Der Frauenhaendler
lieber alleine geblieben, aber mir fällt kein guter Grund ein, um ihn und sein Geschwätz abzuwimmeln. Hoffentlich hält er wenigstens während der Vorführung die Klappe. Falls nicht, hätte ich endlich einen guten Grund, ihn zum Schweigen zu bringen.
Die Programmtafel besagt, dass zurzeit eine Paul-Newman-Retrospektive läuft und heute Der Clou gezeigt wird. Er schaut mich skeptisch an.
»Den habe ich noch nie gesehen. Du?«
Ich zucke mit den Achseln. Für mich ist ein Film so gut wie der andere. Ich bin nur hierhergekommen, um ein paar Stunden an einem stillen, diskreten Ort zu verbringen und über meine Angelegenheiten nachzudenken.
»Ich schon. Aber ich schaue ihn mir gerne noch mal an.«
Wir haben Glück. Als wir eintreten, leuchtet an der Wand über der Kasse gerade das Zeichen für den Beginn des Films auf. Wir lösen Karten, und die Kassiererin bestätigt uns, dass die Vorführung vor wenigen Sekunden angefangen hat.
Der Kinosaal liegt in einem flirrenden Halbdunkel. Was den Platz betrifft, haben wir die Qual der Wahl. Alles in allem werden wohl zehn Personen anwesend sein. Im Licht, das von der Leinwand fällt, suchen wir uns zwei Sessel in der Mitte des Saals.
Daytona hat sich zu meiner Linken niedergelassen und stürzt sich in eine Abhandlung über den Film. Eine von der Sorte, die in die Filmgeschichte eingehen.
»Stark, dieser Robert Redford.«
Ich fürchte die Fortsetzung, aber Daytona verstummt, und nach wenigen Minuten macht er mich glücklich. Sein Kopf sinkt nach vorn, die Oberlippe hängt herab, und die beiden Haarsträhnen baumeln jämmerlich ins Leere. Er schläft ein und schnarcht leise vor sich hin wie ein großer, satter Kater.
Ich lehne mich zurück, verfolge das Geschehen auf der Leinwand und denke nach. Die beiden Helden, die herausgeputzt sind, wie es sich für Stars dieses Kalibers gehört, wollen im Chicago der Dreißigerjahre einen Mafiaboss hereinlegen. Die Romanexistenz der beiden Betrüger vermischt sich mit meinem eigenen Leben, und aus irgendeinem Winkel meines Schädels steigt eine Ahnung auf.
Mehr als eine Ahnung ist es eine Eingebung. Und ich erhebe sie sogleich zum Vorsatz.
Ich stehe auf, gehe zum Ausgang und lasse Daytona in Moira Orfeis Armen ruhen, wie mal ein Kabarettist des Ascot in Anspielung auf die Zirkusdame und Schauspielerin gesagt hat. In einer Ecke des Vorraums befindet sich ein Telefon. Die Nummer, die ich brauche, weiß ich nicht auswendig, daher muss ich sie im Telefonbuch suchen.
Eine Münze, und meine Stimme geht auf die Reise durch die Stadt.
Nach einer langen Abfolge von Klingelzeichen meldet sich mit einem klangvollen lombardischen Akzent die Stimme meines Freundes.
»Hallo. Wer ist da?«
»Pino, hier ist Bravo.«
»Fick dich selbst, dann sag ich bravo. Es ist Ewigkeiten her, dass du dich hast blicken lassen.«
Pino macht nicht viele Worte, aber er ist ein absolut anständiger Mensch und ein Meister seines Fachs. Seine Frau ist eine exzellente Köchin und die Tochter ein Monster. Wir haben uns ohnehin nur selten gesehen, aber der Kontakt ist praktisch erloschen, seit mir klar wurde, dass die beiden mich mit ihr verkuppeln wollten. Und dass die Kleine nichts dagegen hatte, mit mir verkuppelt zu werden.
»Ich war nicht in Mailand. Außerdem habe ich eine Menge zu tun.«
»Dann will ich mal so tun, als würde ich dir glauben. Was willst du?«
»Ich brauche etwas. Und ich brauche es bis spätestens morgen Nachmittag.«
»Hältst du mich für den Zauberer Zurlì?«
Sobald er sich an seiner schwachen Stelle getroffen fühlt, erhebt er die Stimme, wie nicht anders zu erwarten, wenn man Pino kennt. Ich sehe ihn vor mir, wie er, klein, schlank und im Unterhemd, am Wandtelefon hängt und sich bei diesem Satz leicht auf die Zehenspitzen erhebt.
Ich locke ihn, indem ich an seinen Stolz appelliere.
»Nein, ich halte dich für einen Zauberer, und basta. Den Namen kannst du dir selbst aussuchen.«
»Was brauchst du?«
Ich erläutere ihm, was ich brauche. Er äußert die vorhersehbaren Zweifel an der Umsetzbarkeit meines Vorhabens.
»Du brockst dir Ärger ein. Das schaffst du nie.«
»Ich will gar nichts schaffen. Das soll nur ein kleiner Scherz werden.«
»Du solltest wissen, dass manche Scherze direkt nach San Vittore in den Knast führen.«
Ich kann ihm schlecht sagen, dass ich genau darauf spekuliere.
»Keine Sorge. Es wird keinen Ärger geben, weder für mich noch für dich. Und?«
Er scheint über Zeitrahmen und Umsetzung
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