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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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Ansturm der Journalisten geschützt wird. Jenseits der Personengruppe sieht man den Eingang des Hotel Principe di Savoia an der Piazza della Repubblica. Der Mann im Zentrum der Aufmerksamkeit ist groß und massig. Sein dichtes Haar ist an den Schläfen weiß. Er hat die entschiedene Miene eines Mannes, der weiß, wo er hinwill und wie er das auch schafft.
    Ich kenne ihn gut.
    Alle kennen ihn gut.
    Es ist Amedeo Sangiorgi, Sizilianer, Fraktionsvorsitzender im Senat und eine feste Größe seiner Partei und des politischen Lebens in Italien. Sein Bruder Mattia, der sehr viel jünger war als er, ist einer der Männer, die man in Bonifacis Villa tot aufgefunden hat. Er saß in der Abgeordnetenkammer und war eines der neuen Gesichter der Democrazia Cristiana. Für viele galt er bereits als der zukünftige Präsident des Ministerrats.
    Die Tatsache, dass sein Bruder gemeinsam mit zwei anderen Mitgliedern seines Standes und drei jungen, schönen Frauen tot aufgefunden wurde, hat in Amedeo Sangiorgis Gesicht keine Spuren hinterlassen. Innerlich kocht er sicher vor Wut, weil dieser Aspekt der Angelegenheit an die Öffentlichkeit gedrungen ist, statt im Rahmen des Ermittlungsgeheimnisses für immer zwischen zwei Aktendeckeln zu verschwinden. Aber er ist zu schlau und zu erfahren, um Gefühle zu zeigen. Zudem weiß er, dass wir in einem Land wohnen, wo bestimmte Schwächen mit äußerster Leichtigkeit vergeben und vergessen werden, mit ein wenig Nachhilfe von Seiten der sogenannten Freunde. Ich bin mir sicher, dass Cindy, Barbara und Laura nach dem Abklingen der ersten Spekulationen und durch den geeigneten Druck an geeigneter Stelle zu drei fähigen Sekretärinnen werden, die teuer dafür bezahlt haben, dass sie an jenem Tag an jenem Ort zu einem Arbeitsessen geladen waren.
    Ein Reporter der Rai nähert sich Amedeo Sangiorgi mit einem Mikrofon in der Hand, gefolgt von einem Kameramann mit einer Fernsehkamera auf der Schulter. Der Senator gibt dem Polizisten, der den beiden gerade den Weg versperren will, ein Zeichen und erklärt sich bereit, das abzugeben, was man gemeinhin eine kurze Stellungnahme nennt.
    Er tut es mit tiefer, schmerzumflorter, empörter Stimme.
    »Diese Tat ist Zeichen einer unglaublichen Barbarei, die eine vollkommene Verachtung des menschlichen Lebens zeigt. Bestürzt stehen wir davor und fragen uns gleichzeitig, was das für Menschen sind, die so viel Grausamkeit in sich tragen. Wir trauern um Brüder, Ehemänner, Söhne. Es sind Augenblicke, in denen unsere Hoffnungen und das Vertrauen in die Institutionen schwinden und wir sprachlos zurückbleiben. Aber gerade in Augenblicken wie diesem ist es unsere Pflicht und unser Recht zu reagieren. Und einer Sache dürfen wir uns sicher sein: Von welcher Seite dieser feige Angriff auch erfolgt sein mag, sei es der Terrorismus, sei es die organisierte Kriminalität, er wird nicht ungestraft bleiben. Die Ordnungskräfte arbeiten daran, die Täter der Justiz zu überstellen und ihnen die Strafe zuteilwerden zu lassen, die sie verdienen.«
    Gegen Ende der Erklärung zittert die Stimme ein wenig. Ein Schatten des Schmerzes fliegt über das Gesicht. Dieser Mann verkörpert in absoluter Perfektion, was die Leute von jemandem in seiner Position erwarten: eine Würde und eine Standfestigkeit, die sich über die emotionale Betroffenheit erheben.
    Danach wird wieder ins Studio zurückgeschaltet. Der Moderator spekuliert nun über Informationen der Presse, aus wie vielen Männern das Kommando bestanden haben soll, das für den Blitzüberfall auf die ›Villa des Massakers‹, wie sie mittlerweile überall genannt wird, verantwortlich ist.
    Die Worte von Kommissar Giovannone kommen mir wieder in den Sinn.
    Du hast nicht den blassesten Schimmer, was für einen Wirbel diese Geschichte ausgelöst hat …
    Und ob ich einen Schimmer habe. Ein Politiker vom Kaliber eines Aldo Moro in den Händen der Roten Brigaden. Ein anderer von noch unbekannten Händen in die Kühle eines Leichenschauhauses befördert. Die Spannungen der laufenden Prozesse und die Eisschicht der Angst, die sich über Menschen und Dinge legt.
    In diesem Moment dürften sämtliche Mitarbeiter von Polizei, Carabinieri, Antiterrortruppe, Geheimdiensten und vielem mehr im Einsatz sein. Und in den Ministerien dürften sich alle, die etwas zu sagen haben, die Haare raufen und sich fragen, was zum Teufel in diesem Land geschieht. Und wie Soldaten in Kriegsspielen wird man die Männer, von denen es nie genug gibt, von

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