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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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sondern auch besiegt?
    Beim Bild des Königs, wie er sich in Auaris hämisch und selbstgerecht freute, stöhnte er auf, und sein Leibdiener, der geduldig neben ihm stand, schickte sich an, den Fliegenwedel zu betätigen. Es sind nicht die Fliegen!, wollte Seqenenre ihn anfahren, doch er scheute vor der Mühsal zurück, sich verständlich zu machen. Mein Körper ist eine lebende Gruft geworden, schrie er stumm und verdrängte die Panik, die ihn in solchen Augenblicken immer verschlingen wollte. Meine Gedanken erreichen Zunge oder Glieder nicht mehr. Der Weg zu ihnen ist verriegelt. Ich sehe Aahotep an, sehe ihre besorgten Augen, die Einsamkeit unter ihrer bemühten Fröhlichkeit, und ich will sie in die Arme nehmen und sie beschützen, aber diese Zeiten sind vorbei. Denk nicht mehr darüber nach. Sieh dich nicht mehr im Streitwagen balancierend, den Pfeil auf dem Bogen und mit einem Löwen, der vor dir her durch die Wüste springt. Versuche nicht mehr zu spüren, wie himmlisch sich deine Muskeln anspannen, wie sich das Wasser an Kinn und Schultern kräuselt und sie liebkost, während du weiter und weiter in den Fluss hinausschwimmst.
    Und denk nicht mehr, ach, denk nie mehr daran, wie Aahotep ihr Nachtgewand hochhebt, es über Arme und Hüften gleiten lässt und mit schlafverquollenen Lidern und trägem Blick auf dich zukommt. Schweiß rann ihm die Schläfen herunter. Heftig schüttelte er den Kopf in Richtung seines Dieners und stieß einen Schmerzenslaut aus. Der Mann legte den Fliegenwedel beiseite, nahm einen Lappen und wischte ihm das Gesicht. Ihr Götter, dachte Seqenenre, muss ich diese Schmach jetzt mein Leben lang erdulden?
    Stimmen drangen zu ihm. Kamose, Hor-Aha und Si-Amun bogen um die Ecke, Kamose und Hor-Aha nebeneinander, Si-Amun etwas hinter ihnen. Sein ältester Sohn war oft an sein Krankenlager gekommen, besonders nachts. Seqenenre wachte auf und sah ihn als verschwommene Gestalt im schwachen Schein des Nachtlichts sitzen, das Kinn in die Hände, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, das Gesicht zum Bett gewandt. Wenn sich Seqenenre bewegte, stand Si-Amun auf und beugte sich über ihn, hob ihn sanft an und schüttelte sein Kissen auf, rief nach Uni, wenn er ihm klar machen konnte, dass er sich erleichtern wollte, sprach jedoch wenig mit seinem Vater, sondern drückte seine Fürsorge mit den Händen aus. Seine Anwesenheit bei Nacht weckte in Seqenenre bisweilen ungute Gefühle, aber er wusste auch nicht warum. Vielleicht, so überlegte er, wenn sie ihn überfielen, waren sie schlicht ein Alptraum. Ich habe so schrecklich geträumt.
    Die Männer umrundeten den Teich, traten in den Schatten und verneigten sich vor ihm. Er bedeutete ihnen, sich ins Gras zu setzen. Kamose und Hor-Aha nahmen dicht nebeneinander Platz, Si-Amun jedoch auf der anderen Seite der Pritsche, und ich, so dachte Seqenenre flüchtig und gereizt, muss den Kopf drehen, wenn ich ihn sehen will. Er tat das jedoch als Nörgelei eines Kranken ab. »Es geht mir gut genug, dass ich mich nach dem Zustand des Heeres erkundigen kann«, sagte er langsam und sorgfältig und zwang dabei seine verzerrten Lippen zu übertriebenen Bewegungen. Beim Klang seiner Stimme erwachte Behek, setzte sich auf und leckte ihm den Arm, ehe er sich wieder ins Gras sinken ließ. »Erzählt mir, wie es damit steht.« Kamose und Hor-Aha beobachteten seinen Mund genau. Es herrschte betretenes Schweigen. Dann legte Kamose eine Hand auf Seqenenres Knöchel.
    »Tut mir Leid, Vater, aber wir können dich nicht verstehen. Soll ich Mutter holen lassen?« Wut übermannte Seqenenre, gefolgt von einem Gefühl der Hilflosigkeit, das er brüsk verdrängte. Er mühte sich in eine sitzende Stellung und winkte Ipi heran, der bewegungslos etwas außer Hörweite hockte. Der Schreiber kam, legte seine Palette auf Seqenenres Beine und hielt sie fest. Seqenenre nahm mit der Rechten einen Pinsel, tauchte ihn in Tusche und schrieb ›Was macht Heer‹, dann warf er Kamose den Tonscherben zu.
    »Du willst etwas über das Heer erfahren«, sagte Kamose. »Wir ernähren es unter großen Kosten, Vater, und Hor-Aha drillt es noch immer. Si-Amun und Uni haben bereits angefangen, die Aussaat dieses Jahres hinsichtlich seines fortdauernden Unterhalts abzuschätzen.«
    »Die Lage sieht nicht gut aus«, warf Si-Amun ein, und Seqenenre drehte den Kopf, damit er ihn ansehen konnte. »Die Überschwemmung war reichlich, und die Aussaat hat begonnen, aber wie du weißt, mussten wir die Privatschatulle

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