Der Fremde (German Edition)
ich Mama sehr liebte. Ich habe geantwortet, ich weiß noch immer nicht, warum, ich hätte bis jetzt nicht gewusst, dass man deswegen eine schlechte Meinung von mir hätte, dass das Heim mir aber als eine natürliche Sache erschienen wäre, da ich nicht genug Geld hätte, Mama pflegen zu lassen. «Außerdem», habe ich hinzugefügt, «hatte sie mir seit langem nichts zu sagen und langweilte sich ganz allein.» – «Ja, und im Heim findet man wenigstens Freunde», hat er gesagt. Dann hat er sich entschuldigt. Er wollte schlafen. Sein Leben hätte sich jetzt verändert, und er wüsste nicht so recht, was er tun sollte. Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, hat er mir mit einer verstohlenen Geste die Hand gegeben, und ich habe seine Hautschuppen gefühlt. Er hat ein wenig gelächelt und hat, bevor er ging, zu mir gesagt: «Ich hoffe, die Hunde bellen heute Nacht nicht. Ich denke immer, es ist meiner.»
VI
Am Sonntag hatte ich Mühe aufzuwachen, und Marie musste mich rufen und schütteln. Wir haben nicht gegessen, weil wir früh baden wollten. Ich fühlte mich völlig leer und hatte ein bisschen Kopfschmerzen. Meine Zigarette schmeckte bitter. Marie hat sich über mich lustig gemacht, weil sie sagte, ich hätte «eine Leichenbittermiene». Sie hatte ein weißes Leinenkleid an und trug das Haar offen. Ich habe ihr gesagt, sie wäre schön, und sie hat vor Freude gelacht.
Im Hinuntergehen haben wir an Raymonds Tür geklopft. Er hat uns geantwortet, er käme herunter. Wegen meiner Müdigkeit und auch weil wir die Jalousien nicht geöffnet hatten, hat mich auf der Straße das schon sonnenpralle Tageslicht wie eine Ohrfeige getroffen. Marie hüpfte vor Freude und sagte unaufhörlich, wie schön das Wetter wäre. Ich habe mich besser gefühlt und habe gemerkt, dass ich Hunger hatte. Ich habe es Marie gesagt, die mir ihre Wachstuchtasche zeigte, in die sie unsere beiden Badeanzüge und ein Handtuch gesteckt hatte. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten, und wir hörten, wie Raymond seine Tür schloss. Er trug eine blaue Hose und ein weißes Hemd mit kurzen Ärmeln. Aber er hatte einen flachen Strohhut aufgesetzt, worüber Marie lachen musste, und seine Unterarme waren unter den schwarzen Härchen sehr weiß. Es hat mich ein bisschen abgestoßen. Er pfiff beim Hinuntergehen und sah sehr zufrieden aus. Er hat «Salut, alter Junge» zu mir gesagt und hat Marie «Mademoiselle» genannt.
Am Tag zuvor waren wir auf das Kommissariat gegangen, und ich hatte bezeugt, dass das Mädchen Raymond «in seiner Ehre verletzt» hätte. Er ist mit einer Verwarnung davongekommen. Meine Behauptung wurde nicht überprüft. Vor der Haustür haben Raymond und ich darüber gesprochen, dann haben wir beschlossen, den Bus zu nehmen. Es war nicht weit bis zum Strand, aber so würden wir schneller hinkommen. Raymond meinte, sein Freund würde sich freuen, wenn wir früh kämen. Wir wollten gerade gehen, als Raymond mir auf einmal einen Wink gegeben hat, auf die andere Straßenseite zu schauen. Ich habe eine Gruppe von Arabern gesehen, die an das Schaufenster des Tabakladens gelehnt standen. Sie sahen uns schweigend an, aber auf ihre Weise, nicht anders, als wenn wir Steine oder abgestorbene Bäume wären. Raymond hat mir gesagt, der Zweite von links wäre sein Mann, und er sah besorgt aus. Er hat hinzugefügt, die Sache wäre jetzt aber erledigt. Marie verstand nicht so recht und hat gefragt, was los wäre. Ich habe ihr gesagt, dass das Araber wären, die es auf Raymond abgesehen hätten. Sie wollte, dass wir sofort gingen. Raymond hat sich gereckt, hat gelacht und gesagt, wir müssten uns beeilen.
Wir sind zur Bushaltestelle gegangen, die ein Stück weiter war, und Raymond hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Araber uns nicht folgten. Ich habe mich umgedreht. Sie standen immer noch am selben Fleck und betrachteten mit derselben Gleichgültigkeit die Stelle, die wir gerade verlassen hatten. Wir haben den Bus genommen. Raymond, der ganz erleichtert wirkte, scherzte unaufhörlich mit Marie. Ich habe gemerkt, dass sie ihm gefiel, aber sie ging fast nicht auf ihn ein. Ab und zu sah sie ihn lachend an.
Wir sind im Außenbezirk von Algier ausgestiegen. Der Strand ist nicht weit von der Bushaltestelle entfernt. Aber wir mussten über ein kleines Plateau gehen, das über dem Meer liegt und dann zum Strand hin abfällt. Es war übersät mit gelblichen Steinen und Affodillen, die schneeweiß gegen das schon grelle Blau des Himmels standen.
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