Der Fremde aus dem Meer
konnte sich nicht ausweisen, keine Papiere vorlegen, und nach Tonys Datensuche existierte Ramsey O’Keefe überhaupt nicht, hatte es ihn nie gegeben. Aber er war hier, eifrig darauf bedacht, geschäftlich voranzukommen und ihr Leben auf den Kopf zu stellen. Sie sollte ihre Neugier einfach vergessen. Aber seine Sprache, sein ritterliches Benehmen, die Art, wie er in ihrem Leben aufgetaucht war, führten ihre Gedanken wieder auf die Frage zurück, wer er wirklich war.
Ich habe in deinen Armen gelegen, aber immer noch bist du ein Fremder für mich.
Wenn er nicht beweisen konnte, wer er war, wie konnte dann Lloyds of London die offenbar strengen Vorgaben erfüllen? Und stammte sein Geschenk auch von einem geheimnisvollen Blackwell, obwohl niemand etwas Derartiges gesagt hatte? Dann wandte sie sich um.
Als sie nach der Türklinke griff, glitt ihr das brüchige Pergament aus den Fingern, und sie bückte sich, um es aufzuheben. Ihr Blick blieb wieder an der klaren, regelmäßigen Handschrift hängen. Tess’ Handschrift. Kälte kroch ihr den Rücken hoch, obwohl sie diese verrückte Idee verwarf. Sie blickte in das selten benutzte Arbeitszimmer, quer durch den Raum, bis sie Ramseys Augen begegnete.
Wird Tess jemals tot sein, solange du in meiner Nähe bist?
Ramsey sah sie an, während sie leise die Tür schloss. Er starrte jedoch weiter auf die geschlossene Tür, während Bailey um den Schreibtisch herumkam, seine Hand ergriff und sie kräftig schüttelte.
»Ich kann Ihnen nicht sagen, wie erfreut ich bin, Sie endlich kennen zu lernen«, sagte er überschwänglich. Schließlich gelang es ihm, sich zu beruhigen. »Bitte!« Er deutete auf den Sessel, ging dann hinter den Schreibtisch und ließ sich ebenfalls nieder.
Während Ram Platz nahm, wobei er die Beine übereinander schlug, versuchte er immer noch, den Ausdruck in Penelopes Augen zu deuten. »Was habt Ihr für mich, Mann?«
Bailey brach den ersten versiegelten Umschlag auf und holte das Dokument heraus. Er las es durch, und die Stille machte Ramsey nervös.
»Ziehen Sie bitte Ihr Hemd aus«, sagte Bailey, ohne aufzublicken.
»Das kann doch nicht Euer Emst sein?«
Sebastian spähte über den Rand seiner Brille. »Verzeihen Sie mir, Sir, aber ich habe Anweisungen, Sie mit einer vorliegenden Beschreibung zu vergleichen.«
Ärgerlich riss Ramsey die Hemdknöpfe auf, erhob sich und streifte das Hemd über den Oberkörper.
Schon die Größe des Mannes verschlug Bailey die Sprache. Ruhig registrierte er dann Haar- und Augenfarbe, zwei dünne Narben auf dem Arm, eine glatte kreisförmige Narbe auf der Schulter, genauso wie es seine detaillierte Liste angab. »Drehen Sie sich bitte um.«
Zähneknirschend tat Ram, wie ihm geheißen. Er fand es verdammt entwürdigend, und er wusste, was der Mann suchte. Doch er blieb kühl, verfluchte Dane im Stillen bis in die Tiefen der Hölle, denn seine Kameraden, Penelope ausgenommen, waren die Einzigen, die diese alten Narben kannten.
Bis zu diesem Moment hatte Sebastian niemals damit gerechnet, solche entsetzlichen Male bei diesem Mann zu finden. Sein Blick wanderte über die kreuz und quer verlaufenden Schnitte am Ende der Wirbelsäule bis hinauf zu Ramseys rechter Schulter. Sebastian erhob sich kurz und warf einen Blick auf das sternenförmig gezackte Muster der Narben.
»Vielen Dank, Mister O’Keefe, Sie können sich wieder anziehen.«
Mit zusammengekniffenen Augen stopfte Ram eilig das Hemd in die Hose und ließ sich dann in den Sessel fallen.
Sebastian bemerkte den aufgestauten Ärger und fühlte sich zu einer Entschuldigung verpflichtet. »Bitte, verzeihen Sie mir diesen abenteuerlichen Überfall, aber die Stifter bestehen darauf.«, Er brach das Wachssiegel auf, »Da dieser Umschlag der zweite von dreien ist, bin ich verpflichtet, Sie darüber zu informieren, dass, sollten Sie eine der Fragen falsch beantworten, ich aufhören und nichts weiter sagen werde.«
Ramsey nickte, und vor Spannung wurden seine Handflächen feucht. Er war sicher, dass Tess es genossen hatte, all das hier vorzubereiten. Hatte. Ein scharfer Schmerz schoss durch seine Brust, und er starrte benommen auf die Papiere, die verstreut auf dem Tisch lagen. Das würde alles sein, was ihm von seinen Freunden und seiner Vergangenheit blieb, abgesehen von den Münzen und dem Besitz, den er mit über die Zeitgrenze mitgenommen hatte.
Ahnungslos entfaltete Bailey das Pergament. Diese Fragen kann Ramsey unmöglich kennen, dachte er, und las wieder laut
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