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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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trauerte, der jetzt einbalsamiert allein in Si-Amuns Grabmal ruhte. Zweifellos hatte Aahotep darauf gedrängt, dass sie wieder schwanger wurde mit einem Kind, das die Erinnerungen auslöschte. Er dachte daran, wie man ihn vom Dach des alten Palastes heruntergetragen hatte, wie sie dort am Fuß der Treppe gestanden hatte, wie schrecklich der Anblick gewesen sein musste. Kamose hatte ihm davon erzählt. Sie selbst hatte es nie erwähnt.
    Er ergriff ihre Hand mit seiner Rechten, drückte sie und lächelte sein schiefes Lächeln. Sie erwiderte den Druck. »Mach dir um mich keine Sorgen«, sagte sie jetzt. »Wir sind eine zähe Rasse, sind allesamt stark. Ich muss jetzt gehen. Soll ich Ipi wegschicken und den Dienern sagen, dass sie dich wieder zu Bett bringen?« Er nickte dankbar, denn er hatte vergessen, dass sein Schreiber noch immer mit gekreuzten Beinen hinter ihm hockte. Aahmes-nofretari redete kurz mit ihm, lächelte ihm noch einmal zu und entfernte sich.
    Meine Schuld, dachte Seqenenre, als sich Ipi verbeugte und ihn allein ließ und andere Diener mit einer Trage geeilt kamen. Sie denkt, es ist alles vorbei, aber das ist es nicht. Es hat gerade erst angefangen. In seinem Kopf hämmerte es, und obwohl die Diener ehrerbietig und behutsam mit ihm umgingen, konnte er den Schrei nicht unterdrücken, als sie ihn von der Pritsche auf die Trage hoben. Ehe sie ihn in seinem Schlafgemach auf sein Lager rollten, war er schon eingenickt.
    Er bestand darauf, dass man ihn auf die Felder trug, er wollte den Bauern zusehen, wie sie die Aussaat beendeten, und dann lag er unter einem Sonnensegel, Uni neben sich und seine Diener ringsum, die aufpassten, dass seine Pritsche nicht ins Schwanken geriet und ihn in den warmen Schlamm kippte. Zuweilen begleitete ihn Ahmose, und der lief dann mit Behek auf den Fersen die Dämme entlang und hin und her zwischen den Dattelpalmen, und Seqenenre fand Trost in der Kraft seines jüngsten Sohns und seiner hemmungslosen Lebensfreude.
    Als seine eigene Kraft zurückkehrte, versuchte er, zu seinem ehemaligen Tageslauf zurückzukehren; er ließ sich so früh wecken, dass man ihn zur Morgenandacht in den Tempel tragen konnte, wo Amunmose als sein Vertreter die Zeremonien vollzog, die er nicht mehr ausführen konnte; er empfing Men, der zweimal jährlich mit seinem Bericht über sein und Amuns Vieh aus dem Delta kam, und speiste mit den Herolden und anderen Ratgebern des Königs, die den Fluss zwischen Auaris und den ausgedehnten Ländereien des Schönen Teti, Fürst von Kusch, befuhren.
    Vor diesen Männern verbarg er seinen Zustand durchaus nicht. Es war gut, wenn sie ihn gelähmt und entstellt sahen, denn dann kehrten sie nach Norden und zu Apophis mit Geschichten vom verzerrten Mund und vom Hängelid des stolzen Seqenenre zurück, dessen Arm und Bein mit Stroh ausgestopften Puppengliedern glichen. Sollen sie sich doch hämisch freuen, dachte er an den Abenden, wenn er im Empfangssaal in seinem mit Kissen gepolsterten Stuhl saß, den linken Arm leblos im Schoß. Soll Apophis doch hören, dass ich einsichtig und eingeschüchtert bin und meine Lektion gelernt habe. Bei derartigen Anlässen ließ er das Gelächter und Geplauder an sich herabfließen. Der Harfenist lullte die Gäste mit Musik ein, die Mahlzeiten dampften in den Händen der Dienstboten, seine Frauen hatten sich mit ihren besten Leinengewändern und Kleinodien herausgeputzt. Stumm führte Seqenenre den Vorsitz, Aahotep dicht an seiner Seite und Uni zu seiner Rechten, damit dieser jedes Bedürfnis im Voraus erkannte.
    Die Soldaten waren in ihre Dörfer zurückgekehrt, Hor-Ahas Medjai kümmerten sich um Stammesangelegenheiten in Wawat, und die Ägypter pflügten und bepflanzten ihre winzigen Äcker. Seqenenre wusste, dass auch diese Kunde nach Norden gedrungen war.
    Doch noch immer kamen Bogen aus Palmenrippen aus den Händen der Armeehandwerker und stapelten sich in der Waffenkammer, und in den Speichern legte man Getreide von der letzten Ernte für den Kampf im nächsten Jahr zurück. Hor-Aha schickte einen Späher aus, der Pferde aufkaufte, ein paar hier, ein paar da, und man baute Streitwagen. Dieses Mal, so dachte Seqenenre grimmig, sind wir bereit. Die Männer sind besser ausgebildet, die Lager voller. Kamose und Si-Amun sind älter und abgehärteter. Doch wenn er Aahotep erlaubte, ihn zu Bett zu bringen, fieberte er jedes Mal, und die Verzweiflung, die er vor allen anderen verbarg, brachte ihn schier um.
    Das Loch in seinem Kopf, das

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