Der Fremde aus dem Meer
dass Sie akzeptieren würden, und meine Gesellschaft hat mich berechtigt, Ihnen einen Verrechnungsscheck über diesen Betrag auszuhändigen. Abzüglich der Kommissionsprozente natürlich.« Langsam nahm Ramsey den Wechsel entgegen und unterschrieb wie benommen die Quittung. Der Schock dieses Mannes war einer ihrer Berufshöhepunkte, die sie nicht so häufig erlebte. Es war wie das Aufspüren eines unbekannten Erben. »Es ist wirklich ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen, meine Herren.«
Nachdem sie das Geschäft abgewickelt hatte, schob Miss Two Leaf die Münze in einen Samtbeutel, nahm die Dokumente wieder an sich und verstaute alles in ihrem Aktenkoffer. Sie ließ die Schlösser zuschnappen, reichte ihnen die Hand und ging schnell zur Tür. Dort blieb sie, mit der Hand auf der Klinke, stehen. »Wenn Sie noch weitere seltene Münzen haben sollten, Mister
O’Keefe...«, Ramsey riss seinen staunenden Blick von dem Scheck los, »... kann ich diese auch begutachten, und wenn Sie sich dazu entschließen sollten, sie auch zu verkaufen, nun ja, Sie wissen ja, wo Sie mich finden.«
Da lag eine Botschaft in dem letzten Satz, dachte Anthony, als er sie zur Haustür begleitete. Als er zurückkam, sah er Ramsey noch immer auf den Scheck starren. »Erstaunlich, nicht wahr?«
»Ja, gewiss.« Ramsey sah auf. »Vor einer Stunde war ich noch ein verdammt armer Schlucker und jetzt...« Er wedelte mit dem Scheck. Anthony lächelte und freute sich darüber, dass er Ramseys Ängste beschwichtigt hatte. Dann ging er an dem Tisch vorbei zu einer Kredenz, ohne zu bemerken, dass Ramsey den Waliser genau beobachtete, als er goldene Flüssigkeit in zwei kleine Gläser goss.
Anthony ging mit den kristallenen Gläsern in einer Hand auf ihn zu, blieb jedoch stehen, als er den nachdenklichen Ausdruck auf Ramseys Gesicht bemerkte.
»Warum habt Ihr das für mich getan, Wainwright? Ihr schuldet mir nichts.«
»Weil, Ramsey...« Anthony bot ihm ein Glas an. »Ob es Ihnen nun gefällt oder nicht, wir sind Freunde.«
Um Ramseys Augen bildeten sich Lachfältchen. »Die Finnen haben keinen Ausdruck für >Du wirst mir vertrauern. Sie sagen stattdessen >Du vertraust mir<. Seid Ihr Euch sicher, ob Ihr nicht vielleicht Finne seid?«
»Um Himmels willen, nein, das hoffe ich nicht. Sie haben schon genug Schwierigkeiten damit, nicht zu vergessen, dass ich Waliser bin.«
Ramsey streckte seine Hand aus, und Anthony schüttelte sie kräftig. »Vielen Dank, Anthony. Noch heute Morgen habe ich mich gefragt, welchen unehrenhaften Beruf ich ausüben müsste, um diese Rechnung zu bezahlen.« Er wedelte mit der Schneiderrechnung.
»Kleingeld.« Anthony tat einen tiefen Atemzug. »Machen Sie sich jedoch auf einiges gefasst. Mit Lloyds of London zu verhandeln, wird nicht leicht sein.«
Ramsey machte eine knappe Verbeugung. »Ich nehme die Herausforderung an, Waliser«, und beide kippten gleichzeitig den Whisky hinunter.
Es muss eine ganz ordentliche Herausforderung werden, dachte Anthony. Lloyds of London war legendär. Die Firma hatte damit begonnen, Schiffe und Ladungen zu versichern und war jetzt die angesehenste Versicherungsgesellschaft weltweit. Sie wurde in Anspruch genommen, wenn es darum ging, den Wert und die Echtheit von Dokumenten, Gemälden, Kunsterzeugnissen, sogar von Menschen und Körperteilen zu begutachten, sei es für Versicherungen, Erbschaftsangelegenheiten oder Museen. Sie waren stolz darauf, die angesehenste und ehrlichste Firma ihrer Art seit über zweihundert Jahren zu sein. Und Anthony konnte sich eigentlich nicht denken, dass sie sich mit der Zustellung an Penny geirrt hatten. Verdammt, bei dieser Sache könnte sie sehr verletzt werden. Das wusste er. Die besten Detektive dieses Landes hatten nicht herausfinden können, wer Penelope Hamilton wirklich war, und er machte ihr auch keine Vorwürfe wegen ihrer Zweifel an einer hundertfünfzig Jahre zurückliegenden Erbschaft, die sie nicht als für sich bestimmt ansah. Aber was Ramsey betraf, so war er bisher nur ein Name für sie, und als Anthony den Knopf der Sprechanlage drückte, konnte er es kaum erwarten, Zeuge der Überprüfung zu werden, die Lloyds für ihre Akten benötigten.
Ohne anzuklopfen, öffnete Penny die Tür zum Arbeitszimmer, wobei ihr Sebastian Bailey gehorsam auf dem Fuß folgte. Sie blieb überrascht stehen, als sie Ramsey sali. Mein Gott, der Mann strahlte über das ganze Gesicht. Mit der rechten Schulter lehnte er am Kaminsims, die Arme vor der Brust
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