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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Deckel wieder zu, klemmte sich den Kasten unter den Arm, ging in sein Zimmer und schob ihn unter sein Lager. Sodann machte er sich auf die Suche nach Aahmes-nofretari.
    Er fand seine Gemahlin auf dem Dach unter einem Sonnensegel, wo sie auf Polstern saß und der Kleine in einem Körbchen neben ihr schlief. Raa tropfte Lotosessenz in eine Schüssel mit Wasser, in der ein Tuch schwamm. Als sie den Fürsten über das Dach herankommen sah, verbeugte sie sich und verschwand. Aahmes-nofretari lächelte und streckte ihm die Arme entgegen. Sie war nackt, ihr Hemdkleid lag zerdrückt auf der Matte. »Gefällt er dir?«, fragte sie lächelnd. »Ich finde, es ist ein schöner Name. Amunmose ist gerade fort, und ich wollte gern nach hier oben und mich von Raa waschen lassen. Wie heiß es heute Nachmittag ist!« Si-Amun ging in die Knie und ließ sich umarmen. Ihre Haut war heiß und trocken und duftete ein wenig nach Dattelpflaumen. Das Haar, das ihr ins Gesicht fiel, war auch warm und so weich und fein wie Flussnebel. Er zog sich ein wenig zurück und küsste ihre ungeschminkten Lippen.
    »Ich finde auch, dass es ein schöner Name ist«, sagte er lächelnd. »Ahmose wird begeistert sein.« Er wandte seine Aufmerksamkeit dem Kind zu. Ahmose-onch schlief selig. Übersatt mit Milch lag er da, hatte die winzigen braunen Gliedmaßen auf dem Laken ausgestreckt, seine schwarzen Wimpern zitterten auf den Pausbäckchen, sein Mund, der einer aufbrechenden Lotosknospe glich, stand ein wenig offen. Si-Amun streichelte seine seidige Haut verwundert mit einem Finger. »Wie vollkommen er ist!«, rutschte es ihm heraus, und dieses gesteigerte Wahrnehmungsgefühl galt auf einmal auch seiner Umgebung.
    Die Haut des Kleinen war wie betaut, das Laken unter ihm blendend weiß. Si-Amun war verwirrt, denn er konnte Faden und Schuss zählen, wie fein sie auch immer waren. Eine Hand von Aahmes-nofretari lag entspannt auf einem blauen Kissen. Bezaubert und hingerissen zugleich bemerkte Si-Amun die etwas helleren Stellen an ihren Fingern, wo sie für gewöhnlich Ringe trug, die hoch stehenden Sehnen, die kleinen, fast unsichtbaren Haare zwischen ihren Fingerknöcheln. Sein entzückter Blick wanderte an ihrem schönen braunen Bein entlang, sie hatte den Knöchel gedreht, die Zehen waren kräftig und schwielig, dann hob er den Blick zu der Ansicht hinter ihr. Er bekam kaum noch Luft, ihm war, als wäre er eine lange Strecke gerannt.
    Die Quasten am Rand des Sonnensegels schaukelten rot vor dem tiefen, kräftigen Blau des Sommerhimmels. Dahinter die Umrisse von Wüste und Tempel, das unterschiedliche Auf und Ab der Gebäude in Waset, die kunstvoll angeordneten, kahlen Büsche an den silbrigen Schleifen des Flusses, alles überwältigte Si-Amun so sehr, als wäre es fremdländisch und exotisch, etwas Abgetrenntes, zu dem er schon nicht mehr gehörte. Eine Kluft hatte sich zwischen seinen Augen und seinem Herzen geöffnet und übermittelte erlesene, wenn auch unverständliche Botschaften, die über sein Begriffsvermögen hinausgingen. Die Sommerfarben, ganz Hellgelb, Silber und Braun, standen vor einem lebhaften Blau, das brannte wie ein heißes Schwert.
    »Aahmes-nofretari«, sagte er und erkannte seine eigene Stimme kaum, »lass uns den Rest des Tages hier oben bleiben. Schick Raa fort. Ich werde dich waschen. Wir können reden. Wir können uns gegen Sonnenuntergang Essen hochbringen lassen, statt in den Speisesaal zu gehen.« Sie drehte sich erstaunt zu ihm um, wollte ihn schon necken, doch etwas an seiner Miene ließ sie innehalten.
    »Na schön«, sagte sie. »Raa kann den Kleinen mitnehmen.« Doch er hielt sie zurück.
    »Nein. Wir können uns um ihn kümmern.« Sie machte es sich wieder in den Kissen bequem und lächelte.
    »Dir ist wohl die Sonne zu Kopf gestiegen, Si-Amun! Dann machen wir uns also einen faulen Tag. Gut! Wasch mich!«
    Sie schickten Raa ins Haus zurück, und als sich die Sonne langsam gen Westen senkte, redeten sie. Si-Amun verstellte das Sonnensegel nach dem Sonnenstand. Zweimal dösten sie aneinander geschmiegt auf den zerwühlten Kissen ein. Si-Amun tröpfelte duftendes Wasser über Aahmes-nofretaris geschmeidigen Leib. Er sah zu, wie sie ihren Sohn stillte. Sie sprachen über ihren Vater, über ihre Kindheit, doch nach einer unausgesprochenen Übereinkunft nicht über die Zukunft. Si-Amun hätte sie auf dem Dach im milder werdenden Sonnenschein gern geliebt, doch sie musste sich erst noch von Ahmose-onchs Geburt erholen.
    Gegen

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