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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Attraktivität, über das jede Sekretärin verfügen muss: ein unbeschwertes Lächeln, eine angenehme Stimme und ein leicht schelmischer Blick.
    »Wieso?«
    »Haben Sie denn nicht die Zeitung gelesen?«, fragte die junge Frau.
    »Heute Morgen noch nicht.«
    »Ach so, dann wissen Sie noch nichts von dem neuen Vertrag?«
    Als Detective Barren den Kopf schüttelte, hörte sie aus einem der anderen Büros schallendes Gelächter.
    »Das ist die Pressekonferenz«, erklärte die Sekretärin.
    »Kann ich mal reinschauen?«, fragte Detective Barren.
    Die junge Frau zögerte. Sie sah sich um. Außer ihnen beiden war niemand zu sehen. »Sind Sie ein Fan?«
    Detective Barren lächelte. »Verpasse kein einziges Spiel.«
    Die Frau grinste. »Dann kommen Sie mit. Wir linsen einfach zur Hintertür hinein.«
    Detective Barren folgte der jungen Frau, die behutsam eine Tür öffnete und sie durch den Spalt hereinschlüpfen ließ. Die Szene war Detective Barren augenblicklich von Hunderten von Sportreportagen vertraut, die sie spätabends sah, wenn sie nicht einschlafen konnte. Die Mitte des Raums beherrschte ein halbes Dutzend Fernsehkameras auf Stativen. Dahinter stand ein Tisch auf einem Podest. Es wimmelte von Zeitungsund Fernsehreportern, die teils auf Stühlen saßen, teils an die Wand gelehnt standen und sich Notizen machten. Unterhalb der Fernsehkameras huschten Toningenieure und Fotografen herum. Am Tisch saßen hinter einem Strauß Mikrophonen der berühmte Trainer mit dem vorstehenden Kinn, der Eigentümer sowie der große, kraushaarige Quarterback. Sie lächelten alle in die Kameras. Hin und wieder schüttelten sie sich die Hände und lösten ein Blitzlichtgewitter aus. Detective Barren war wie gebannt. Sie fühlte sich wie ein Kind, das den Weihnachtsmann dabei überrascht, wie er die Geschenke unter dem Christbaum verteilt. »Er ist größer, als ich dachte«, flüsterte sie der Sekretärin mit der Ehrfurcht eines kleinen Mädchens zu. »Und sieht besser aus.«
    »Sicher«, wisperte die junge Frau zurück. »Und er ist auch reicher. Er kriegt über eine Million im Jahr.«
    Die Sekretärin schwieg, bevor sie finster hinzufügte: »Und dann heiratet er auch noch seinen Collegeschwarm.«
    Über den hochbeleidigten Ton und den Schmollmund, densie dabei machte, hätte Detective Barren beinahe losgeprustet. Sie drehte sich wieder um und beobachtete die Männer auf dem Podium. Jemand hatte einen Witz gemacht, und die drei lachten. Dies löste eine weitere Blitzlichtorgie aus. Wieder sirrten die Motordrives. In diesem Moment fuhr ihr das Geräusch wie ein Stich ins Herz. Mein Gott!, dachte sie und sah sich wild um. Er könnte hier sein. Eine Sekunde lang geriet sie in Panik und griff nach ihrer Tasche, um die Pistole herauszuholen. Sie hielt inne, als sich ihre Finger bereits um den kalten Kolben legten. Aber wer?
    Verzweifelt irrte ihr Blick durch den Raum.
    Sie sah einen muskulösen, bärtigen Mann an seinem Weitwinkelobjektiv herumfuchteln. Sie starrte auf seine großen Hände und sah, wie sie sich plötzlich um den Hals ihrer Nichte legten; sie riss sich los und konzentrierte sich auf einen stämmigen Kerl mit Stirnglatze, der zwischen den Schnappschüssen herumalberte. Es lag ein harter Zug um seine Mundwinkel, der ihr eine Gänsehaut einjagte. Ein anderer, dünner, blonder, junger Mann, der etwas Asketisches an sich hatte, verstellte ihr für einen Moment die Sicht. Er wirkte beinahe zart, dann ängstlich, und sie konnte sich vorstellen, wie er sich unerkannt unter die Studenten mischte und mit seinem wachen Blick den Blondschopf ihrer Nichte entdeckte.
    Sie kniff die Augen zu, um die Zwangsvorstellung zu verbannen. Der Geräuschpegel im Raum schwoll an, und das Lachen und Witzereißen im Raum schien sie und ihr Ziel zu verspotten. Sie fühlte sich schwindelig und hatte Angst, sie müsste sich übergeben.
    In diesem Moment hörte sie jemanden neben sich flüstern.
    »Detective Barren?«
    Sie öffnete die Augen. Ein kleiner Mann in einem baumwollenen Sportjackett stand plötzlich neben ihr. Sie nickte.
    »Mein Name ist Mike Stark. Ich bin sozusagen für diesen Zoo verantwortlich …«
    Sie lachte und riss sich in einem gewaltigen Willensakt zusammen. Er sah noch einmal zu der Menge und den Männern im Rampenlicht zurück. »Also, was meinen Sie?«
    Sie holte tief Luft und drängte ihren Alptraum zurück. Sie setzte ein Lächeln auf.
    »Ich denke, eine Million im Jahr ist eine Menge Geld.«
    »Er spielt wie der

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