Der Fremde aus dem Meer
Schlüssel an einem Lederband zurück und schob ihn in das Schloss. Er atmete tief ein, bevor er den Schlüssel drehte. Als er es aufgeschlossen hatte, lehnte er sich bequem zurück und lächelte, in Erinnerungen versunken.
In dem ausgekehlten Brett des Kastens befanden sich sein Sextant und ein aus Gold und Silber bestehendes Astrolabium, Geschenke seines Vaters, die ihm zur Bestimmung seines Kurses in die Heimat dienen sollten, wie der alte Herr gemeint hatte. Und obwohl er es nie erwähnt hatte, wusste Ram, dass sein Vater sein bestes Pferd verkauft hatte, um diese teuren Instrumente zu erstehen. Seine Hand tauchte in den Kasten und erschien wieder mit einem Scherenschnitt, der seine Mutter darstellte.
Sanft strich er mit dem Daumen über das kunstvoll geschnittene schwarze Papier, und liebe Erinnerungen an ihre leise Stimme, den Geruch von Lilien und an ihre Liebe zur Musik stiegen auf. Es schnürte ihm die Kehle ab. Sein Blick fiel auf eine kleines, schmuckloses Medaillon, das in einer Ecke des mit Samt ausgekleideten Kästchens steckte. Er berührte es nicht, konnte es nicht berühren. Denn er wusste, dass sich in der goldenen Kapsel eine Strähne weichen braunen Haars befand, die noch frisch war und den Duft der Unschuld trug. Ein Kloß bildete sich in seiner Kehle, und Scham und Empörung kamen hoch. Er unterdrückte diese Gefühle und kippte den Inhalt der Kiste auf das Deckbett, wo er die Gegenstände sortierte. Er nahm seinen Siegelring auf und betrachtete kurz das eingefasste Gold, bevor er ihn über den Mittelfinger schob. Ein Funkeln nahm seine Aufmerksamkeit gefangen, und er griff nach dem Ende einer Goldkette, die er hoch in die Luft hielt. Er runzelte die Stirn, während der tief rosafarbene birnenförmige Diamant in dem verdämmernden Zwielicht hin und her schwang, wobei das Feuer des Edelsteins in sanften Regenbogenmustern an der Wand aufleuchtete. Seine Gesichtsmuskeln spannten sich. Ihm wurde klar, dass das einer der gestohlenen Diamanten war. Doch warum hätte Dane ein so wertvolles Stück dazulegen sollen?
Da lagen noch einige Dinge auf dem Bett verstreut, Stücke aus seiner Vergangenheit, die er sehr schätzte, und obwohl er sie noch vor einem Monat gesehen hatte, hatte er das Gefühl, es seien schon Jahre her. Er starrte auf seine Besitztümer: Sein Klappmesser, in dessen abgewetzten Griff das Datum seiner ersten Reise eingekerbt war, sein Handzirkel, Winkelmesser, sein Zirkel mit Stellbogen, eine perlenbesetzte Krawattennadel, die einst seinem Großvater gehört hatte - es war der einzige Gegenstand gewesen, den sein Vater nicht verkauft hatte, als sie einmal ganz mittellos gewesen waren - und ein gepresster Zweig von einem Pflaumenbaum, der in Ölpapier gewickelt war. Seine jüngere Schwester hatte ihn für ihn gepflückt - am Tag, bevor sie von einer britischen Kugel getötet worden war.
Sorgfältig legte Ramsey seine Besitztümer wieder in die Kiste zurück und ließ sie offen. Dann nahm er das daneben liegende Päckchen, löste die Lederriemen und entfaltete das weiche Leder. Ein zerknittertes und an ihn adressiertes Papier lag obenauf. Sofort erkannte er in den dunklen Schriftzeichen die Handschrift Danes. Hastig brach er das Siegel auf, entfaltete das Pergament und begann zu lesen.
Mein lieber Freund,
Tess und ich beten, dass dies hier dich wohlauf und bei kräftiger Gesundheit erreichen möge. Zunächst muss ich das schreiben, was ich dir nicht mehr sagen konnte. Danke, mein Freund, dass du es mir ermöglicht hast, sie hier zu behalten. Deine Selbstaufopferung ist deine größte Liebesgabe. Wir werden deiner immer gedenken, das schwöre ich dir. Da wir keinen Hinweis darauf hatten, in welchem Jahrhundert du ankommen wirst (mein Gott, ich kann es kaum glauben, dass ich einen solchen Gedanken hier niederschreibe), konnten wir für dich nur hoffen, dass es die Zukunft sei. Darum beneide ich dich, Ram, denn meine Frau spricht von diesen Wundern nur, wenn ich sie dazu dränge. Sie wünscht, in meinem Zeitalter zu leben, und ich bewundere sie dafür. Ich muss dir gestehen, dass sie mit ihren kühnen Reden und der ihr eigenen Lebendigkeit die Gesellschaft von Coral Key schon in helle Aufregung versetzt hat. Ich glaube wirklich, dass es ihr Lächeln war, das Vater aus den Fängen der Verzweiflung über Desirees Tod befreite. Unter dem Vorwand, selbst Reitstunden nehmen zu wollen, brachte sie ihn wieder dazu zu reiten. Oh, wie ich diesen kleinen Schlaukopf liebe!
Übrigens hat sie
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