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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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jung noch gewesen, Studenten, unbeschwert, das Leben vor sich. Sie saß im Hörsaal vor ihm, er sah immer ihre langen schwarzen Haare, die sie wie ein Mantel einhüllten. Aber es war nicht allein ihr Aussehen gewesen, was ihn anzog. Sie war attraktiv, aber er kannte Mädchen, die waren schöner, fröhlicher, strahlender. Rebecca war kein Trauerkloß, aber sie war ernsthafter als die anderen, oft ein wenig in sich gekehrt. Man konnte mit ihr über das Elend in der Welt diskutieren, und manchmal kam sie mit Listen an, auf denen sie Unterschriften gegen irgendeinen Missstand oder für irgendein wohltätiges Projekt sammelte. Er hatte das entzückend gefunden. Er selbst glaubte nicht daran, dass sich die Welt auch nur in Ansatzpunkten verändern ließ; wer es dennoch probierte, kämpfte gegen Windmühlen und verschliss sinnlos Kräfte, und für gewöhnlich fand er Menschen dumm und irrational, die so etwas taten. Seltsamerweise nicht bei Rebecca. Irgendetwas in ihr ließ ihn anders fühlen und denken als sonst. Es war eine Kraft in ihr, die er rückhaltlos bewunderte. Manchmal dachte er, es sei auch diese Kraft, weshalb er so unbedingt ein Teil von Rebecca werden wollte. Um etwas abzubekommen von dieser Stärke, dieser Unbeirrbarkeit. Er sah die Geliebte in ihr, die Frau, die Mutter. Vielleicht war das zu viel. Vielleicht hatte ihn das sprachlos werden lassen.
    Denn er war sonst nie auf den Mund gefallen. Als gut aussehender, intelligenter junger Mann, der er war, hatte er nie Probleme mit Mädchen gehabt. Er fing nicht an zu stottern oder wurde rot, wenn er mit ihnen sprach, oder fand keine Worte. Bei keiner war ihm das je passiert – nur bei Rebecca. Ihre Gegenwart lähmte ihn, verunsicherte ihn. Wenn sie ihn ansprach, wurde ihm heiß, und er gab ihr völlig idiotische Antworten, für die er sich hinterher hätte ohrfeigen können. Er redete dummes Zeug in ihrer Gegenwart, und hinterher
analysierte er sein Verhalten und fand, dass er ein Versager war. Sie konnte nichts an ihm finden. Ein schwitzender Jüngling mit feuchten Handflächen, der ziemlichen Unsinn von sich gab. Was hätte sie an ihm reizen sollen?
     
    Es hatte sie ja auch nichts gereizt. Sie hatte sich in seinen Freund Felix verliebt, und wenn man anfangs noch hatte hoffen können, dass sich diese Liaison als vorübergehende Verirrung herausstellen würde, so war recht bald klar, dass es sich um die ganz große Liebe handelte. Felix hatte von zwei Seelen gesprochen, die sich gefunden hatten. Lieber Gott, er hatte zuvor nicht gewusst, dass Felix derart theatralisch sein konnte. Zwei Seelen, die durch die Welten irrten und schließlich in irgendeinem verdammten Hörsaal der Universität München aufeinander trafen. Schwachsinn. Schrott. Sätze wie die kamen aber natürlich gut an bei den Frauen. Klar, dass Rebecca darauf abfuhr. Mehr, als auf das nervöse Gestammel des jungen Mannes, der hinter ihr saß und abwechselnd rot und blass wurde, wenn sie sich nur umdrehte.
    Ich habe von deinen Gefühlen nichts gewusst. Damals nicht.
    Er hatte eine Waffe, er hatte sie in seiner Gewalt, und diese überflüssige Inga auch, derer er sich ebenfalls würde entledigen müssen. Inga, das hatte ihn amüsiert, hatte von seinem Spiel tatsächlich nicht die geringste Ahnung gehabt. Was bewies, dass Marius wirklich selbst seiner Frau gegenüber dichtgehalten hatte. Wie vereinbart. Braver Junge.
    Später hatte Rebecca dann schon etwas gemerkt. Das hatte sie ja selbst zugegeben, vor einigen Tagen in ihrer Küche, als er mit ihr sprach. Nach seiner Scheidung, als er zu einem Dauergast im Hause Brandt geworden war, da hatte sie zu spüren begonnen, dass sie mehr für ihn war als die Frau seines besten Freundes. Er nahm an, dass sie mit Felix darüber
gesprochen hatte, und die Tatsache, dass beide weiterhin einen normalen Umgang mit ihm gepflegt hatten, ließ ihn manchmal fast rasend werden vor Wut. Denn das hieß nichts anderes, als dass sie ihn kein bisschen ernst genommen hatten. Er verzehrte sich bis fast zur Besinnungslosigkeit nach der Frau seines Freundes, und den juckte das nicht im Geringsten, weil er ihn für vollkommen ungefährlich hielt. Vielleicht hatte er mit Rebecca zusammen sogar über ihn gelacht. Wenn er daran dachte, hätte er der Schlampe am liebsten sofort eine Kugel durch den Kopf gejagt. Wie sie dort saß und ihn ängstlich anstarrte! Er hätte auch Angst gehabt an ihrer Stelle. Sie musste sterben, das war klar, aber sie sollte auch wissen, warum. Sie sollte

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