Der Frauenhaendler
warten.«
Er fragt mich nicht, auf wen.
Ich biete ihm eine Marlboro an. Er lehnt mit einer einfachen Kopfbewegung ab. Ich stecke mir eine an und rauche, ohne etwas zu schmecken. Die Dinge, die passiert sind, haben einen seltsamen Nachgeschmack in meinem Mund hinterlassen. Mich nicht als Herr meines Lebens zu fühlen ist etwas, an das ich nicht gewöhnt bin. Ich habe das Gefühl, dass eine Bedrohung über mir schwebt, von der ich weder weiß, worin sie besteht, noch, wo sie herkommt. Das ist kein Zustand, mit dem es sich gut leben lässt, aber sosehr ich mich auch bemühe, ich erhasche nicht den Zipfel einer Erklärung.
Die Zeitungsausschnitte in dem Briefumschlag können nur eines bedeuten: Daytona wollte seine Gläubiger prellen und hat sich überlegt, mich als Kurier und damit vielleicht als Sündenbock zu benutzen. Das wäre allerdings ein derart dummer Plan, dass sogar eine unter Hirnschwund leidende Knalltüte das begreifen müsste. Die Tatsache wiederum, dass die Leute gar nicht zu der Verabredung erschienen sind, weiß ich überhaupt nicht zu deuten. Hatte ich einfach Glück gehabt, oder ist das ein Zeichen dafür, dass die Erklärung doch woanders zu suchen ist? Das Problem ist nur, dass ich keinen blassen Schimmer habe, wo dieses Woanders sein könnte.
Zum Beispiel das Detail mit der Fahrgestellnummer. Dabei handelt es sich nicht um eines der harmlosen Ratespielchen zwischen mir und Lucio. Ich spüre eine dieser namenlosen Gewissheiten in mir aufsteigen, die einen auf das Siegerpferd setzen oder das Verliererpferd meiden heißen, und die sagt mir, dass die Sache so einfach nicht ist. Es handelt sich um ein komplexes Rätsel mit so vielen Nummern und Buchstaben, dass ich sie nicht zusammensetzen kann.
Sosehr ich mich anstrenge, ich verstehe das alles nicht. Und wenn ich nicht verstehe, fühle ich mich verschaukelt, und das macht mich stinksauer.
Jetzt nähert sich von rechts eine cremeweiße Giulietta. Am Steuer erkenne ich Stefano Milla. Er parkt in einiger Entfernung von uns, und da er nicht kommt, gehe ich hinüber zu ihm. Er sitzt im Wagen, raucht und wartet auf mich. Ich öffne die Tür und setze mich auf den Beifahrersitz. Wir kommen direkt zur Sache. Er nimmt ein Köfferchen aus dunkelbraunem Kunstleder vom Rücksitz und legt ihn mir auf den Schoß.
»Übergabe erledigt.«
»Kommst du mit?«
Milla schüttelt den Kopf.
»Mir ist es lieber, wenn dieser Typ mich nicht sieht. Ich transportiere lediglich einen Koffer. Tano hat gesagt, dass in dieser Geschichte du die Verantwortung trägst. Mit allen Ehren und Pflichten.«
Aus Erfahrung weiß ich, was sich hinter diesen Ehren und Pflichten verbergen kann. Ich nehme das Köfferchen, verlasse den Alfa und begebe mich zu Frontini, der mehr denn je auf glühenden Kohlen zu sitzen scheint. Ich bitte ihn, neben mir in meinem Wagen Platz zu nehmen, und schaue mich um, ob auch niemand in der Nähe ist. Dann öffne ich das Köfferchen und lasse ihn einen Blick auf den Inhalt werfen.
»Da ist es.«
Nie im Leben würde es mir gelingen, das Gesicht dieses Mannes zu beschreiben. Nicht Gier, sondern Staunen zeichnet sich darin ab. Es ist das Gesicht eines Kindes vor dem Piratenschatz, von dem es dachte, er existiere lediglich in der Fantasie. In diesem Köfferchen befindet sich die Gewissheit eines unverhofften neuen Lebens, und ich betrachte den Mann und bin glücklich für ihn.
»Zählen Sie nach. Es müssten fünfzig Bündel zu je zehn Millionen sein. Insgesamt fünfhundert Millionen. Exakt die Summe, die wir ausgemacht haben.«
Ich lege ihm das Köfferchen auf die Knie.
»Machen Sie es in aller Ruhe.«
Er nimmt sich die Zeit, die Scheine von drei, vier zufälligen Bündeln zu zählen, dann die Bündel selbst, bis er bei fünfzig angelangt ist. Danach schließt er den Deckel und vergewissert sich, dass die Schlösser zugeschnappt sind.
»Scheint zu stimmen.«
»Wunderbar. Dann gehen Sie jetzt den Schein holen.«
Es ist mir wichtig, ihm klarzumachen, dass die Ehren und Pflichten, von denen Milla zuvor gesprochen hat, nicht nur mir, sondern auch ihm zukommen. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass man nie wissen kann – obwohl ich in der Sache mit Frontini schon mehr als einmal gegen diese Regel verstoßen habe.
»Ich muss noch ein letztes Mal deutlich werden. Das ist ganz sicher nicht nötig, aber ich möchte trotzdem noch mal betonen, dass jegliche Unkorrektheit Ihrerseits unangenehme Folgen haben könnte.«
Zu meiner Überraschung lächelt
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