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Der freundliche Mr Crippen | Roman

Der freundliche Mr Crippen | Roman

Titel: Der freundliche Mr Crippen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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unterhielt sich über die neueste Mode. Von Zeit zu Zeit organisierten die Damen auch Wohltätigkeitsveranstaltungen, um den armen Kindern der Stadt zu helfen, allerdings nicht mehr oft, machte es doch Arbeit und brachte sie mit den Armen in Berührung. Andrew Nash war mit Nicholas in Cambridge gewesen und hatte seine Frau dazu ermutigt, sich nach der Heirat der beiden für Louise einzusetzen, was Margaret gerne tat. Obwohl sie unterschiedlicher Herkunft waren, verstanden sich die beiden Frauen sofort. Sie hatten sich schnell angefreundet, denn Mrs Nash war wie Louise eine soziale Aufsteigerin und hatte weit über Stand geheiratet.
    »Wie geht es dir, Nicholas?«, fragte Margaret, die ihn seit dem Begräbnis nicht mehr gesehen hatte. »Kannst du den Verlust überhaupt verwinden?«
    »O ja doch«, antwortete er, obwohl das nicht ganz stimmte. Er hatte seinen Vater sehr geliebt und vermisste ihn über alles. Während der letzten Tage hatte er kaum geschlafen, so sehr wurde er von schmerzvollen Erinnerungen gequält.
    »Er war ein großartiger Mann«, sagte Andrew schroff und spielte die Rolle des alten Gentlemans, der er einmal werden wollte, obwohl er doch erst Anfang vierzig war.
    »Und Martin, wie geht es ihm?«, fuhr Margaret fort. »Beim Begräbnis sah er schrecklich aus. Er kommt doch wieder in Ordnung?«
    Nicholas zuckte mit den Schultern. Er dachte nicht gern darüber nach. Ein Familienmitglied zu verlieren, war schlimm genug, und er hasste den Gedanken, vielleicht auch noch Martin verlieren zu müssen.
    Louise schob widerwillig die Lippen vor. Der Gedanke, dass Elizabeth womöglich ein Baby bekam, wollte ihr nicht aus dem Kopf, und sie wechselte das Thema. Vielleicht täuscht sie sich ja sowieso, dachte sie. Vielleicht ist es nur falscher Alarm.
    »Meine Liebe«, sagte sie, schob die Hand vor und klopfte Margaret leicht auf den Arm. »Ich habe dir gar nicht von meinem Besuch bei Scotland Yard erzählt, oder?«
    »Nein!«, sagte Margaret. »Willst du damit sagen, dass du tatsächlich da warst?«
    »Ich war tatsächlich da.«
    »Was ist das jetzt wieder?«, fragte Andrew und paffte an seiner Zigarre. »Was um Himmels willen hast du bei Scotland Yard verloren? Hör mal, Smythson!«, polterte er. »Was treibt deine Frau da, wovon wir keine Ahnung haben? Sie ist doch nicht etwa eine Art Meisterverbrecherin?«
    »Hör schon auf, Andrew«, sagte Margaret mit ernster Miene. »Dir wird das Lachen vergehen, wenn du hörst, worum es geht. Aber jetzt sage mir, Louise. Wie war es? Was haben sie gesagt?«
    »Es ging um Cora Crippen«, erklärte Louise und sah den Mann ihrer Freundin an, der offenbar nichts von alledem wusste. »Und dem, was mit ihr geschehen ist.«
    »Cora Crippen? Du meinst diese große, laute Freundin von euch?«
    Louise seufzte und erinnerte sich daran, wie Mrs Crippen zu ihnen gestoßen war. Ein oder zwei Jahre nach ihrer Heirat mit Nicholas war sie über den Tavistock Square spaziert, als plötzlich eine Frau vor ihr stehen geblieben war und sich als Cora Crippen vorgestellt hatte, in einem Ton, als wären sie alte Freundinnen.
    »Cora Crippen?«, hatte sie geantwortet und sich zu erinnern versucht. Das Gesicht kam ihr zwar bekannt vor, nur … »Ich fürchte, ich …«
    »Oh, Sie müssen sich doch erinnern«, sagte Cora. »Ich war regelmäßig im Horse and Three Bells, als ich in der Regency Music Hall aufgetreten bin. Sie haben dort gearbeitet. Vor Ihrer Ehe.«
    »Bella Elmore!«, sagte Louise und erinnerte sich. »Das war Ihr Bühnenname, genau.«
    »Richtig. Eigentlich heiße ich Cora Crippen.«
    Sie unterhielten sich eine Weile, und ausnahmsweise einmal störte es Louise nicht, an ihre früheren, weniger exaltierten Tage erinnert zu werden. Sie und Cora hatten sich gut verstanden, und als klar wurde, dass sie nicht weit voneinander entfernt wohnten, schien der Gedanke nicht zu weit hergeholt, dass sie demselben sozialen Gefüge angehörten. Louise probierte es mit ein paar Namen, um sich zu versichern, und Cora log und sagte, sie kenne sie alle.
    »Singen Sie noch?«, fragte Louise.
    »Aber natürlich. Ich hoffe, im Frühling mein Debüt im Palladium zu geben.«
    »Im Palladium? Niemals!«
    »Nun, die Verhandlungen stehen natürlich noch am Anfang, drücken Sie mir die Daumen. Mein Agent organisiert das alles.« Selbstverständlich gab es weder Verhandlungen noch einen Agenten und auch keinerlei Risiko, dass sie tatsächlich ins Palladium gelangen könnte.
    »Cora, du musst in unsere Gilde

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