Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
Vom Netzwerk:
anzugreifen, während du weiter nördlich abgehalten bist? Du lässt nur die Fürstinnen zurück, dass sie sich um die Sicherheit deines Gebiets kümmern.«
    »Ich weiß.« Kamose blickte ihm in die Augen und musste im grellen Licht blinzeln. »Dieses Risiko muss ich eingehen, mein Freund. Pi-Hathor hat keine Garnison mit Soldaten. Die Menschen dort arbeiten in den Steinbrüchen und als Schiffsbauer. Falls der Bürgermeister gegen Waset ziehen möchte, wird er seine Bauern zu Soldaten ausbilden müssen, und das braucht seine Zeit, wie wir nur zu gut wissen. Ich lasse einen Spion in der Stadt, der soll meiner Mutter während meiner Abwesenheit Berichte schicken. Das muss genügen.« Hor-Aha verzog den Mund, dann nickte er.
    »Alles liegt im Schoß der Götter, Majestät. Wenn sie deinen Erfolg wünschen, kann dich niemand aufhalten.« Er verbeugte sich, entfernte sich großen Schrittes und setzte sich in den spärlichen Schatten des hoch geschwungenen Bugs auf das Deck, doch Kamose blieb, wo er war, und sah Ägypten vorbeiziehen.
    Die beiden Hügel, die Pi-Hathor beschützten, kamen gleich nach Sonnenuntergang in Sicht, als Re die letzten Fetzen seines feurigen Gewandes über den Horizont zog und das Dunkelblau des Himmels zu einem rosigen Schein verblasste, vor dem sich die Hügel schwarz und gezackt abhoben. Die Stadt schmiegte sich zwischen sie und den Fluss, ein buntes Gewirr von Lehmziegelhäusern, dazwischen schmale Straßen. In ihrer Mitte erhob sich der Hathor-Tempel, dessen steinerne Pylonen und säulengeschmückte Fassade lange Schatten zum Nilufer warfen, wo sich längs der ganzen Stadt Bootstreppen hinzogen. Kamose, der inmitten von Resten der Abendmahlzeit jetzt bei den anderen saß und sich den Hals verrenkte, konnte die Insel mit ihrer tief eingeschnittenen Bucht, die unweit der Stadt im Fluss gelegen war, deutlich ausmachen.
    Dort herrschte eine andere Unordnung. Anleger ragten ins Wasser wie die Speichen eines Streitwagenrades, und an allen lagen Boote vertäut, einige aus Zedernholz, andere aus Binsen, einige noch ohne Wanten, andere auf den Sand der Bucht gezogen und zur Seite gekippt wie angespülte Ungeheuer, die ihre beschädigten Flanken zeigen. Rauch von Kochfeuern zog wie leichter Dunst über diesen friedlichen Schauplatz und vermischte sich mit dem gedämpften Lärm munterer Geschäftigkeit. Kamose stand auf und sprach mit seinem Kapitän. »Such uns einen Anlegeplatz nach Norden hin, nicht bei den Booten, die Arbeiter von der Insel entladen«, rief er. »Hor-Aha, wähle vier Soldaten aus, die uns begleiten, und verteile die anderen als Bewachung des Bootes. Weder sie noch die Soldaten dürfen mit neugierigen Städtern reden, die vielleicht vorbeikommen. Natürlich können wir dem Verwalter von Pi-Hathor einen Besuch abstatten«, fügte er an Ahmose gewandt hinzu, der sich neben ihn gestellt hatte, »aber auf gar keinen Fall darf ein verfrühtes Gerücht alles ruinieren. Falls die Fürsten die Abendmahlzeit beendet haben, können wir an Land gehen.« Das Boot stieß an die Bootstreppe, und auf Befehl des Schiffsführers sprang ein Bootsmann mit einem Tau in der Hand heraus und vertäute es an einem in den Fluss getriebenen Pfahl. Andere legten die Laufplanke aus. Kamose holte lange und tief Luft und musterte seine kleine Schar, doch es gab nichts zu sagen. Die Laufplanke lag jetzt auf der Bootstreppe, und da verließen sie einer nach dem anderen stumm das Boot und folgten ihm.
    Zwei Soldaten an der Spitze, zwei als Nachhut, so schritten sie die Straße entlang, die vom Nil geradewegs zum Tempelbereich führte. Viele Menschen kamen ihnen aus der Stadtmitte entgegen, sie wollten nach einem Arbeitstag nur noch nach Haus, und munteres Stimmengewirr umschwirrte das Grüppchen. Ein paar schenkten Kamose und seinen Gefährten mehr als einen freundlichen Blick. Pi-Hathor war an Reisende aus Kusch oder dem Delta gewöhnt, die in Geschäften mit den königlichen Aufsehern anreisten.
    Kamose wusste, dass die Amtszimmer des Bürgermeisters und seiner Bediensteten hinter Hathors Bereich am Rand eines öffentlichen Platzes für städtische Festlichkeiten gelegen waren. Er hoffte, dass dieser noch nicht nach Haus gegangen war, denn als er und die Fürsten sich dem Tempel näherten, wurden bereits Fackeln entzündet. Der Abend brach herein. Im mittlerweile schwarzen Schatten des aufragenden Pylonen schwenkten sie nach links ab, folgten Hathors Außenmauer und erreichten schließlich den staubigen Platz. Sie

Weitere Kostenlose Bücher