht schlimmer als eine Berichterstattung über einen durchschnittlichen Krieg oder eine Revolution«, witzelte die junge Frau.
    Die Fernsehkamera hielt schließlich die drei Fotografen in Nahaufnahme fest. Detective Barren hörte halb zu und überlegte, ob sie einem von ihnen schon mal bei einer ihrer Ermittlungen begegnet war.
    Im nächsten Moment saß sie kerzengerade.
    Sie fiel vor dem Fernseher auf die Knie.
    »O Gott! O mein Gott!«
    »So weit unsere Berichterstattung von den Seitenlinien. Und damit gebe ich zurück an Ted …«, sagte der Moderator.
    »Halt!«, brüllte Detective Barren. »Warte!«
    Sie krallte sich seitlich an das Gerät.
    »Nein, halt! Ich muss es sehen!«
    Die Berichterstatter redeten weiter, und die Mannschaften stellten sich für den Extra Point auf. Detective Barren hörte nicht, wie die Menge jubelte, als der Ball durch die Pfosten sauste. Sie schüttelte den Apparat und weinte: »Nein, nein, nein! Noch mal zurück, bitte!«
    Dann sackte sie nach hinten und dachte darüber nach, was sie gesehen hatte.
    Drei Fotografen, die vor einer Kamera standen.
    Eine leichte Brise. Eben genug, um ihnen das Haar zu zerzausen. Und genug, dass ihnen ihre Presseausweise um den Hals flatterten.
    Ein breites, dickes, gelbes Papierschildchen, auf dem OFFIZIELLER PRESSE-PLATZAUSWEIS eingestanzt war.
    In Panik hastete Detective Barren zu ihrem Schreibtisch. Verzweifelt wühlte sie in den Dokumenten, griff sich die Akten mit den Indizien, bis sie die Liste mit den Gegenständen hervorzog, die von der Spurensuche am Fundort ihrer Nichte sichergestellt worden waren. Es waren dreiunddreißig, doch sie interessierte sich nur für den letzten.
    »Etikettende, Farbe gelb, Herkunft unbekannt (unter Leiche).«
    »Ja«, sagte sie.
    Sie atmete tief ein.
    »Ja«, wiederholte sie laut. »Ich glaube, ja.«
     
    Am nächsten Morgen begab sie sich zu den schmuddeligen Räumlichkeiten, in denen die Asservatenkammer im Zentrum von Miami untergebracht war. Der Mitarbeiter zeigte keine Lust, die verstaubten Schachteln in dem höhlenartigen Raum einzeln durchzugehen. Der gereizte, unfreundliche Mann hatte in dem Moment, in dem Detective Barren zur Tür hereinkam, eine finstere Miene aufgesetzt und zunächst eine gerichtliche Anordnung und dann ein Schreiben ihres Vorgesetzten verlangt. Schließlich begnügte er sich mit einer handschriftlichen Versicherung von Detective Barren, die auf die Nörgeleien des Mannes mit ausgesuchter, lächelnder Freundlichkeit reagierte. Der Angestellte war ein breit gebauter Mann, dessen Hals in Muskelpaketen verschwand, was darauf schließen ließ, dass er seine Freizeit ächzend in einem Fitnessraum verbrachte. Er hatte die Hemdsärmel so weit hochgekrempelt, dass zwei reichverzierte Drachentattoos zum Vorschein kamen, und jedes Mal, wenn er den hinters Ohr geklemmten Bleistift hervorholte, glaubte sie, der Mann würde den dünnen Stift mit der schieren Kraft seiner plumpen Finger zerbrechen. Sie folgte ihm und bemühte sich, keine vorschnellenSchlüsse zu ziehen, obwohl sie

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