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Der Freigeist

Der Freigeist

Titel: Der Freigeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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nicht mehr spielen.
    Adrast . Erlauben Sie, Mademoiselle; ich habe nur noch etwas Noetiges ausser dem Hause zu besorgen.
    Henriette . Was koennen Sie jetzt Noetigers zu tun haben, als um mich zu sein?
    Adrast . Sie scherzen.
    Henriette . Ich scherze?—Das war ein allerliebstes Kompliment!
    Adrast . Ich mache nie welche.
    Henriette . Was fuer ein muerrisches Gesicht!—Wissen Sie, dass wir uns ueber diese muerrischen Gesichter zanken werden, noch ehe uns die Trauung die Erlaubnis dazu erteilt?
    Adrast . Wissen Sie, dass ein solcher Einfall in Ihrem Munde nicht eben der artigste ist?
    Henriette . Vielleicht, weil Sie glauben, dass die leichtsinnigen Einfaelle nur in Ihrem Munde wohl lassen?
    Unterdessen haben Sie doch wohl kein Privilegium darueber?
    Adrast . Sie machen Ihre Dinge vortrefflich. Ein Frauenzimmer, das so fertig antworten kann, ist sehr viel Siebenter Auftritt
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    Der Freigeist
    wert.
    Henriette . Das ist wahr; denn wir schwachen Werkzeuge wissen sonst den Mund am allerwenigsten zu gebrauchen.
    Adrast . Wollte Gott!
    Henriette . Ihr treuherziges Wollte Gott! bringt mich zum Lachen, so sehr ich auch boese sein wollte. Ich bin schon wieder gut, Adrast.
    Adrast . Sie sehen noch einmal so reizend aus, wenn Sie boese sein wollen; denn es koemmt doch selten weiter damit, als bis zur Ernsthaftigkeit, und diese laesst Ihrem Gesichte um so viel schoener, je fremder sie in demselben ist. Eine bestaendige Munterkeit, ein immer anhaltendes Laecheln wird unschmackhaft.
    Henriette (ernsthaft). Oh! mein guter Herr, wenn das Ihr Fall ist, ich will es Ihnen schmackhaft genug machen.
    Adrast . Ich wollte wuenschen,—denn noch habe ich Ihnen nichts vorzuschreiben,—
    Henriette . Dieses Noch ist mein Glueck. Aber was wollten Sie denn wuenschen?
    Adrast . Dass Sie sich ein klein wenig mehr nach dem Exempel Ihrer aeltesten Mademoisell Schwester richten moechten. Ich verlange nicht, dass Sie ihre ganze sittsame Art an sich nehmen sollen; wer weiss, ob sie Ihnen so anstehen wuerde?—
    Henriette . St! die Pfeife verraet das Holz, woraus sie geschnitten ist. Lassen Sie doch hoeren, ob meine dazu stimmt?
    Adrast . Ich hoere.
    Henriette . Es ist recht gut, dass Sie auf das Kapitel von Exempeln gekommen sind. Ich habe Ihnen auch einen kleinen Vers daraus vorzupredigen.
    Adrast . Was fuer eine Art sich auszudruecken!
    Henriette . Hum! Sie denken, weil Sie nichts vom Predigen halten. Sie werden finden, dass ich eine Liebhaberin davon bin. Aber hoeren Sie nur:—(In seinem vorigen Tone.) Ich wollte wuenschen,—denn noch habe ich Ihnen nichts vorzuschreiben,—
    Adrast . Und werden es auch niemals haben.
    Henriette . Ja so!—Streichen Sie also das weg.—Ich wollte wuenschen, dass Sie sich ein klein wenig mehr nach dem Exempel des Herrn Theophans bilden moechten. Ich verlange nicht, dass Sie seine ganze gefaellige Art an sich nehmen sollen, weil ich nichts Unmoegliches verlangen mag; aber so etwas davon wuerde Sie um ein gut Teil ertraeglicher machen. Dieser Theophan, der nach weit strengern Grundsaetzen lebt, als die Grundsaetze eines gewissen Freigeistes sind, ist allezeit aufgeraeumt und gespraechig. Seine Tugend, und noch sonst etwas, worueber Sie aber lachen werden, seine Froemmigkeit—Lachen Sie nicht?
    Adrast . Lassen Sie sich nicht stoeren. Reden Sie nur weiter. Ich will unterdessen meinen Gang verrichten, und gleich wieder hier sein. (Geht ab.)
    Siebenter Auftritt
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    Der Freigeist
    Henriette . Sie duerfen nicht eilen. Sie kommen, wann Sie kommen: Sie werden mich nie wieder so treffen.—Welche Grobheit! Soll ich mich wohl darueber erzuernen?—Ich will mich besinnen. (Geht auf der andern Seite ab.)
    (Ende des dritten Aufzuges.)
    Vierter Aufzug
    Erster Auftritt
    Juliane. Henriette. Lisette.
    Henriette . Sage was du willst; sein Betragen ist nicht zu entschuldigen.
    Juliane . Davon wuerde sich alsdann erst urteilen lassen, wann ich auch seine Gruende gehoert haette. Aber, meine liebe Henriette, willst du mir wohl eine kleine schwesterliche Ermahnung nicht uebelnehmen?
    Henriette . Das kann ich dir nicht voraus sagen. Wenn sie dahin abzielen sollte, wohin ich mir einbilde—
    Juliane . Ja, wenn du mit deinen Einbildungen dazu koemmst—
    Henriette . Oh! ich bin mit meinen Einbildungen recht wohl zufrieden. Ich kann ihnen nicht nachsagen, dass sie mich jemals sehr irregefuehrt haetten.
    Juliane . Was meinst du damit?
    Henriette . Muss man denn immer etwas meinen? Du weisst ja wohl, Henriette schwatzt gerne in den Tag

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