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Der fremde Tibeter

Titel: Der fremde Tibeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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wie man normalerweise mit einem Kind reden würde. Die Erschöpfung schien von Balti auf Yeshe übergewechselt zu sein, der mit ausgelaugter Miene verwirrt in die Flammen starrte.
    »Wir sind in Ihrem Haus gewesen«, sagte Shan. »Die alte Frau, die mit der Ratte verheiratet ist, hat uns das Versteck gezeigt. Es war für einen Aktenkoffer gemacht.«
    Balti ließ nicht erkennen, ob er ihn gehört hatte.
    »Was hat sich darin befunden, das so gefährlich sein konnte?«
    »Große Dinge. Wie eine Bombe, hat Jao gesagt.« Baltis Stimme war dünn und hoch.
    »Haben Sie diese Sachen jemals zu Gesicht bekommen?«
    »Natürlich. Es waren Akten, Umschläge, keine wirklichen Dinge. Papiere.«
    Shan schloß frustriert die Augen, als ihm klar wurde, warum Jao seinem Fahrer hinsichtlich der Papiere so sehr vertraut hatte. »Sie können nicht lesen, nicht wahr?«
    »Straßenschilder. Die Straßenschilder hat man mir beigebracht.«
    »In jener Nacht«, sagte Shan. »Wohin wollten Sie fahren?«
    »Zum Flughafen Gonggar. Dem Flughafen nach Lhasa. Mr. Jao vertraut mir. Ich bin ein sicherer Fahrer. Fünf Jahre ohne Unfall.«
    »Aber Sie sind einen Umweg gefahren, bevor es zum Flughafen ging.«
    »Richtig. Eigentlich wollten wir zum Flughafen fahren, aber nach dem Abendessen hat er etwas anderes gesagt. Er war ganz aufgeregt. Zur Brücke an der Südklaue sollten wir fahren, dieser neuen Brücke über den Drachenschlund, die Tans Ingenieure gebaut haben. Ein wichtiges Treffen. Aber es sollte nicht lange dauern. Wir werden den Flug nicht verpassen, hat er gesagt.«
    »Mit wem hat er sich getroffen?«
    »Balti war nur der Fahrer. Ein sehr guter Fahrer. Das ist alles.«
    »Hat er seinen Aktenkoffer mitgenommen?«
    Balti dachte kurz nach. »Nein. Der Koffer lag auf der Rückbank. Ich bin auch ausgestiegen, als er ausgestiegen ist. Es war kalt. Hinten habe ich eine Jacke gefunden. Ankläger Jao gibt mir manchmal Kleidung. Wir haben die gleiche Größe.«
    »Was ist also passiert, nachdem Jao aus dem Wagen gestiegen war?
    »Jemand hat aus dem Schatten seinen Namen gerufen. Er ist weggegangen. Also habe ich mich hingesetzt und geraucht. Auf der Motorhaube habe ich gesessen und geraucht. Fast eine halbe Schachtel. Es wurde ziemlich spät. Ich habe auf die Hupe gedrückt. Dann kam er auf einmal angerannt. Er war sehr wütend. Er würde mich in der Luft zerreißen. Das hatte ich wirklich nicht gewollt. Vielleicht war es wegen der Hupe. Er war sehr ärgerlich.«
    Shan erkannte, daß Balti nicht mehr von dem Ankläger sprach.
    »Sie haben ihn gesehen?«
    »Natürlich habe ich ihn gesehen. Wie eine herandonnernde Herde Yaks habe ich ihn gesehen.«
    »Wie nah?«
    »Zuerst dachte ich, es wäre Genosse Jao. Nur ein Schatten. Dann kam der Mond hinter einer Wolke hervor. Er war golden. Wunderschön. Im ersten Moment war das alles, was ich denken konnte, wie in Trance. So schön und so groß wie zwei Männer. Dann habe ich bemerkt, daß er wütend war. Er hatte diese große Klinge in der Hand und schnaubte wie ein Stier. Mein Herz blieb stehen. Das hat er gemacht. Er hat mein Herz angehalten. Ich habe meinem Herz gesagt, es soll weiterschlagen, aber es wollte nicht. Dann bin ich runter in die Heide gelaufen. Ich bin gerannt. Ich habe mir in die Hose gemacht und geweint. Am Morgen habe ich die Straße nach Osten wiedergefunden. Lastwagenfahrer haben angehalten und mich ein Stück mitgenommen. Dazwischen bin ich gerannt, immer gerannt.«
    »Tamdin«, sagte Shan. »Hat er Sie verfolgt?«
    »Oh, Tamdin ist so wütend. Er will mich packen. Ich höre ihn nachts. Falls ich mit den Mantras aufhöre, erwischt er mich. Er wird mir den Kopf abbeißen, als wäre ich nur ein süßer Apfel für ihn.«
    »Was war in dem Wagen?«
    »Nichts. Das Reisegepäck und der Aktenkoffer.«
    »Und wo ist der Wagen jetzt?«
    »Wer weiß das schon? Ich bin kein Fahrer, nein, nicht mehr. Niemals mehr.«
    »Der Wagen wurde nicht bei der Brücke gefunden.«
    »Dieser Tamdin hat ihn vermutlich genommen und über die nächsten beiden Berggipfel hinweggeschleudert«, sagte Balti leise.
    Als sie in der Morgendämmerung aufbrachen, saß Balti wieder im Zelt und warf furchtsame Blicke nach draußen, während er sich im Takt eines neuen Mantras vor und zurück wiegte. Tränen liefen ihm über die Wangen. Auf Shans Decke lag ein Bündel Kleidung.
    »Verlegen Sie Ihr Lager«, sagte Shan leise zu Harkog, nachdem Pemu und Sergeant Feng sich den Abhang hinab auf den Weg gemacht hatten, »und zwar so,

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