Der Frauenhaendler
die Defensive.
»Wer sind Sie denn überhaupt, und wer hat Ihnen gesagt …«
Ich unterbrach ihn mit einer besänftigenden Geste.
»Seien Sie beruhigt. Ich mache Ihnen keine Probleme. Falls überhaupt, bin ich nur ein weiterer Glücksfall, Signor Frontini.«
Ich machte eine Pause.
»Sagen wir, zehn Millionen zusätzlich zu dem, was Ihnen laut Gesetz zusteht. Um die halbe Milliarde vollzumachen sozusagen.«
Das Wort Milliarde, das sich über das Wort Millionen gelegt hatte, hinterließ eine deutliche Wirkung. Als ich ihn so vor mir sah, gespannt auf das, was ich zu sagen haben würde, statt mich sofort mit Fußtritten aus dem Haus zu jagen, wurde mir klar, dass das, was man sich über ihn erzählte, der Wahrheit entsprach.
Zu seinem Vorteil und hoffentlich auch zu meinem.
Indem ich ihm versicherte, dass alles unter uns bleiben würde, konnte ich nach und nach seinen Widerstand überwinden und ihm das Eingeständnis abringen, dass er die Person mit den dreizehn Richtigen war. Das Wichtigste war, dass er den Schein noch nicht eingelöst hatte, wie sich zu meiner Erleichterung bestätigte. Der lag noch in einem Schließfach und wartete auf eine Entscheidung, was damit anzustellen sei. Ich erläuterte, was ich von ihm erwartete, was seine Vorteile wären und wie ich die Sache durchzuführen gedächte. Gleichzeitig ließ ich durchblicken, dass ich im Namen von Leuten sprach, die sich für einen Gefallen mehr als erkenntlich zeigen würden, die auf eine Weigerung aber auch äußerst sauer reagieren könnten. Als er am Ende bereit war, mein Angebot anzunehmen, tat er es mehr aus Angst, denn aus Gier.
»Okay, wenn das alles wirklich stimmt …«
Ich schenkte ihm mein schönstes Lächeln, das mir in meinem Leben schon etliche Gefälligkeiten und eine Rasierklinge eingehandelt hat.
»Natürlich stimmt das. Ihr Risiko ist gleich null. Sie haben viel zu gewinnen und nichts zu verlieren.«
Ich gab ihm die Hand. Er schüttelte sie. Nicht vollständig überzeugt, aber er tat es.
»Sie werden sehen, dass Sie eine sehr gute Entscheidung getroffen haben. Sie werden es nicht bereuen.«
Dann trat ich einen Schritt auf die Treppe zu, um klarzustellen, dass die geschäftliche Besprechung auf dem Treppenabsatz nunmehr beendet war.
»Ich melde mich bei Ihnen. Jetzt erst einmal einen schönen Abend.«
»Guten Abend, Signor …«
Ich schenkte ihm noch ein Lächeln.
»Nennen Sie mich Bravo. Das tun alle.«
Er drehte sich um und trat wieder in die Wohnung. Von drinnen hörte ich eine Frauenstimme rufen.
»Remo, wer war das?«
Die Tür schloss sich, bevor ich die Antwort hören konnte. Bald fand ich mich auf der Straße wieder und atmete die Luft eines jener warmen Frühlingsabende, die einen Frieden mit der Welt schließen lassen. Ich kehrte zu meinem Auto zurück und war erfüllt von einem Gefühl, das sie im Fernsehen ›verhaltenen Optimismus‹ nennen. Nach einer ruhigen Fahrt kam ich nach Brera, wo ich als Aperitif einen Parkplatz suchen musste, bis mir der Magen knurrte. Ich ging in ein Restaurant, in dem ich Stammgast war, zu meinem Vergnügen und zum Zweck der Public Relations. Das Torre Pendente war ein angesagtes Lokal, wo man das typische Mailänder Publikum traf. Leute aus Courmayeur, Santa Margherita, Portofino und einer langen Liste von Etceteras. Alle sehr teuer, diese Etceteras. Modemenschen, Wirtschaftsmenschen, Nachtmenschen, Scheißmenschen, und alle vermengt in einer Weise, dass man den Einzelnen nur schwer zuordnen konnte. Dort traf ich ein paar Frauen, mit denen ich zusammenarbeitete, eine von ihnen mit einem Begleiter, den ich ihr verschafft hatte. Außerdem sah ich ein paar, mit denen ich gerne zusammenarbeiten würde. Ich begrüßte Freunde und Freundinnen, von denen viele für mich Gesichter ohne Namen waren. Mit einem Telefonat regelte ich die finanziellen Geschichten für Barbara, mit einem anderen organisierte ich den weiteren Verlauf der mit Remo Frontini eingeleiteten Operation.
Dann aß ich und ließ mir Zeit, um die Stunde meiner Verabredung mit Laura heranrücken zu lassen.
Und jetzt bin ich hier, trete mit der Hacke meine aufgerauchte Zigarette aus und schließe mein unscheinbares Verliererauto ab. Abgesehen von ein paar Zugeständnissen an die Fassade, also die geeignete Aufmachung und Kleidung, um in bestimmten Kreisen verkehren zu können, verläuft mein Leben eher hinter den Kulissen. Mailand ist eine Stadt, die nachts viele Verstecke zu bieten hat. Trotz all der Lichter und all der
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