Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Fremde aus dem Meer

Titel: Der Fremde aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy J. Fetzer
Vom Netzwerk:
mit ihrer Karriere in Verbindung gebracht wurde? (Mein Gott, noch immer gab es ihm einen Stich, wenn er sich an ihren Abscheu erinnerte!) Warum sonst sollte sie ihn damit demütigen, dass sie ihn aufforderte zu gehen? Das tat wirklich weh, musste sich Ram eingestehen und rieb sich seine Brust, als könne dies den Schmerz lindern.
    Nie zuvor hatte Ramsey etwas Derartiges erlebt. Es war ganz anders als der Verlust seiner Familie oder eines Schiffskameraden. Und ein schreckliches, unheimliches Gefühl überkam ihn jedes Mal, wenn er daran dachte, wie schnell sich alles gewandelt hatte, wie viel er verlieren konnte. Die einfühlsame Frau, die er in der Nacht in seinen Armen gehalten hatte, war hinter einer Mauer aus Gleichgültigkeit verschwunden. Das war verständlich. Zu entdecken, dass der Geliebte ein Mann war, der zwischen den Zeiten herumvagabundierte, musste einfach ein Schock sein. Aber hätte sie ihn nicht schlicht und einfach fragen können? Er nahm noch einen Schluck. Er wollte zu ihr gehen, sie bitten, das Maskenspiel zu beenden, aber sein Stolz gebot ihm, Distanz zu wah-
    Und seine Abschiedsworte waren harte Schläge gewesen, die er noch abmildem musste. Denn trotz seiner langjährigen Erfahrung mit Frauen wusste er einfach nicht, wo er anfangen sollte.
    Denn sein Herz gehörte ihm nicht mehr.
    Mein Geliebter ist ein Wanderer zwischen den Zeiten aus dem achtzehnten Jahrhundert, dachte Penny, umklammerte ein Kissen und starrte auf die offene Seemannskiste.
    Mein Geliebter. Aber Ramsey hatte Tess geliebt, und zwar so sehr, dass er durch die Zeit gereist war, damit sie mit dem Mann, den sie anbetete, zusammen sein konnte. Wie ritterlich! Hatte ihn der Verlust von Tess so aus der Bahn geworfen, dass er es nicht mehr ertragen konnte, sie in seiner Nähe zu haben? War er deshalb ins Meer gesprungen? Hatte ihn ihre Zurückweisung so tief verletzt?
    Verzweiflung überkam sie, und sie ließ sich aufs Bett zurückfallen, den Blick unverwandt an die Decke geheftet. Meine Güte, wie enttäuschend musste es für ihn gewesen sein, sie zu finden, anstatt mit Tess leben zu können. Penny unterdrückte das Gefühl, benutzt worden und nur zweite Wahl nach ihrer Freundin zu sein. Doch Tess’ Tagebücher hatten ihr mehr enthüllt, als sie wissen wollte.
    Ramsey war ein Playboy der schlimmsten Sorte gewesen. Schwerenöter nannte man seinesgleichen in seinem Jahrhundert. Immer auf Abenteuer aus, einen ordentlichen Kampf suchend, auf der Jagd nach einem kleinen Vergnügen, um der Langeweile zu entgehen.
    Sinnenfreudiger Charmeur und chauvinistischer Ehrenmann.
    Du meine Güte, er musste sich köstlich amüsiert haben. Aber es war das Gepräge seines Jahrhunderts, das sie anzog, seine natürliche Ritterlichkeit, sein unbeschreiblicher Sinn dafür, sich liebevoll um sie zu kümmern, obwohl er sie nicht einmal richtig kannte. Seine Playboyvergangenheit war ihr gleichgültig - Kritik stand ihr in diesem Punkt nicht zu. Doch was sie ihm verübelte, war die Tatsache, dass er mehrere Gelegenheiten gehabt hatte, ihr zu sagen, woher er gekommen war und aus welchem Grund, und dass er dies nicht getan hatte.
    Stimmte das? Hättest du ihm denn überhaupt geglaubt?
    Sie blinzelte.
    Würde es etwas ausmachen, wenn ich vom Himmel in deine Welt gefallen wäre? Das hatte er nachts in der Küche gesagt. Und hatte er ihr nicht versprochen, es ihr heute Abend zu erzählen? Penny fühlte sich alles in allem töricht und zerknirscht und brachte nicht den Mut auf, zu ihm zu gehen. Doch als sie seine tiefe Stimme hörte, die ein düsteres Seemannslied schmetterte, flog sie zur Tür und stieß sie auf. Er kam die Treppe hochgestampft.
    Als er sie sah, erstarb das Lied auf seinen Lippen. Sie öffnete den Mund, doch er verschloss ihn mit seiner Hand. »Halt. Sprich nicht zu mir, Weib, denn mir steht heute Nacht nicht der Sinn nach deinen verletzenden Worten.«
    »Dir stand aber sicher der Sinn nach etwas anderem. Du hast getrunken.«
    Er blinzelte sie an, schwankend wie eine riesige Eiche. »Diesen Zustand habe ich angestrebt, ja.« Sein Blick glitt an ihr hinab. Das dünne kragenlose Hemd verhüllte kaum ihre Gestalt. Er machte »Ts, Ts, Ts« und schüttelte den Kopf. »Halb bekleidet, ein bedenklicher Zustand! Da ist Vorsicht geboten. Mit großen Augen blickte er sich in der Eingangshalle um. »Da könnte doch jemand aus deinem Publikum sein.«
    Penny kochte vor Wut. jeder Gedanke an Versöhnung löste sich auf.
    »Ich wünsche einen schönen Abend.«

Weitere Kostenlose Bücher