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Der Freigeist

Der Freigeist

Titel: Der Freigeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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eben diese seine Freundlichkeit ist nicht sowohl das Eigentum seines Gesichts, als die Folge seiner innern Ruhe. Die Schoenheit der Seele bringt auch in einen ungestalteten Koerper Reize; so wie ihre Haesslichkeit dem vortrefflichsten Baue und den schoensten Gliedern desselben, ich weiss nicht was eindrueckt, das einen unzuerklaerenden Verdruss erwecket. Wenn Adrast eben der fromme Mann waere, der Theophan ist; wenn seine Seele von ebenso goettlichen Strahlen der Wahrheit, die er sich mit Gewalt zu verkennen bestrebet, erleuchtet waere: so wuerde er ein Engel unter den Menschen sein; da er jetzt kaum ein Mensch unter den Menschen ist. Zuerne nicht, Henriette, dass ich so veraechtlich von ihm rede. Wenn er in gute Haende faellt, Zweiter Aufzug
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    Der Freigeist
    kann er noch alles das werden, was er jetzt nicht ist, weil er es nie hat sein wollen. Seine Begriffe von der Ehre, von der natuerlichen Billigkeit sind vortrefflich.—
    Henriette (spoettisch). Oh! du machst ihn auch gar zu sehr herunter.— Aber im Ernste, kann ich nicht sagen, dass du mich nunmehr fuer das kleine spielende Maedchen ansiehst? Ich mag ja nicht von dir seinetwegen zufriedengestellt sein. Er ist, wie er ist, und lange gut fuer mich. Du sprachst von guten Haenden, in die er fallen muesste, wenn noch was aus ihm werden sollte. Da er in meine nunmehr gefallen ist, wird er wohl nicht anders werden. Mich nach ihm zu richten, wird mein einziger Kunstgriff sein, uns das Leben ertraeglich zu machen. Nur die verdriesslichen Gesichter muss er ablegen; und da werde ich ihm die Gesichter deines Theophans zum Muster vorschlagen.
    Juliane . Schon wieder Theophan, und seine freundlichen Gesichter?
    Lisette . Stille! Mamsell—
    Zweiter Auftritt
    Theophan. Juliane. Henriette. Lisette.
    Henriette (springt dem Theophan entgegen). Kommen Sie doch, Theophan, kommen Sie!—Koennen Sie wohl glauben, dass ich Ihre Partei gegen meine Schwester habe halten muessen? Bewundern Sie meine Uneigennuetzigkeit. Ich habe Sie bis in den Himmel erhoben, da ich doch weiss, dass ich Sie nicht bekomme, sondern dass Sie fuer meine Schwester bestimmt sind, die Ihren Wert nicht kennet. Denken Sie nur, sie behauptet, dass Sie keine so schoene Person vorstellten, als Adrast. Ich weiss nicht, wie sie das behaupten kann. Ich sehe doch den Adrast mit den Augen einer Verliebten an, das ist, ich mache mir ihn noch zehnmal schoener, als er ist, und gleichwohl geben Sie ihm, meines Beduenkens, nichts nach. Sie spricht zwar, auf der Seite des Geistes haetten Sie mehr Vorzuege; aber was wissen wir Frauenzimmer denn vom Geiste?
    Juliane . Die Schwaetzerin! Sie kennen sie, Theophan: glauben Sie ihr nicht.
    Theophan . Ich ihr nicht glauben, schoenste Juliane? Warum wollen Sie mich nicht in der gluecklichen Ueberzeugung lassen, dass Sie so vorteilhaft von mir gesprochen haben?—Ich danke Ihnen, angenehmste Henriette, fuer Ihre Verteidigung; ich danke Ihnen umsovielmehr, je staerker ich selbst ueberfuehret bin, dass Sie eine schlechte Sache haben verteidigen muessen. Allein—
    Henriette . Oh! Theophan, von Ihnen verlange ich es nicht, dass Sie mir recht geben sollen. Es ist eine andere gewisse Person—
    Juliane . Lassen Sie dieser andern Person Gerechtigkeit widerfahren, Theophan. Sie werden, hoffe ich, meine Gesinnungen kennen—
    Theophan . Gehen Sie nicht mit mir, als mit einem Fremden um, liebste Juliane. Brauchen Sie keine Einlenkungen; ich wuerde bei jeder naehern Bestimmung verlieren.—Bei den Buechern, in einer engen staubigten Studierstube, vergisst man des Koerpers sehr leicht; und Sie wissen, der Koerper muss ebensowohl bearbeitet werden, als die Seele, wenn beide diejenigen Vollkommenheiten erhalten sollen, deren sie faehig sind. Adrast ist in der grossen Welt erzogen worden; er hat alles, was bei derselben beliebt macht—
    Henriette . Und wenn es auch Fehler sein sollten.—
    Theophan . Wenigstens habe ich diese Anmerkung nicht machen wollen.— Aber nur Geduld! ein grosser Verstand kann diesen Fehlern nicht immer ergeben sein. Adrast wird das Kleine derselben endlich einsehen, Zweiter Auftritt
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    welches sich nur allzusehr durch das Leere verraet, das sie in unsern Herzen zuruecklassen. Ich bin seiner Umkehr so gewiss, dass ich ihn schon im voraus darum liebe.—Wie gluecklich werden Sie mit ihm leben, glueckliche Henriette!
    Henriette . So edel spricht Adrast niemals von Ihnen, Theophan.—
    Juliane . Abermals eine recht garstige Anmerkung, meine liebe

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