Der Frauenhaendler
Gesellschaft von so vielen Leuten vom Fernsehen wiederfinden.
Ich grüße ein paar Leute, werde von anderen gegrüßt und lasse indes den Blick schweifen, bis ich sie entdecke. Laura sitzt auf einem Sofa und unterhält sich mit einem jungen Mann. Die Erlebnisse mit der Tulpe mögen ihre Stimmung getrübt haben, aber ihrer Schönheit haben sie nichts anhaben können. Wie ein kleines Mädchen sieht sie aus, lässig gekleidet in Jeans und weißem Hemd unter einem sportlichen blauen Leinensakko. Zugeständnisse an die Mode im Jahr des Herrn 1978 findet man kaum. Ihr mahagonifarbenes Haar ist zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und ihr Gesicht öffnet sich zur Welt mit derart blauen Augen, dass die Kornblumen vor Neid erblassen müssten.
Das wäre es, was ich zu ihr sagen würde, wenn ich der Mann wäre, der sie liebt. Doch ich bin nur der Mann, der sie verkauft, und meine Worte sind zwangsläufig anderer Natur.
Der sich dort mit ihr unterhält, ist Giorgio Fieschi, ein Kabarettist, der seit Beginn der Saison im Ascot arbeitet. Er hat braune Haare, ein unschuldiges Gesicht und ist so talentiert wie naiv. Als er in die Stadt kam und um ein Vorsprechen bat, hat er die Feuerprobe noch am selben Abend mit Bravour bestanden. Der vorausschauende Bonverde engagierte ihn sofort, und das Publikum schloss ihn umgehend ins Herz. Die alten Recken des Ascot, die, die aus Mailand stammen, haben ihn mit einer gewissen Überheblichkeit empfangen und vom ersten Tag an unterschwellig auszugrenzen versucht. Ich weiß nicht, ob er es schon bemerkt hat, aber falls ja, ist ihm hoffentlich klar, dass ihr Verhalten eher mit ihrer Angst vor seinem Talent zu tun hat als mit faktischer Überlegenheit. Ich wünsche mir für ihn, dass er schnell dahinterkommt. Leider braucht es eine Entschlossenheit und Skrupellosigkeit, um die Leiter zum Erfolg hinaufzuklettern, die dieser Junge noch nicht besitzt.
Ich nähere mich den beiden und bemerke in Lauras Augen einen gewissen Ausdruck, der sich auch in seinen Augen widerspiegelt. Ich kenne ihn nur zu gut, den sexuellen Funken, der von Auge zu Auge überspringt, um nicht sofort zu sehen, dass er hier keine Rolle spielt. Was ich vor mir sehe, sind nicht Männchen und Weibchen, sondern ein Mann und eine Frau. Im Hintergrund höre ich schon die Geigen spielen und rieche eine Menge Ärger.
Ich setze mich auf einen Sessel ihnen gegenüber und bin mir sicher, dass ich hier irgendetwas unterbreche.
»Hallo, ihr schönen Menschen, wie geht’s?«
Ihnen bleibt keine Zeit mehr zu antworten. Piero, ein Kellner mit ziemlich professionellem Gehabe, taucht neben uns auf und macht Giorgio darauf aufmerksam, dass er in Kürze dran ist. Der erste Teil des Abends wird von jungen Leuten aus den eigenen Reihen des Ascot gestaltet, bevor dann im zweiten Teil die Attraktion des Abends, besagte englische Truppe, folgt.
Der vielversprechende Künstler lächelt, ein Lächeln, das auch die Augen erreicht. Mir scheint, dass das, was die Welt Arbeit nennt, für ihn das wahre Vergnügen darstellt.
»Okay, es ist Zeit. Sehen wir uns nachher, Laura?«
»Ja, ich komme in den Saal, um mir deinen Auftritt anzuschauen.«
Zu wissen, dass sie im Publikum sein wird, scheint ihn zu freuen. Ich würde fast sagen, dass es ihn sehr zu freuen scheint.
»Schön. Heute probiere ich eine neue Nummer aus.«
Der Junge steht auf und ist mit wenigen Schritten drei Stufen hochgestiegen und durch eine Tür verschwunden, die zur Hinterbühne und zur Regiekabine führt.
Laura und ich bleiben alleine zurück. Ich suche ihren Blick, aber sie ist noch nicht so weit, meinen Blick zu ertragen. Der Klang der Geigen ist verstummt, und es bleibt nur der Gestank des Ärgers. Sie steht auf und streicht ihr Sakko glatt. Ich meine zu spüren, dass die Besorgnis wegen der Sache, in die sie verwickelt ist, sich merklich gelegt hat. Was meine beruhigenden Worte vom Nachmittag damit zu tun haben und was die abendliche Begegnung, vermag ich nicht einzuschätzen.
Sie kommt mir zuvor.
»Hast du etwas dagegen, wenn wir später miteinander reden? Ich würde gerne seinen Auftritt sehen. Er soll ja ziemlich gut sein.«
»Einverstanden. Ich komme mit.«
Wir stehen auf und nehmen den Weg, den kurz zuvor auch Giorgio gegangen ist, nur dass wir an einer bestimmten Stelle geradeaus weitergehen und an der Bar vorbeikommen, an der zwei andere Künstler aus dem Programm dieser Woche sitzen. Bonverde steht, wie immer selbstbewusst und ausladend gestikulierend, neben dem
Weitere Kostenlose Bücher