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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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ihrer schon würdig. Setz dich.« Beide nahmen erneut Platz. Die anderen Fürsten hatten ungerührt zugesehen. »Nun?«, drängte Kamose. »Zu was ist meine Stärke nütze, wenn es einen Thronräuber in Auaris und noch einen in Kusch gibt und ich zwischen Setius und Kuschiten eingeklemmt bin, die je eine Scheibe von Ägypten besitzen, während ich ohne Erlaubnis nicht einmal bis Mennofer reisen kann? Mein neuer Erpa-ha kann es mit Pezedchu aufnehmen. Macht ihr mit?« Anchmahor seufzte nachdrücklich.
    »Schade um mein schönes Vieh!«, sagte er. »Ja, wir machen mit. Aber, Majestät, falls wir gewinnen, kostet dich das etwas.« Kamose bedankte sich nicht bei ihnen, das hätte sich nicht gehört. Stattdessen ging er auf der Stelle zum Thema Pflichten über.
    »Ehe wir nach Norden ziehen, müssen wir uns noch mit der Angelegenheit Pi-Hathor beschäftigen«, sagte er. »Wie ihr alle wisst, liegt die Stadt zwar drei Meilen südlich von uns hier in Waset, zählt sich aber zu Apophis’ Herrschaftsbereich. Die Setius haben ständig Bedarf an dem Kalkstein dort und, wichtiger noch, an ihren Schiffen. Für sie liegt Pi-Hathor auf halber Strecke nach Kusch, ist ihre Handelsniederlassung und kennzeichnet die südliche Grenze ihres Herrschaftsgebiets. Die Stadt sitzt uns wie ein Dorn im empfindlichen Bauch.« Er beugte sich vor. »Die Bewohner von Pi-Hathor sind vorwiegend echte Ägypter, und ich möchte weder Truppen noch Energien und Zeit auf eine Erstürmung vergeuden, und aus diesen Gründen beabsichtige ich, mit ihrem Bürgermeister zu verhandeln. Ich werde von ihm keine direkte Unterstützung fordern, denn das wäre gefährlich. Alles, was ich brauche, ist sein Schwur, dass er nicht gegen Waset zieht oder meinen Flussverkehr behindert, dass er sich mir gegenüber neutral verhält. Er lässt sich, glaube ich, überzeugen. Darum bitte ich euch alle, mich nach Süden zu begleiten, damit Pi-Hathor sieht, dass es mir wirklich ernst ist. Wir brechen morgen noch vor Tagesanbruch auf. Einverstanden?« Sie nickten und äußerten sich nicht weiter dazu, und Kamose lehnte sich zurück und überließ die Unterhaltung nach und nach Hor-Aha, der überhaupt keine Ehrfurcht vor ihnen zeigte. Kamose und Ahmose saßen still da, tranken Wein und hörten zu, bis sich das Licht im Raum rötlich färbte und Uni anklopfte und Diener mit Lampen einließ.
    »Kommt es dir seltsam vor, wenn man dich Majestät nennt?«, fragte Ahmose später seinen Bruder, als sie müde, jedoch zufrieden zum Fluss gingen. Die Sonne war schon lange untergegangen, und der soeben aufgegangene Mond war voll und rund, und sein Spiegelbild brach sich auf der ruhigen Wasseroberfläche zu tausend Splittern. Vor und hinter ihnen trabten ihre aufmerksamen Wachen in der Dunkelheit dahin.
    Dunkel und leer ragten die Schiffe über dem Uferbewuchs, dümpelten schwerfällig vor Anker; die Männer, die sie bewachten, waren auf Deck, jedoch nicht zu sehen. Kamose sog den trockenen, süßlichen Binsengeruch in vollen Zügen ein. Ahmoses Frage erschreckte ihn irgendwie, aber er beantwortete sie.
    »Nein, nicht seltsam«, sagte er. »Eigentlich ganz natürlich, sodass ich erst hinterher gemerkt habe, dass sie den Titel verwendet haben.«
    »Ich schon«, erwiderte Ahmose leise. »Ganz kurz hat er dich mir entfremdet, Kamose, aber nur kurz. Wir haben uns doch lieb, nicht wahr? Und der Titel hat mich daran erinnert, dass ich die Majestät bin, falls dir etwas zustoßen sollte.« Etwas an seinem Ton machte Kamose stutzig, er blieb stehen, drehte sich zu Ahmose um und musterte im schwachen Mondschein eingehend sein Gesicht.
    »Mir stößt schon nichts zu«, sagte er aufmunternd und packte Ahmose beim Arm. »Amun selbst hat verfügt, dass ich siegreich nach Auaris ziehe. Ahmose, hast du etwa Angst um mich?« In dem schwachen Licht wirkten Ahmoses Augen, als lägen sie tief in den Höhlen, und seine Miene war bedrückt.
    »Nein, nicht um dich«, antwortete er rasch. »Du bist der selbständigste Mensch, den ich kenne. Du brauchst niemanden. Das Göttliche an dir hat dich uns schon lange entfremdet. Im Gegensatz zu Vater wirkst du auf Leute, die dich nicht gut kennen, kalt und unnahbar. Dir macht es nichts aus, wenn du allein stirbst, falls das dein Los sein sollte, nein, für dich fürchte ich nichts, nur für mich. Ich möchte nicht König sein, niemals. Prinz sagt mir mehr zu.« Er bemühte sich Kamose zuliebe um ein Lächeln. Ist das eine Vorahnung?, fragte sich dieser. »Du solltest einen

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