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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Führerschein geschoben. Inga hatte ihn nie entdeckt. Aber Inga hatte auch noch nie in seinen Sachen geschnüffelt. Das gehörte zweifellos zu ihren guten Eigenschaften. Nicht herumzuwühlen, wo es sie nichts anging. Die Kehrseite der Medaille war natürlich, dass sie sich nicht interessierte. Jedenfalls nicht für ihn. Nicht für die Lasten, die er mit sich herumtrug …
    Eine leise, aber deutliche Stimme in seinem Hinterkopf hob an und erklärte ihm, er sei jetzt nicht gerecht. Inga hatte nach seinem Leben gefragt. Wieder und wieder. Da war sogar eine Szene gewesen am Morgen ihrer Hochzeit, bevor sie zum Standesamt aufgebrochen waren. Inga im weißen Sommerkleid, einen Strohhut auf den blonden Haaren, einen Strauß lachsfarbener Rosen mit weißen Bändern daran in den Händen. Inga, mit Tränen in den Augen.
    »Ich habe Angst. Ich weiß nichts über dich. In ungefähr einer Stunde bin ich deine Frau, und ich habe keine Ahnung von dir und deinem Leben. Ich verstehe das nicht. Ich verstehe dein Schweigen nicht!«
    Sie hat gefragt. Aber du hast nicht antworten können. Weil du nicht darüber sprechen kannst. Weil es zu wehtut!
    Er schob die Stimme weg, schob die Bilder weg. Das passte jetzt nicht, das lenkte ihn ab, verunsicherte ihn, machte ihn nervös. Er würde jetzt reden. Er würde auch Inga alles sagen. Aber in seinem Tempo. In seinem Rhythmus.
    Er zog den Zettel hervor. Die Tinte darauf war verblasst in all den Jahren. Ganz hell war sie, nur noch schwer erkennbar. Dennoch, wenn man sich anstrengte, konnte man die Zahlen lesen. Die krakelige Kinderschrift. Kariertes Papier. Aus einem Schulheft herausgerissen.
    »Na!« Er hielt ihr den Zettel vor die Nase. »Sagt dir das hier etwas?«

    Sie kniff die Augen zusammen, bemühte sich, die blass gewordenen Zahlen zu entziffern. Ein Ausdruck tiefen Staunens glitt über ihr Gesicht. Er sah es mit Genugtuung.
    »Das ist unsere Nummer. Früher. Die Nummer unseres Sorgentelefons!« Sie starrte ihn an.
    Er hatte sich zu ihr gebeugt, nun richtete er sich auf.
    »Ja«, sagte er, »die Nummer deines Sorgentelefons!« Er sprach das Wort voller Zynismus und Bitterkeit aus. » Und erinnerst du dich vielleicht auch noch an den kleinen Jungen, der dort anrief und um Hilfe flehte? Und der diese Hilfe nicht bekam? Hörst du? Der diese Hilfe nicht bekam von dir, du verdammtes Drecksstück! «
    Die letzten Worte schrie er.
    Da sah er erstes Begreifen in ihren Augen flackern. Und dann Entsetzen.
    8
    Agnetas Stimme klang anders als sonst. Hektischer, nervöser. Sie hatte sich kaum gemeldet, da wusste Clara schon, dass irgendetwas passiert sein musste.
    »Hast du diese Geschichte in der Zeitung gelesen?«, fragte Agneta sofort und ohne jede Einleitung. »Die über das alte Ehepaar, das so bestialisch im eigenen Haus ermordet wurde? «
    Clara hatte darüber gelesen. Aber nur flüchtig. Im Unterschied zu vielen anderen Menschen konsumierte sie derartige Geschichten ungern, verspürte nicht die geringste Sensationslust. Nur Grauen. Sie schaute sich nicht einmal Krimis im Fernsehen an, so wenig konnte sie Gewalt und Verbrechen ertragen.

    Ihr wurde plötzlich schlecht. Der Bericht über das Ehepaar war an diesem Morgen auf der Titelseite der Zeitung gewesen, mit einer fetten, roten Schlagzeile überschrieben. Grausamer Mord an hilflosem Rentnerehepaar! Clara hatte nichts Genaues wissen wollen, hatte aber ein paar Brocken aus dem Text aufgeschnappt. Demnach handelte es sich um ein besonders scheußliches und brutales Verbrechen, das bei jedem, der damit in Berührung kam, Entsetzen und Erschütterung auslöste. Wenn Agneta deswegen anrief, konnte das nichts Gutes bedeuten.
    »Sag nicht, die haben solche Briefe bekommen wie wir«, sagte sie und merkte, dass dabei ihre Stimme zitterte. Sie hätte den Bericht vielleicht doch sorgfältiger lesen sollen.
    »Nein. Das heißt, ich weiß es nicht, aber ich würde es nicht für ausgeschlossen halten«, sagte Agneta. »Mich hat gerade Sabrina Baldini angerufen.«
    »Und?«
    »Sie kennt diese Leute. Nicht näher, aber … Sagt dir der Name etwas? Lenowsky?«
    Eine Glocke schlug in Claras Gehirn an. Lenowsky .
    Ich will es nicht wissen. Es ist so lange her. Ich will nie wieder etwas damit zu tun haben!
    »Ich kenne den Namen«, sagte sie. Ihr Atem ging schwer.
    »Also, pass auf«, sagte Agneta. »Sabrina wusste ziemlich schnell, um wen es geht. Der Name war ihr sofort bekannt, und nachdem sie in den letzten zwei Stunden noch ein paar Erkundigungen

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