Der Fremde aus dem Meer
kaum.«
»Oh, was für eine sauertöpfische Mieze Ihr seid, Mamsell.« Ramsey sah sie an. Dann wandte er den Blick abrupt zum Fenster. »Ach, du lieber Gott!« Er setzte sich aufrecht, während der Plastikbecher in seiner Hand zersprang. Sie fuhren über den Wolken dahin!
»Schön, nicht wahr?«, sagte sie dicht an seinem Ohr.
»O ja.« Montgolfier würde dies niemals glauben, dachte er und versuchte, ruhiger zu atmen, als er sich zurücklehnte.
»Kann ich Sie für einen Moment allein lassen?«
»Ich glaube, das lässt sich einrichten«, erwiderte er leicht verstimmt. Dass sie ihn wie ein Baby behandelte, war eine Beleidigung für ihn. Schmunzelnd erhob sie sich und trat auf die andere
Seite des fliegenden Schiffes. Ramsey betrachtete sie in aller Ruhe und fragte sich, ob diese vollen Lippen immer so zusammengekniffen waren. Er sah, wie sie eine längliche Schachtel hochhob, ähnlich der in der silbernen Kutsche. Ein Telefon, erinnerte er sich, und kam zu dem Schluss, dass sie eine Art Antwort erhielt, nachdem sie alle diese Tasten gedrückt hatte. Sein Blick hing an ihren wunderschönen Lippen, die zum Küssen einluden. Allerdings hatte er nie eine Frau getroffen, die mehr Grund zum Lachen gehabt hätte und sich dennoch keine Sekunde lang den kleinsten Spaß gönnte.
Verdammt, hätte doch die Frau nicht so einen elegant-raffinierten Schutzwall um sich gebaut! Nett anzusehen, aber gefährlich. Jeder, der auch nur einen Funken Verstand hatte, konnte das spüren. Es war kein Wunder, dass sie weder eine Anstandsdame noch einen Beschützer brauchte; in diesen katzengrünen Augen lagen viel mehr Kraft und Schärfe, um die Leute auf Abstand zu halten, als in Klingen aus bestem Toledo-Stahl.
In seiner Vergangenheit hatte Ram viele Frauen kennen gelernt, aber um solche unnahbaren weiblichen Wesen einen weiten Bogen gemacht. Nur für ein paar Augenblicke zwischen üppigen Schenkeln wollte er sich nicht mit ihren dunklen Geheimnissen herumschlagen. Hast du nicht deshalb diesen Sprung gewagt, alter Mann? Für eine Frau, die noch ohne Gesicht war und die eigene Leere ausfüllen sollte, die du aus deiner Welt mit herübergebracht hast? Ram beobachtete Penelope Hamilton, ihre steife Haltung, die vollendete Schönheit ihres Gesichts und ihrer Gestalt. Aber ein schönes Gesicht und eine schöne Gestalt zu finden war auch in seinem Jahrhundert nicht schwierig gewesen. Er wollte eine Frau voller Willenskraft, Entschlossenheit und Unabhängigkeit, die er an Tess bemerkt hatte.
Vielleicht war es nur die Zuversicht, die sie ausstrahlte, und die Macht, die sie auf Menschen und Maschinen ausübte, was ihn zu Penelope Hamilton hinzog. Es war absolut nicht ihre niedliche
Verpackung, die ihn fesselte, außer in dem Moment, als er ihr im Dunklen die Hand über den Mund gelegt hatte. Sie war das gefühlloseste Weib, das ihm jemals begegnet war. Mein Gott, sie hatte diesen Blick gehabt, der sagte: »Ich bin nicht zu erobern, also versuche es erst gar nicht.« Er hatte keine Lust gehabt, überhaupt noch ein Wort mit ihr zu wechseln. Seine raffinierten Verführungsversuche waren kläglich gescheitert, und er fragte sich, was man anstellen musste, das kalte Herz von Mamsell Penelope Hamilton zu gewinnen.
Penny trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte und begegnete unerwartet seinem Blick. Ramsey O’Keefe musterte sie eingehend, und obwohl sie sicherlich daran gewöhnt war, so genau betrachtet zu werden, legte sie doch keinen Wert auf die unvertrauten Gefühle, die er damit in ihr hervorrief. Sie wollte wegsehen, wusste, dass sie es tun sollte. Sie wollte ja nicht, dass er auf falsche Gedanken kam! Aber sie konnte es einfach nicht. Seine schokoladenbraunen Augen schienen sie zu umhüllen und zu verschlingen, als sie ihre Kreditkartennummer ins Telefon murmelte, unfähig den Blickkontakt abzubrechen.
»Hallo? Hallo? Hier spricht Wainwright. Wer ist dort?«
Sofort wandte sich Pennys Aufmerksamkeit dem Anruf zu. »Tony? Hi. Ich bin’s.«
Sie drehte sich von O’Keefe weg.
»Wo zum Teufel bist du, meine Liebe?«
»In der Luft. Ungefähr dreitausend Fuß hoch.«
»Ausgezeichnet. Hank fährt gerade aus der Ausfahrt, glaube ich. Ein bisschen sehr schnell.« Penny hörte, wie Hank ihre voraussichtliche Ankunftszeit nannte. »Wenn du zu dem Zeitpunkt ankommst, bist du gefeuert«, knurrte Anthony.
»Du kannst ihn nicht feuern, Anthony. Er ist mein Fahrer.«
»Du solltest es aber tun, meine Liebe. Dieser Dinosaurier liegt in jeder
Weitere Kostenlose Bücher