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Der Frauenkrieg

Der Frauenkrieg

Titel: Der Frauenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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zusammengeschnürter Stimme: »Verzeiht, Hoheit, daß ich in diesem Zustand vor Euch erscheine! Aber ich dringe eine furchtbare Nachricht: Vayres hat kapituliert.«
    Die Prinzessin machte einen Sprung rückwärts, Claire ließ entmutigt die Arme sinken; Lenet, der hinter dem Boten eingetreten war, erbleichte.
    Fünf bis sechs Personen waren, die der Prinzessin schuldige Achtung vergessend, in das Zimmer eingedrungen... sie blieben stumm vor Erstaunen.
    »Kapituliert!« rief die Prinzessin; »und der Entsatz, den Ihr brachtet?« – »Ist zu spät gekommen, Madame. Richon ergab sich in dem Augenblick, wo wir ankamen.«
    »Richon ergab sich,« rief die Prinzessin, »der Feige!«
    »Madame,« sagte Lenet mit strengem Tone und ohne Schonung für den Stolz der Frau von Condé, »vergeßt nicht, daß die Ehre der Menschen in dem Worte der Fürsten liegt, wie ihr Leben in der Hand Gottes. Nennt den Tapfersten Eurer Diener nicht feig; es werden Euch sonst morgen die Treusten verlassen, wenn sie sehen, wie Ihr ihresgleichen behandelt, und Ihr werdet allein, verflucht und verloren bleiben.«
    Die Prinzessin hätte am liebsten den mutigen Sprecher niedergeschmettert, aber der Ausdruck in den Gesichtern der andern hielt sie in Schranken. So nahm sie ihre Zuflucht zu dem gewöhnlichen Hilfsmittel der Schwäche; sie brach in die Klagen aus: »Ich unglückliche Fürstin, alles verläßt mich, Glück und Menschen! Ah, mein Kind, mein armes Kind, du bist verloren, wie dein Vater!«
    Inzwischen ließ sich Lenet alles mitteilen, was Ravailly über die Kapitulation von Vayres hatte in Erfahrung bringen können.
    »Ah! ich wußte es wohl, daß Richon kein Feiger war, Madame,« rief er.
    »Und wie wißt Ihr das?« – »Weil er zwei Tage und zwei Nächte ausgehalten hat; weil er sich unter den Trümmern seines von Kugeln durchlöcherten Forts begraben haben würde, hätte sich nicht, wie es scheint, eine Kompanie von Rekruten empört und ihn zur Kapitulation gezwungen.«
    »Mein Herr, er mußte eher sterben, als sich ergeben,« sagte die Prinzessin.
    »Ei, Madame, stirbt man, wenn man will?« entgegnete Lenet. »Aber es ist ihm doch wenigstens das Leben zugesichert?« fügte er, sich an Ravailly wendend, hinzu.
    »Ich fürchte, nein,« antwortete Ravailly. »Man sagte mir, ein Leutnant der Garnison habe unterhandelt, und so wird wohl Verrat dahinter stecken, und Richon ist bedingungslos ausgeliefert worden.«
    »Ja, ja,« rief Lenet, »verraten, ausgeliefert, so ist es; ich kenne Richon und weiß, daß er nicht nur keiner Feigheit, sondern nicht einmal einer Schwäche fähig ist. Oh! Madame,« fuhr Lenet, sich an die Prinzessin wendend, fort, »ein großes Unglück schwebt über dem Haupte des armen Richon. Oh! Madame, im Namen des Himmels, schreibt an Herrn de La Meilleraye; schickt einen Boten, einen Parlamentär ab.«
    »Und welchen Auftrag soll ich diesem Boten, diesem Parlamentär geben?« – »Den Auftrag, um jeden Preis den Tod eines tapferen Kapitäns zu verhindern; denn wenn Ihr Euch nicht beeilt... oh! ich kenne die Königin, Madame, vielleicht kommt Euer Bote schon zu spät.«
    »Zu spät!« entgegnete die Prinzessin. »Haben wir keine Geiseln? Haben wir nicht in Chantilly, in Montron und sogar hier gefangene Offiziere des Königs?«
    Claire stand erschrocken auf und rief: »Ah! Madame! Madame! tut, was Herr Lenet sagt; die Repressalien werden Herrn Richon nicht die Freiheit geben.«
    »Es handelt sich nicht um die Freiheit, es handelt sich um das Leben,« sagte Lenet mit düsterer Hartnäckigkeit.
    »Wohl,« sagte die Prinzessin, »was sie tun werden, wird man ebenfalls tun; das Gefängnis für das Gefängnis, das Schafott für das Schafott.«
    Claire stieß einen Schrei aus, fiel auf die Knie und rief: »Ach! Madame, Herr Richon ist einer meiner Freunde. Ich kam, um Euch um Gnade zu bitten, und Ihr habt mir sie zu bewilligen versprochen. Wohl, ich flehe Euch an, Euer ganzes Ansehen zu gebrauchen, um Herrn Richon zu retten.«
    Die Prinzessin ging an einen Tisch, nahm eine Feder und schrieb an Herrn de La Meilleraye, um sich von ihm die Auswechslung Richons gegen einen von den Offizieren, die sie gefangen hielt, nach der Wahl der Königin zu erbitten. Diesen Brief so schnell wie möglich zu überbringen, übernahm Ravailly, obwohl er vor Müdigkeit fast umzusinken glaubte.
     

Vierzehntes Kapitel
     
    Kaum war Ravailly auf einem frischen Pferde davon gejagt, als ein neuer Lärm aus der Ferne ertönte und sich immer näher

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