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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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gewann ein Bild. Noch war vieles unklar, manche Konturen verwischt. Dennoch war es, als setze sich langsam ein Puzzle zusammen. Es konnte den Anschein, den die Situation hatte, verändern. Es konnte aber auch unbedeutend sein. Das hätte er nicht so genau zu sagen gewusst. Sicher war nur, dass ein Nerv bei ihm zu vibrieren begonnen hatte, und aus Erfahrung wusste er, dass das selten ohne Grund geschah.
    Maximilian Kemper war ein Freund des verstorbenen Felix Brandt gewesen, der beste Freund vielleicht, jedenfalls hatte er sich Sabrina Baldini gegenüber dahingehend geäußert. Er war im Hause Brandt aus und ein gegangen, ganz besonders nach seiner Scheidung, die inzwischen sieben Jahre zurücklag.
    »Er hat immer erzählt, dass es eine furchtbare Scheidung war«, hatte Sabrina berichtet, »schmutzig und unversöhnlich. Seine Frau muss ihn finanziell sehr ausgesaugt haben.«

    Maximilian war bei der besagten Weihnachtsfeier natürlich allein gewesen, ebenso wie Sabrina Baldini, und als die beiden einzigen Singles waren sie irgendwann fast zwangsläufig miteinander ins Gespräch gekommen. Er flirtete heftig mit Sabrina, gab ihr das Gefühl, sie sei begehrenswert und einzigartig, und Sabrina, in ihrer Ehe schon lange einsam und frustriert, ließ sich mit Haut und Haaren auf ihn ein.
    »Ich hätte mich ja gleich von meinem Mann getrennt. Diese ganze Heimlichtuerei lag mir überhaupt nicht. Im Gegenteil, es laugte mich psychisch aus. Ich wurde immer dünner und hatte ständig Magenschmerzen. Aber Maximilian wollte nicht, dass wir unsere Beziehung öffentlich machten. Er hatte dafür immer wieder tausend Gründe und Erklärungen parat. Ich war süchtig nach ihm, ich ließ mir alles einreden. Heute denke ich, er wollte tatsächlich nie etwas von mir. Wäre ich plötzlich frei gewesen, wäre ich ihm viel zu anstrengend geworden.«
    Sie hatten sich in Hotels getroffen, in einsamen Gasthöfen, auf abseits gelegenen Parkplätzen. Maximilian war in der Anfangsphase ein aufmerksamer, besorgter und feinfühliger Liebhaber. Er nahm großen Anteil an Sabrinas Leben, wollte immer genau wissen, was sie tat, was sie fühlte. Es fiel Sabrina zunächst nicht auf, dass er sich dabei besonders für ihre Freundschaft mit Rebecca interessierte.
    »Freundschaft ist da sowieso zu viel gesagt. Ich hatte einige Jahre in ihrer Kinderschutzinitiative mitgearbeitet. Wir waren Kolleginnen, die sich ganz gut verstanden, aber wir erzählten einander im Grunde keine privaten Dinge. Inzwischen war ich ja auch längst bei Kinderruf ausgeschieden. Wenn sie Partys veranstaltete, wie diese Weihnachtsfeier, lud sie mich noch mit ein, aber das bedeutete letztlich auch nur, dass wir uns vielleicht ein – oder zweimal im Jahr sahen. Ich wusste und weiß wenig über sie.«

    Verliebt und vernarrt, wie sie in Maximilian war, hatte sie sich dennoch immer bemüht, seine Neugier, was Rebecca anging, zu befriedigen. Irgendwann war Maximilian unverblümter geworden, hatte immer direkter gefragt. Natürlich hatte sich Sabrina gewundert, hatte wissen wollen, was ihn denn so an Rebecca interessiere.
    »Ich dachte, er müsste sie doch viel besser kennen als ich. Schließlich war er so gut mit ihrem Mann befreundet und hielt sich so oft im Haus der beiden auf. Er erklärte, er sei ein so großer Bewunderer von Rebeccas Arbeit, und leider sei sie in diesem Punkt überhaupt nicht gesprächig. Mich wunderte das ein bisschen, denn ich hatte Rebecca immer als einen Menschen erlebt, der sich sehr mit seiner Arbeit identifiziert und gern darüber redet. Ohne dass sie die Namen betroffener Personen genannt hätte natürlich. Sie war immer sehr korrekt.« Sabrina hatte einen Moment geschwiegen. Sie und Kronborg hatten zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr am Telefon miteinander gesprochen. Er war zu ihr gefahren, sie wohnte glücklicherweise nicht weit entfernt vom Präsidium. In einer ruhigen Nebenstraße, im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses. Zu ihrer Wohnung gehörten eine schöne, große Terrasse und ein sonniger Garten.
    »Seit ich die Drohbriefe bekomme, habe ich nach fünf Uhr nachmittags den ganzen Sommer über nicht mehr draußen gesessen«, hatte Sabrina erzählt. Auch jetzt saßen sie einander im Wohnzimmer gegenüber. Sabrina hatte einen starken, sehr guten Kaffee gemacht und ein paar gebutterte Toastscheiben auf den Tisch gestellt. Es war halb acht gewesen.
    Endlich Kaffee, hatte Kronborg voller Dankbarkeit gedacht, und sogar etwas zu essen.
    Er wusste, dass es

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