Der Frauenhaendler
kann.
Den Bart werde ich behalten. Er wächst schnell, und in ein paar Tagen dürfte er eine anständige Tarnung sein. Die langen, lockigen Haare sind ziemlich auffällig, aber dagegen kann Abhilfe geschaffen werden. Ich öffne die Schubladen der Kunststoffmöbel. Inmitten von Zeug verschiedenster Art und teils entschieden weiblicher Bestimmung finde ich, was ich brauche. Vermutlich hat Carmine, als seine Frau ihn verlassen hat, es nicht übers Herz gebracht, die im Bad vergessenen Gegenstände wegzuwerfen. Ich nehme ein Gummiband, einen feinen Kamm und eine Bartschere. Ich hätte einen Mann wie Carmine niemals für so eitel gehalten, dass er sich eigenhändig der Bartpflege widmen würde. Er wiederum würde, wenn er von meinen Schwierigkeiten wüsste, sicher behaupten, dass er mich niemals für so dumm gehalten hätte, mich auf diese Weise hereinlegen zu lassen.
Ich öffne den Wasserhahn, beuge den Kopf hinab und feuchte meine Haare an. Dann kämme ich sie und nehme sie zu einer Art Pinsel oben auf dem Kopf zusammen. Dann schlinge ich ein paar Mal das Gummi darum und ziehe ihn dicht am Kopf fest.
Ich schaue mich an. Mit dem ungepflegten Bart und der Hunnenmähne scheine ich direkt einem dieser legendären Sandalenfilme der Sechziger entsprungen zu sein. Der Anblick wäre tatsächlich erheiternd, wenn meine Lage nicht so verzweifelt wäre.
Ein paar Zentimeter über dem Gummiband mache ich mit der Schere einen glatten Schnitt. Als ich das Gummi abstreife, fallen die Haare in einigermaßen ordentlichen Stufen herab. Ich danke meinem Freund Alex, dass er mir diese Methode einst, ohne es zu wollen, in seinem Laden beigebracht hat. Jetzt schnippele ich noch ein wenig mit der Schere am Kopf herum und schaue dabei in einen Spiegel, den ich in einer anderen Schublade gefunden habe.
Schließlich begutachte ich das Resultat. Jetzt bin ich ein Mann mit kurzen, von grauen Strähnen durchzogenen Haaren, einer mit einem Friseur von fragwürdiger Kunstfertigkeit, einer, der sich vielleicht rasieren sollte, der aber in jedem Fall ein anderer ist als zuvor.
Ich sammele die Haare auf dem Boden und im Waschbecken zusammen und werfe sie ins Klo. Vielleicht hat Dalila es seinerzeit auch so gemacht. Ich betätige die Spülung, das Wasser trägt sie fort, und danach fühle ich mich tatsächlich erschöpft.
Aus einem Schränkchen nehme ich ein paar Handtücher, die sauber aussehen. Das scheint mir ein ziemlich akzeptables Kriterium zu sein, da ich in meiner Situation nicht allzu pingelig sein kann. Ich gehe unter die Dusche und bleibe dort, bis das heiße Wasser aus dem Boiler verbraucht ist. Als ich hinaustrete, bin ich wieder im Vollbesitz meiner physischen und psychischen Fähigkeiten, wie auch immer es um deren Qualität und Quantität bestellt ist.
Ein Handtuch um die Hüfte gewickelt und an den Füßen Pantoffeln, die mir zu klein sind, begebe ich mich in Richtung Küche. Stets hatte ich dafür gesorgt, dass der Vorratsschrank mit Nudeln und Dosen gefüllt ist. Im Kühlschrank steht jede Menge Mineralwasser, und Öl, Essig, Salz und Zucker sind ebenfalls vorhanden.
Und vor allem Kaffee.
Ich bereite die Espressokanne vor, öffne den Gashahn und stelle sie auf den Herd. Dann setze ich mich und warte auf das Röcheln des Kaffees. Dabei denke ich über all die Details dieser verworrenen Geschichte nach. Über all die Personen, die ich wie Marionetten um mich herumspringen sah, ohne zu begreifen, dass eigentlich ich die Marionette war.
Mit Carla hat alles begonnen, und zu ihr führt alles zurück. Irgendjemand an irgendeinem Ort muss gewusst haben, dass ich eine exklusive Beziehung zu Lorenzo Bonifaci hatte und eine der wenigen Personen war, die jemandem Zugang zu seiner Villa verschaffen konnten.
Schönen Frauen, in meinem Fall.
Dieser Jemand hat Daytona eingespannt, sicher mit den Verlockungen des Geldes. So wie ich ihn kenne, glaube ich nicht, dass er sich je aus ideologischer Begeisterung zu etwas hat verleiten lassen. Mein unglückseliger Freund hat es so eingerichtet, dass ich Carla begegne, und auf meine Eitelkeit gezählt. Er hat mich herausgefordert, indem er mich gebeten hat, sie zu überreden, mit ihm ins Bett zu gehen, und ich bin wie ein Tölpel darauf hereingefallen. Dann hat er mir von ihrer Schönheit und ihren Verführungskünsten vorgeschwärmt. Auch die Information, dass sie an Geld interessiert sei, hat er mir zugespielt, indem er berichtete, dass sie im Falle eines erneuten Treffens mehr verlange. Als ich
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