Der Frauenkrieg
klatschend ausgerufen: »Oh! daß ich nicht hundert Kapitäne wie meinen tapfern Richon habe!«
Eifrig betrieb sie auf Lenets Rat die Entsendung eines Entsatzes, und es blieb Claire nichts übrig, als ihre Mitteilung und Bitte an die Prinzessin um einen Tag zu verschieben.
Ein sehr kurzes, aber sehr zärtliches Wort meldete dem teuren Gefangenen diese Zögerung. Noch schien ihm die neue Frist minder grausam, als man glauben sollte; es liegen in der Erwartung eines glücklichen Ereignisses beinahe ebensoviel süße Empfindungen, wie in dem Ereignis selbst.
Der nächste Morgen ging für die Prinzessin in Überwachung der Vorkehrungen und Einzelheiten beim Einschiffen des unter Ravaillys Führung aufbrechenden Entsatzes hin. Wer Nachmittag sollte einem grüßen Rate gewidmet werden, der zum Zwecke hatte, womöglich die Verbindung des Herzogs von Epernon und des Marschalls de La Meilleraye zu hindern, oder wenigstens bis zu dem Augenblick zu verzögern, wo der Entsatz in Vayres wäre.
Am Abend erbat sich jedoch Claire, die Canolles nicht länger vergebens wollte harren lassen, auf den andern Tag eine Privataudienz von Frau von Condé, die ihr, wie sich denken läßt, ohne Widerstand bewilligt wurde.
Zur bestimmten Stunde erschien Claire bei der Prinzessin, von der sie mit ihrem reizendsten Lächeln empfangen wurde.
»Nun, Kleine,« sagte sie, »was gibt es denn so Ernstes, daß du dir eine geheime Privataudienz von mir erbittest, während du weißt, daß ich meinen Freunden zu jeder Stunde des Tages zur Verfügung stehe?«
»Madame,« antwortete die Vicomtesse, »inmitten des Eurer Hoheit gebührenden Glückes bitte ich Euch, ganz besonders die Augen auf Eure getreue Dienerin zu werfen, die auch ein wenig Glück nötig hat.«
»Mit dem größten Vergnügen, meine gute Claire, nie wird das Glück, das Gott dir schickt, dem gleich kommen, das ich dir wünsche. Sprich also, welche Gnade wünscht du? Liegt sie in meiner Macht, so zähle im voraus darauf, daß sie bewilligt wird.«
»Witwe, frei, und zu frei, denn diese Freiheit ist mir drückender, als mir die Sklaverei wäre,« antwortete Claire, »wünschte ich meine Vereinzelung mit einer bessern Lage zu vertauschen.«
»Das heißt, du willst dich verheiraten, nicht wahr, Kleine?« fragte die Prinzessin lachend.
»Ich glaube, ja, Madame,« antwortete Claire errötend.
»Wohl, wir wollen dir schon einen Herzog oder dergleichen aussuchen; doch, nicht wahr, du wirst das Ende dieses Krieges abwarten?« – »Ich will so wenig wie möglich warten.«
»Du sprichst, als ob deine Wahl bereits getroffen wäre.« »Es ist in der Tat so, wie Eure Hoheit sagt.« »Und wer ist der glückliche Sterbliche? Sprich, fürchte dich nicht.«
»Oh! Madame, entschuldigt mich, ich weiß nicht warum, aber ich zittere am ganzen Leibe.«
Die Prinzessin lächelte, nahm Claire bei der Hand, zog sie an sich und sagte: »Gutes Kind!« Dann schaute sie die Vicomtesse mit einem Ausdruck an, der ihre Verlegenheit verdoppelte, und fragte: »Kenne ich ihn?« – »Ich glaube. Eure Hoheit hat ihn mehrere Male gesehen.«
»Es bedarf nicht der Frage, ob er jung ist?« – »Achtundzwanzig Jahre.«
»Ob er von Adel ist?« – »Er ist ein guter Edelmann.«
»Ob er tapfer ist?« – »Sein Ruf ist gegründet.«
»Ob er reich ist?« – »Ich bin es.«
»Gut. Wir wollen ihn zum Obersten machen, wenn er nur Kapitän, zum Brigadier, wenn er Oberst ist. Nun brauche ich nur noch eines zu wissen,« fügte die Prinzessin hinzu.
»Was, Madame?« – »Den Namen des Glücklichen, der bereits dein Herz besitzt und bald auch die Person der schönsten Streiterin meines Heeres besitzen wird.«
So gedrängt, faßte Claire ihren ganzen Mut zusammen, um den Namen des Barons von Canolles auszusprechen, als plötzlich der Galopp eines Pferdes im Hofe erscholl, worauf man ein verworrenes Geräusch hörte, wie es beim Eintreffen wichtiger Nachrichten einzutreten pflegt.
Die Prinzessin eilte an das Fenster. Ein Bote sprang, mit Schweiß und Staub bedeckt, vom Pferde und schien seiner Umgebung einzelne Umstände mitzuteilen, welche die Zuhörer immer mehr in Bestürzung versetzten. Die Prinzessin vermochte ihre Neugierde nicht mehr länger zu bewältigen, öffnete das Fenster und rief: »Laßt ihn heraufkommen!«
Der Bote – es war Ravailly selbst – schaute empor, erkannte die Prinzessin und stürzte nach der Treppe. Fünf Minuten nachher trat er, ganz mit Kot bedeckt, in das Zimmer und sprach mit
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