Der Frauenhaendler
trifft und mit denen er Umgang pflegt.
Ich fahre in Etappen weiter und halte mehrfach an, um nachzuschauen, in welche Richtung die Karte mich schickt. Die Stadt hört irgendwann auf, und die Schilder leiten mich in die Peripherie, wo sich noch Relikte bäuerlichen Lebens erhalten haben. Quadratische Gebäude als letzte Vorposten gegen den Fortschritt und die Übergriffe des modernen Bauwesens. Während ich die Straße entlangfahre, ertönen über mir die Lärmschleifen der landenden Flugzeuge, die das Gebiet in niedriger Höhe überfliegen und auf den Flughafen Linate zuhalten.
Schließlich biege ich in die Straße ein, die ich suche. Ich fahre durch eine Häusergruppe, von der aus die Straße in einiger Entfernung auf eine Baumgruppe zuführt. Als ich auf die Nummer des letzten Hauses zu meiner Linken schaue, stelle ich fest, dass sich dort die ungeraden Zahlen befinden. Langsam fahre ich weiter, und immer neue Gebäude tauchen am Straßenrand auf. Wie aus dem Beutel einer Tombola kommen eine nach der anderen die Hausnummern zum Vorschein.
Niemand ist unterwegs. Die Autos parken im Hof und am Straßenrand, und die Menschen halten sich im Innern der Wohnungen auf. Ein Kind spielt auf dem Rasen, allein. Es weiß noch nicht, wie schlimm die Einsamkeit im Laufe der Zeit werden kann. Handlungen, Worte, Leben, jeden Tag dasselbe. Ein Wecker, der klingelt. Ein Kind, das zur Schule gebracht werden muss. Das Monatsende, das nie kommt. Fünfzehn Tage bezahlter Urlaub. Tanz in irgendeinem Lokal. Sex im Auto mit dem Mädchen, das darauf wartet, Ehefrau zu werden.
Für die weniger Glücklichen eine Nutte zu fünftausend Lire auf der Staatsstraße nach Cremona.
Der Schmerz im Unterleib und der Schüttelfrost halten an. Übelkeit hat sich hinzugesellt. Nachdem ich die Bäume hinter mir gelassen habe, finde ich mich in einer Gegend wieder, die man freies Land nennen könnte, wenn sich nicht am Horizont die Bollwerke des soundsovielten Werks über einem Weizenfeld erheben würden. Vielleicht ist es ein solcher Ort, an dem eines Tages der Alte und das Kind aus dem Lied von Francesco Guccini über das Leben nach der Atomkatastrophe auftauchen werden.
Ich gelange zu einem abgelegenen Bauernhof, der schon bessere Tage gesehen hat und nach so vielen Jahren immer noch an die Nachkriegszeit erinnert. Der Hof ist baufällig, und die Tenne wirkt eher wie das Lager eines Schrotthändlers. An einem Baum lehnt ein verrosteter Kühlschrank. Eine Karosserie ohne Nummernschild und Reifen steht auf vier Ziegelsteinböcken. An einer Hausseite hat sich ein Fensterladen gelöst, so dass das Fenster nun aussieht wie ein Hundeauge mit hängendem Augenlid. Im Hintergrund sieht man eine niedrige Konstruktion aus verrosteten Blechen, die an in den Boden gerammte Pfähle genagelt sind.
Das Unkraut hat sich ausgebreitet und wuchert überall, so dass eine Hausseite nur durch eine wahre Brennnesselplantage zu erreichen ist. Auf einen der beiden Pfosten rechts und links von der Zufahrt hat jemand in schwarzem Lack etwas gepinselt, das mir bestätigt, dass ich mein Ziel erreicht habe.
Ich stelle den Mini im Hof ab. Vielleicht hätte ich weiterfahren und woanders parken sollen, um zu Fuß zum Haus zu gehen, aber mir geht es zu schlecht, und ich habe es zu eilig.
Die Vordertür ist mit einem Vorhängeschloss verschlossen. Es hängt an einer Kette, die sich durch zwei offene Löcher in den beiden Türflügeln zieht. Die Fensterläden im Erdgeschoss sind zugeklappt. Ich gehe am Haus entlang in Richtung Rückseite. Ein Weg aus gesprungenem Beton führt um das gesamte Gebäude herum. Aus der halboffenen Tür einer Baracke, die man von der Straße aus nicht sieht, schaut das orangefarbene Heck von Daytonas Porsche heraus. Ich folge dem Weg, komme an vergitterten Fenstern vorbei und erreiche schließlich eine Holztür.
Sie ist angelehnt.
Ich drücke dagegen und befürchte instinktiv, dass sie quietscht.
Dann schimpfe ich mich selbst einen Dummkopf, da meine Anwesenheit längst angekündigt wurde, indem ich den Mini im Hof abgestellt habe.
Ich trete ein und finde mich in einem dunklen, dreckigen, allem Anschein nach unbewohnten Raum wieder. Schnell schaue ich mich im Erdgeschoss um. Nur leere Zimmer, altes Papier auf dem Boden, eine staubige Decke, ein Stapel angeschlagener Teller in dem, was eine Küche zu sein scheint. Überall der Geruch von Feuchtigkeit, Staub und Salpeter. Ich frage mich, wer in einem solchen Loch wohnen kann. Und doch muss es jemand
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