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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Isis und andere ältere Dienstboten waren auch geblieben und lauschten Si-Amun scheinbar ohne Anteilnahme, doch er wusste, dass ihre Gesichter und ihre Körper nur aufgrund ihrer guten Schulung ausdruckslos und ruhig waren.
    Aahmes-nofretari fehlte, sie erholte sich noch von der Geburt ihres Sohns. Kamose lehnte auf einem Feldbett, Hor-Aha neben sich. Aahotep hatte saubere Kleidung angezogen, doch sie saß bar jeden Schmuckes hinter ihrem niedrigen Tisch. Ahmose kaute gedankenverloren gebratene Ente, aber seine ruhige Haltung wurde durch sein verstörtes Gesicht Lügen gestraft. Nur Tetischeri war förmlich angezogen und geschminkt zum Essen erschienen.
    Sie ist wie die Königinnen von einst, dachte Si-Amun bei ihrem Anblick, als er zum Reden aufstand. Ihre herausragende Stellung festigt jeden Knochen in ihrem Leib. Sie hat ihren Sohn abgöttisch geliebt und sich danach gesehnt, ihn auf dem Heiligen Thron zu sehen. Sie leidet schrecklich, doch nur Niedriggestellte werden sie weinen sehen. Was hast du heute gedacht, Mersu, als du einer gebrochenen und verzweifelten Frau aufgewartet hast? Hast du bereut, was du getan hast, so wie ich es bitterlich bereue? Er bemerkte Tani an Kamoses anderer Seite, ihre Hand in der des Bruders. Er schenkte ihr ein Lächeln, und sie erwiderte es mit einer lahmen Grimasse.
    Die Gruppe blickte ihn erwartungsvoll an. Eine tiefe Stille legte sich über sie, sodass Si-Amun den Nachtwind sacht zwischen den Pfeilern rauschen hören konnte. Er fing Hor-Ahas Blick auf und sah, dass sich der General gespannt vorbeugte. Er holte tief Luft und begann zu sprechen.
    Er erzählte ihnen von Seqenenres Marsch, der Ankunft in Qes, von Ramoses Eintreffen mitten in der Nacht mit der Kunde, dass sie verraten worden waren. Mit halbem Auge bemerkte er, dass Tani zusammenzuckte und sich aufrecht hinsetzte, doch Mersu rührte sich nicht. Si-Amun musste über die Kaltblütigkeit des Mannes staunen. Mit zunehmend trockenerer Kehle beschrieb er den Versuch seines Vaters, Pezedchu zu umgehen, sein Scheitern und seinen grausamen Tod. Niemand bewegte sich. Nur die Lampen schienen noch zu leben, ihre Flammen stiegen und fielen in den Alabasterbehältern, und die Schatten auf den Wänden schwankten hin und her.
    Schließlich gab Si-Amun Hor-Aha einen Wink, und der stand auf. »Der Mann, der Seqenenre so niederträchtig überfallen, der Teti und damit auch Apophis informiert hat, ist heute Abend unter uns«, endete Si-Amun mit belegter Stimme. »Mersu, du bist verhaftet. Über dein Schicksal wird entschieden, wenn wir meinen Vater bestattet haben.« Er wollte noch mehr sagen, über die Schändlichkeit von Mersus Verbrechen reden, doch seine eigene Verwicklung in die Sache schloss ihm den Mund.
    Hor-Aha ging großen Schrittes zu dem Haushofmeister, verbeugte sich vor Tetischeri und wartete. Mersu trat zu ihm, ein Ausbund an Selbstbeherrschung. Ohne irgendjemanden eines Blickes zu würdigen, folgte er Hor-Aha würdevoll. Die Anspannung der Zuschauer löste sich plötzlich.
    »Kein echter Ägypter«, sagte der Bürgermeister sichtlich erleichtert. »Er ist Setiu.«
    »Hat dir das Ramose erzählt?«, rief Tani. »Hat er sein Leben aufs Spiel gesetzt, weil er euch warnen wollte?« Si-Amun nickte und freute sich, als er sah, dass ein Gefühl, stärker als der große Kummer, ihre Wangen rötete. Ahmose tauchte die Finger in die Wasserschale, die ihm sein Diener hinhielt.
    »Wer sonst hat gehört, was Ramose gesagt hat?«, fragte er scharf. »Wir brauchen Zeugen, Si-Amun. Die Anklage ist schwerwiegend, er muss Mithelfer gehabt haben.« Si-Amun blickte seinen Bruder erstaunt an. Ahmose blickte statt wie gewohnt schläfrig in sich gekehrt auf einmal klug und forschend.
    »Nur unser Vater hat Ramoses Worte gehört«, gestand er ein. »Aber uns, Kamose, Hor-Aha und mich, hat er noch in jener Nacht rufen lassen, gleich nachdem sich Ramose zum feindlichen Lager zurückgeschlichen hatte. Das können wir alle bezeugen.«
    »Das reicht noch immer nicht.« Ahmose trocknete sich die Finger in dem gereichten Tuch ab und stand auf. »Mersu wird gestehen müssen.«
    »Willst du unseren Vater einen Lügner nennen?« Si-Amun war mit seiner Geduld am Ende und schrie jetzt. Ahmose wölbte nur die Brauen.
    »Nein, natürlich nicht. Vater war ein ehrlicher Mann und außerdem, welchen Grund sollte er gehabt haben, euch anzulügen? Es ist nur so, dass es hier um das Leben eines Menschen geht. Da müssen wir uns vorsehen. Darf ich gehen, Fürst?«

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