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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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hatten über ihr Gewissen oder den Gedanken an die Folgen gesiegt, und er ließ sie reden.
    Als sie dann schwieg und den Kopf auf den Kissen hin-und herwarf, beugte er sich über sie und umfasste ihre Hände mit seinen. »Das kann ich nicht«, sagte er. »Ich muss alles beichten und auf mich nehmen, was da kommt. Unser Leben kann einfach nicht so weitergehen wie bisher. Es würde zwischen uns stehen, denn du wärst jetzt Mittäterin, die mich vielleicht nach und nach hassen würde. Und was mich angeht, so verliert ein Mann mit einem unehrenhaften Geheimnis allmählich seinen Stolz und seine Männlichkeit. Sie versiegen, Aahmes-nofretari, bis nur noch das Geheimnis und die Schuld übrig bleiben. So kann ich nicht leben.«
    »Aber wenn du dich der Gerechtigkeit stellst, muss dich die Familie hinrichten! Sie hat keine andere Wahl!« Sie zog unter dem weißen Laken die Knie an und hämmerte mit geballten Fäusten darauf ein. »Das macht Vater auch nicht wieder lebendig und wendet die Vergeltung des Königs nicht von uns ab.« Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf, und sie drehte sich ihm zu und hockte jetzt zusammengekauert auf der Bettkante. »Du bist der Älteste«, drängte sie mit funkelnden Augen. »Du bist jetzt Fürst von Waset und Nomarch der fünf Provinzen. Ach, Si-Amun, du sprichst Recht, nur du! Verzeih dir selbst!«
    »Aahmes-nofretari«, stellte er klar: »Wie könnte ich mich noch achten? Ich und andere richten? Wie lange könnte ich dir noch in die Augen sehen?«
    »Und was wird aus mir? Was aus deinem Sohn? Raa!« Die Frau machte die Tür auf und verbeugte sich. »Bring Si-Amun das Kind, er soll es halten!« Erregt wandte sie sich wieder an ihren Mann. »Falls du darauf bestehst, dich zu vernichten, was wird dann aus uns? Ich liebe dich, ich brauche dich, dein Kind braucht einen Vater, Si-Amun, verlass uns nicht!«
    Die Worte waren kaum ausgesprochen, da tauchte Raa mit einem kleinen, eingewickelten Bündel im Arm auf. Mit einem Kloß im Hals stand Si-Amun auf und streckte die Arme aus. Sein Sohn schlug die Augen auf und blickte verschlafen zu seinem Vater hoch. Eine kleine, rote Hand umklammerte einen Zipfel seiner Windel. Erschrocken bemerkte Si-Amun Seqenenres ausgeprägte Wangenknochen und die etwas schrägen Augen. Der Kleine duftete nach Natron und warmem Neugeborenen. Aahmes-nofretari beobachtete ihn angespannt und eindringlich. »Er ist so hilflos«, zischte sie. »Und ich auch, Si-Amun. Bitte!« Si-Amun gab seinem Sohn einen Kuss auf die feuchte Stirn und reichte ihn Raa.
    »Verzeih mir, liebe Schwester«, sagte er. »Es geht nicht.« Er wollte sie in die Arme schließen, doch sie wehrte sich heftig und barg das Gesicht in den Kissen. Als er die Tür erreicht hatte, schluchzte sie bereits. Du sprichst hier Recht, nur du, dachte er verzweifelt, während er die Ohren vor ihrem Weinen verschloss und den dunklen Flur entlangging. Sie hat wahrer gesprochen, als sie geahnt hat. Ausschließlich du.
    Nachdem er seine Frau verlassen hatte, suchte er nach Tani. Er fand sie auf dem Dach des alten Palastes an der Stelle, wo man Seqenenre niedergeschlagen hatte, die Kleidung in Fetzen, wo sie dran gerissen hatte. Stumm wiegte sie sich vor und zurück, vor und zurück. Als sie ihn kommen sah, stürzte sie in seine Arme, und er tröstete sie, so gut er konnte, ehe er sie dazu überredete, in ihre Gemächer zu gehen.
    Auf dem Weg vom Palast bemerkte er, dass seine Mutter noch immer im Staub kauerte, dass sie jetzt aber mit einem Sonnenschirm vor der Sonne geschützt wurde und dass Kares und Hetepet in der Nähe standen und darauf warteten, bis sich ihr Gram erschöpfte. Si-Amun ließ sie in Ruhe. Ahmose war verschwunden, wahrscheinlich in die Sümpfe, wo er sich seinem Kummer allein hingeben konnte. Viele der Diener, die sich vor Si-Amun verbeugten, als er vorbeikam, weinten.
    Er selbst wollte nichts anderes als sich einschließen, mit dem Rest der ihm verbliebenen Energie haushalten, doch er zwang sich, nach Tetischeri zu sehen. Glücklicherweise ließ sich der Haushofmeister seiner Großmutter nirgendwo blicken. Isis antwortete auf sein Klopfen und sagte ihm, Tetischeri ruhe und wolle nicht gestört werden. Weihrauch wehte durch die geöffnete Tür auf den Flur, und Si-Amun meinte, Tetischeris Priester leise singen zu hören. Erleichtert machte er sich auf die Suche nach Kamose, der angeordnet hatte, dass man seine Trage an den Teich stellte. Dankbar ließ sich Si-Amun neben ihm ins Gras sinken. »Hier

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