Der Fremde aus dem Meer
aus für einen Mann, der noch einen Augenblick zuvor so vollkommen aus der Bahn geworfen war.
»Tut mir außerordentlich Leid.« Seine Wangen färbten sich rosa. »So reagiere ich normalerweise nicht, wissen Sie.«
»Nein, weiß ich nicht.«
»Naja, also, äh ... das nehme ich an.« Der gefaxte Bericht traf zu. Lloyds durchforschte routinemäßig medizinische, Steuer- und Polizeiberichte auf Anspruchsberechtigte hin. Als das Britische Konsulat auf den Bahamas gestern mit ihm in Verbindung getreten war und ihm diesen Namen angeboten hatte, war Sebastian Bailey bereit gewesen, auf die Bahamas zu fliegen und am heutigen Morgen die Existenz eines Ramsey M. G. O’Keefe zu verifizieren. Doch unmittelbar vor seiner Abreise erhielt er die Nachricht, dass der mutmaßliche Begünstigte verschwunden sei. Im Stillen gestand er sich ein, dass er ziemlich niedergeschmettert darüber war, dass er dem Mann so nahe gekommen war und ihn doch wieder verloren hatte. Aber ihn hier zu finden, zusammen mit Miss Hamilton, war eine Gelegenheit, die er mit Sicherheit nie wieder haben würde.
»Was sind das für geschäftliche Transaktionen, die Sie mit Ramsey abzuwickeln haben?«, sagte Anthony mit unverhohlener Neugier in die Stille hinein.
»Darüber zu sprechen liegt nicht in meiner Befugnis, solange
ich keinen unwiderleglichen Beweis habe.« Bailey sah Ramsey mit einem Ausdruck auf dem Gesicht an, der beinahe an Ehrfurcht grenzte. Doch der damit Bedachte betrachtete ihn bloß verärgert. Penny fragte sich, warum er die Briten mit solcher Entschiedenheit ablehnte.
»Beweis für was?« Die Arme in die Hüften gestützt, betrachtete Ramsey Bailey abschätzig von Kopf bis Fuß.
Aber Bailey ließ das kalt. Er hatte einen Auftrag zu erledigen. »Dass Sie tatsächlich der Ramsey O’Keefe sind, den meine Gesellschaft sucht.«
Ram bezweifelte stark, dass er der Gesuchte war, und beachtete den kleinen Mann nicht weiter. Ein Auto kam den Weg heraufgeschossen kam und hielt mit quietschenden Reifen an. Sie beobachteten, wie eine hoch gewachsene, schlanke Frau, anmutig wie eine Tänzerin, aus dem dunklen BMW stieg.
»Miss Clarissa Two Leaf«, kündigte Anthony an, wobei sich sein bärtiges Gesicht zu einem Lächeln verzog. »Ich fürchte, Ihre Angelegenheit muss noch etwas warten«, sagte er zu Bailey. »Sie hat einen Termin.«
»Sicherlich.« Bailey wusste, was professionelle Höflichkeit war. Immerhin hatte man ihn ja nicht erwartet. »Könnte ich einmal Ihr Telefon benutzen?«, sagte er zu Penelope und warf Ramsey einen kurzen Blick zu. »Wenn Mister O’Keefe unser Kunde ist, so muss ich noch einige Dokumente per Kurier aus meinem Hotel kommen lassen.«
Penny nickte, obwohl sie das Ganze für eine große Zeitverschwendung hielt.
Die Frau war deutlich erkennbar indianischer Abstammung, trug eine Brille mit Schildpattrahmen, die ihr andauernd die Nase herunterrutschte. Als sie den Absatz der Veranda erreicht hatte, ging ihr Blick sofort zu der ihr bekannten Person. »Mister Wainwright.« Herzlich nickte sie ihm zu und schob ihre Brille zurück. Dann steckte sie eine widerspenstige Locke mit derselben geschmeidigen Bewegung zurück, mit der sie nach drinnen
ging.
Sie ist schön, dachte Penny, als sie alle einander vorstellte. Dann hätte sie sich selbst am liebsten dafür getreten, weil sie Ramsey einen eifersüchtigen Blick zugeworfen hatte. Wenn sie erwartet hatte, dass sein Blick auf Miss Two Leaf ruhte, so irrte sie sich gewaltig. Mein Gott, dachte sie besorgt. Was habe ich getan, dass ich diesen Blick verdiene?
Er hatte die Veränderung, die in ihr vorging, schon in dem Augenblick bemerkt, als Bailey auf der Schwelle erschienen war. Beim Eintreffen des zweiten Besuchs hatte sie sich noch verstärkt. Penny war zurückhaltend und beunruhigt, wenn Leute in ihr Heim eindrangen. Ihre Haltung war starr, ihr Blick gesenkt. Seine Miene zeigte, dass ihm ihr Verhalten missfiel, aber als sie ihn ansah und sich bemühte, seinen harten Gesichtsausdruck zu verstehen, konnte Ramsey nicht anders: Er musste sie beruhigend anlächeln und an ihre Seite treten. Und obwohl sie ihn vor Fremden nicht anfasste, spürte Ram, wie sich ihr Körper entspannte. Und das freute ihn.
»Ruf doch Meggie herbei«, flüsterte er ihr ins Ohr. Sie tippte auf die Gegensprechanlage, rief die Haushälterin und bot den Gästen Kaffee und Frühstück an. Margarets quietschende Schuhe kamen in gleichmäßigem Rhythmus über den gefliesten Boden, und sie führte Bailey
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