Der Frauenhaendler
herausbekomme.«
Ich kann mich nicht einmal verabschieden, da hat er das Gespräch schon beendet.
Den Hörer noch in der Hand, sehe ich das Gesicht eines Mannes im Sprechraum des Gefängnisses vor mir. Jedes Mal wirkte seine Miene ein wenig erloschener. Das, was ich ihm vorzuschlagen habe, wird sie vielleicht ein wenig aufhellen.
Dann denke ich wieder über meine Position nach. Ich tanze einen Shake auf vermintem Gelände. Wenn ich einen falschen Schritt mache, werden von mir nicht einmal mehr Fetzen übrig bleiben.
Vorsichtig lege ich den Hörer wieder auf, als wäre auch das Telefon vermint.
Ich hole den Schein meiner Träume aus der Innentasche und werfe meine Jacke aufs Sofa. Nachdem ich aus den Schuhen geschlüpft bin, gehe ich ins Schlafzimmer. Der Wettschein wandert in mein sicheres Versteck. Ich stelle den Fernseher an. Der Bildschirm leuchtet auf, als ich mich auf dem Bett ausstrecke.
Ich komme nicht mehr dazu, meinen Kopf auf dem Kopfkissen abzulegen.
Der Apparat ist auf das Erste eingestellt, wo eine Nachrichtensondersendung läuft. Die Miene von Bruno Vespa ist beherrscht, seine Stimme erbarmungslos, als er den Zettel liest, den ihm Paolo Frajese soeben hingelegt hat.
»… und hier bekommen wir die Bestätigung, dass der christdemokratische Abgeordnete Mattia Sangiorgi, der jüngere Bruder von Senator Amedeo Sangiorgi, zu den Opfern des Blutbads in der Villa von Lorenzo Bonifaci zählen dürfte, bei dem auch der Hausherr selbst umgekommen ist. Die Namen der anderen Opfer und der genaue Hergang dieses schrecklichen Verbrechens sind noch nicht bekannt, aber nach allem, was bislang durchgesickert ist, muss man wohl davon ausgehen, dass niemand in der Villa dem Tod entgangen ist. Das gilt auch für die Sicherheitsleute, fähige und gut ausgebildete Männer, die der Finanzier eingestellt hatte, um sich und seinen Gästen eine Sicherheit zu garantieren, an der es dann leider gefehlt zu haben scheint. Wir schalten jetzt zu unserem Vertreter vor Ort. Er steht in Lesmo bei Monza vor der Villa, in der das Massaker veranstaltet wurde.«
Aus dem Fernsehstudio schalten sie hinüber zur Liveschaltung. Im Vordergrund sieht man das Gesicht eines Korrespondenten, im Hintergrund ein Eingangstor zwischen zwei Säulen aus roten Ziegelsteinen. Rechts und links davon beginnt eine Mauer, hinter der die hohen Bäume eines Parks hervorragen.
Der Bildausschnitt zeigt einen Polizeiwagen, der neben dem Eingang steht und der Masse von Fernseh- und Zeitungsreportern, die sich auf der Jagd nach Informationen hier versammelt haben, den Zugang verwehrt.
Worte höre ich nicht.
Plötzlich ist die Luft, die ich atme, schwer und unheilgeschwängert, als würde eine schlechte Aura jeden einzelnen Zentimeter dieses Zimmers durchdringen. Ohne Stimme und ohne Gesicht sitze ich da und schaue auf Bilder, die ich nicht sehe, und vernehme Stimmen, die ich nicht höre. Eine einzige Gewissheit hat sich scharf in mein Hirn eingebrannt.
Die Zeit, die ich kannte und in der ich mich bisher bewegt habe, ist unwiederbringlich verloren.
Kapitel 13
Die Klingel hat die Wucht einer Explosion und lässt die Zeitblase, in die ich eingeschlossen bin, in tausend Stücke zerplatzen. Ich schalte den Fernseher aus und stehe auf mit dem Gefühl, dass die Beine, mit denen ich mich fortbewege, nicht zu mir gehören. Als ich die Tür erreiche, bin ich mir sicher, auf der anderen Seite Lucio zu erblicken, der die Lösung seiner letzten Rätselattacke wissen und mich zu einem Kaffee einladen möchte.
Stattdessen schaue ich in das ernste Gesicht von Stefano Milla. Zwei uniformierte Polizisten begleiten ihn. Einer hält einen Hund an der Leine, einen Mischling, der Anteile von einem Deutschen Schäferhund haben dürfte. Der Inspektor hat eine neutrale Miene aufgesetzt und wirkt sehr professionell. Über meine Miene fehlt mir im Moment die Kontrolle. Nach so kurzer Zeit stehen wir uns schon wieder gegenüber und sind doch zwei andere Personen. Ich bin der, der die Tür geöffnet hat und keinen guten Eindruck hinterlässt, und er ist ein Vertreter des Gesetzes.
Er steckt eine Hand in die Tasche, zieht ein Blatt hervor und hält es mir hin.
»Ciao, Bravo. Ich denke, du solltest uns reinlassen. Wir haben einen Durchsuchungsbefehl.«
Ich werfe nicht einmal einen Blick auf das Dokument. Die Sache ist mit Sicherheit korrekt. Er macht weiter mit den Formalitäten.
»Ich informiere dich darüber, dass du während der Durchsuchung die Anwesenheit eines
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