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Der Fremde ohne Gesicht

Der Fremde ohne Gesicht

Titel: Der Fremde ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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Bemerkung machte sie für einen Moment sprachlos. Fieberhaft suchte sie nach einer cleveren und unverfänglichen Erwiderung. Bisher war ihr nicht klar gewesen, in welchem Maße die Öffentlichkeit von ihrer früheren Beziehung zu Tom Notiz genommen hatte. Erfreut war sie nicht darüber. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ich glaube, das reicht jetzt, Ed. Meine tatsächlichen oder angeblichen Beziehungen haben nichts mit dieser Ermittlung zu tun. Das sollten Sie eigentlich wissen. Jetzt gehen Sie bitte.«
    »Hören Sie, Dr. Ryan, Ihr Privatleben interessiert mich nicht. Meine Leser vielleicht, aber mich nicht …«
    Sie spürte, wie heißer Zorn in ihr aufstieg. »Und was zum Teufel hat mein Privatleben mit Ihren verdammten Lesern zu tun?«
    Case schüttelte den Kopf. »Gar nichts, aber Sie wissen ja, wie die Leute sind. Die Gerichtsmedizinerin in einer Aufsehen erregenden Morduntersuchung hat ein Verhältnis mit dem Beamten, der die Ermittlungen leitet. Könnte das nicht Auswirkungen auf den Ausgang dieser Untersuchung haben?« Er hielt sich die flache Hand vor die Augen, als ob er eine Schlagzeile vor sich hätte. »Durchaus eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse, finden Sie nicht? Sie wissen ja, nichts mögen die Leute lieber als einen kleinen Skandal.«
    »Ich weiß nicht, wie die Leute sind, ich weiß nur, wie Sie sind, Ed. Außerdem habe ich kein Verhältnis mit Superintendent Adams, wie Sie übrigens sehr wohl wissen.«
    Cases Grinsen wurde noch breiter. »Das macht ja die Sache nur noch schlimmer. Wie ich höre, gab es gewisse Spannungen zwischen Ihnen beiden, während Sie Ihre erste Untersuchung durchführten. Sehr unprofessionell, sieht Ihnen überhaupt nicht ähnlich, Dr. Ryan. Aber sicher hat mein Informant die Situation nur falsch interpretiert. Andererseits, falls nicht, dürfte das wiederum von Interesse für die Öffentlichkeit sein, meinen Sie nicht? Ich meine, kann bei dieser Ermittlung etwas Gescheites herauskommen, wenn Sie beide sich ständig gegenseitig an die Kehle gehen? Da kann man doch leicht etwas übersehen, nicht wahr?«
    Sam starrte ihn wütend an. »Es wird nichts übersehen werden. Das kann ich Ihnen versichern.«
    Er grinste. »Vielleicht nicht.« Plötzlich änderte er die Taktik. »Schauen Sie, Dr. Ryan, wir sind doch beide alte Hasen. Ich will ja nichts als einen kleinen Vorsprung mit dieser Geschichte. Den anderen eine Nasenlänge voraus sein. Schließlich ist das ein hiesiger Fall, da wollen wir doch nicht, dass die Typen aus Wapping die beste Berichterstattung bringen, oder?«
    Sam schwieg, doch sie ahnte schon, was als Nächstes kommen würde.
    »Wenn Sie mir ein bisschen Insiderinformationen geben, Dr. Ryan, dann wüsste ich nicht, warum die Öffentlichkeit je von dieser dummen Geschichte zwischen Ihnen und dem Superintendent erfahren sollte. Können Sie mir folgen?«
    Und ob Sam ihm folgen konnte. Es war eine glatte Erpressung, aber damit biss er bei ihr auf Granit. Sie griff nach der Tür, um sie ihm vor der Nase zuzuschlagen.
    »Superintendent Adams und ich arbeiten sehr gut zusammen.«
    »Aber nicht mehr so gut wie früher, oder?«
    Sam reagierte nicht darauf. »Wir werden nichts übersehen und die Ermittlungen finden auf höchst professionelle Weise statt. Das dürfen Sie drucken. Und jetzt gehen Sie zum Teufel! Guten Tag!«
    Es tat ihr gut, Edward Case die Tür vor der Nase zuzuknallen. Schade nur, dass er nicht versucht hatte, seinen Fuß in den Spalt zu stellen. Ihm ein Gipsbein zu verpassen hätte ihr noch mehr Spaß gemacht. Nach einer Weile schaute sie noch einmal durch den Spion und sah ihn langsam ihre Einfahrt entlang zu seinem Wagen gehen. Plötzlich tauchte hinter der Hecke vor ihrem Haus ein zweiter Mann auf und ging Case entgegen. Der Mann hatte eine sehr professionell aussehende Kamera in der Hand, an der ein ziemlich langes Objektiv befestigt war. Sie fuhr von dem Spion zurück und lehnte sich gegen die Tür. »Scheiße!«
    Der Impuls, den beiden hinterherzurennen und dem Fotografen die Kamera zu entwinden, war stark, aber sie wusste, dass das sinnlos und peinlich wäre. Was hatte sie nur geritten, in ein Handtuch gewickelt an die Tür zu gehen? Sie hätte es besser wissen müssen. Jetzt hatten sie nicht nur ihre Story, sondern auch noch ein aufreizendes Foto dazu.
    Sam zog sich rasch an, aß im Stehen zwei Scheiben Toast und machte sich dann auf den Weg zum Park Hospital, um die Obduktion an Sophie Clarke durchzuführen. Als sie ankam,

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