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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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mich an und kommt näher, bis sich ihr Körper an meinen schmiegt. Dann schlingen sich ihre Arme um meinen Hals, und wir küssen uns. Ihre Zunge schmeckt nach Zahnpasta mit Erdbeergeschmack und nach etwas, an das ich mich nicht erinnere. Unversehens stehe ich vor einer offenen Tür, deren Schwelle ich niemals werde überschreiten können. Und doch bleibe ich hier und erwidere diesen Kuss, als wäre es der erste oder letzte meines Lebens. Danach halten wir uns weiter in den Armen. Sie legt ihren Kopf an meine Schulter.
    »Bravo …«
    »Ja?«
    »Was auch immer geschieht, danke.«
    Ich schiebe sie von mir fort und hebe den Arm, um auf die Uhr zu schauen. Die Stimme, mit der ich rede, gehört mir nicht wirklich.
    »Es ist spät, wir müssen gehen. Von hier nach San Babila kann es bei starkem Verkehr eine Weltreise sein.«
    »Ich verstehe.«
    Sie ist enttäuscht. Ich bin stocksauer. Auf mich, auf sie, auf Lucio, auf unsere dämlichen Rätsel, auf unsere illusionären Erwachsenenspielchen, auf die ganze Welt. Wir verlassen die Wohnung und gehen schweigend zum Auto. Zu viele Dinge sind passiert, die es zu bewerten gilt und die man nicht wirklich in Worte fassen kann. Darum sind wir schweigsam. Darum haben wir beide Angst.
    Als wir am Auto ankommen, öffne ich den Kofferraum und stelle Carlas Koffer hinein. Dann steigen wir ein, und ich stecke den Schlüssel ins Zündschloss. Ich drehe ihn herum. Der Motor springt an. Aber obwohl ich den Gang einlege, fahre ich nicht los. Ich stelle den Motor wieder ab und schaue mich um. Das Lenkrad, die Sitze, die Fußmatten, die Dinge in der Ablage und auf dem Rücksitz. Alles ist wie gestern. Und doch ist da irgendetwas, das nicht stimmt. Um Lucio eine Freude zu machen, könnte ich es ein Déjà-non-vu nennen, und es könnte die Lösung eines unserer Kryptogramme sein. Doch hier drinnen gibt es keine Worte, aus denen sich etwas entwickeln könnte. Nur dieses merkwürdige Gefühl, das ich nicht benennen kann.
    »Stimmt irgendwas nicht?«
    »Doch, alles in Ordnung.«
    Erneut starte ich den Motor und fahre los. Meine Antwort war vermutlich nicht sehr überzeugend. Die gesamte Strecke nach San Babila über, während ich Carla zum zigsten Mal erkläre, wie wichtig und exklusiv der Ort ist, zu dem sie Zugang erhält, schaut sie mich unentwegt an, als würde sie hinter meinen Gesten und Worten eine versteckte Botschaft zu entziffern versuchen.
    Als wir das Zentrum erreichen, steht Barbara bereits vor dem Gin Rosa, neben sich einen kleinen Koffer. Ich halte auf ihrer Höhe. Als ich Carla aussteigen lasse, fährt hinter uns ein Taxi vor. Die Tür öffnet sich, und Cindys lange Beine kommen zum Vorschein. Sie steigt aus und kommt mit ihrer Louis-Vuitton-Tasche auf uns zu. Groß, schön, hemmungslos. Wie sonst hätte sie sich diese Tasche und die Designerkleider, die sie trägt, leisten können? Sie gesellt sich zu unserer Gruppe.
    Aus ihrem Lächeln sprüht Lebensfreude.
    »Gar nicht übel, der Taxifahrer. Wirklich ein hübscher Junge. Er hat mich nicht mal zahlen lassen. Ich habe ihm meine Nummer gegeben. Wenn er mich anruft, wer weiß, dann lasse ich ihn vielleicht mal eine Gratisrunde drehen.«
    Barbara lacht, aber Carla wirkt abwesend. Vielleicht denkt sie an den Satz, den sie bei unserer ersten Begegnung gesagt hat.
    Mit dir würde ich auch umsonst mitgehen …
    Mag sein, aber es besteht leider nicht die Möglichkeit, dieses Angebot anzunehmen.
    Eine Ansammlung von Mädchen diesen Kalibers bleibt nicht unbemerkt. Tatsächlich bleibe auch ich nicht unbemerkt, und das finde ich überhaupt nicht erstrebenswert. Ich möchte so schnell wie möglich verschwinden und mit meinem Auto alleine sein.
    »Ciao, Mädels. Hals- und Beinbruch. Meldet euch, wenn ihr zurück seid.«
    Ich höre den Abschiedsgruß von Cindy und Barbara und ignoriere Carlas Blick, der mir bis zu meinem Wagen folgt.
    Die Ampel ist grün, was ich schnell nutze, um auf den Corso Venezia zu fahren, Richtung Corso Buenos Aires.
    Der Nachmittag ist lang und voller Fragezeichen. Ich beschließe, dass der rechte Moment gekommen ist, um ins Argentina zu gehen, wie man das Kino an der Piazza Argentina überaus fantasievoll genannt hat. Denn ich glaube kaum, dass andersherum der Platz seinen Namen vom Kino übernommen hat. An diesem Ort, der schon bessere Tage gesehen hat, werden Reihen gezeigt: Fantasyfilme, Horrorfilme, Western und Hommagen an diesen oder jenen Schauspieler, mit täglich wechselnden Filmen.
    Der ideale Ort, um dort ein

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