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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Ermittlungen betrauen.«
    Ich widmete mich wieder dem Sklaven. »Warst du oder jemand anders während ihres Gesprächs dabei?«
    »Mein Herr hat mich weggeschickt und angewiesen, daß er und sein Besucher nicht gestört werden wollten.«
    In diesem Moment kam der Bote wieder hereingerannt. »Der Torwächter ist tot«, rief er und war erneut verschwunden.
    »Soviel zu weiteren Zeugen«, sagte ich.
    »Die Herrin ist in Picenum«, sagte der Majordomus, »wo die Familie ein Landhaus hat. Ich werde sie benachrichtigen lassen und die Vorkehrungen für die Beerdigung treffen.« In irgendeinem Winkel des Hauses brach in diesem Moment jenes übertriebene Wehklagen aus, mit dem Sklaven ihr tristes Leben ein wenig melodramatischer gestalteten.
    »Hatte er Söhne?« fragte Catulus.
    »Nein. Zwei Töchter, beide verheiratet. Ich werde sie ebenfalls benachrichtigen lassen.«
    »Dann gibt es hier weiter nichts zu tun«, sagte Calpurnianus.
    »Guten Abend zusammen.«
    Auch die anderen schickten nach ihren Sklaven. Unser Betragen mag seltsam planlos erscheinen, aber man muß sich in Erinnerung rufen, daß es damals in Rom keine Polizei oder sonstige Ermittlungsbeamte gab. Vielleicht würde ein Judex den Fall übernehmen; vielleicht nahm ein ehrgeiziger junger Politiker die Sache persönlich in die Hand und versuchte, jemanden anzuklagen. Aber Mörder waren meistens von niederem Rang, so daß man sich keinen Namen damit machen konnte, einen von ihnen zur Anklage zu bringen.
    Ich sah, wie Nero seine Sklaven um sich sammelte. Er hatte nicht weniger als vier mitgebracht. Die Claudier waren eine gutsituierte Familie. Ich war weit älter, erfahrener und angesehener als er und konnte mir nur einen lasterhaften Schlingel wie Hermes leisten. Ich rief den aufmerksamen Jungen zu mir und flüsterte ihm zu: »Folge dem kleinen Mistkerl und sieh, wohin er geht; erstatte mir morgen Bericht.«
    Er sah gekränkt aus. »Ist das alles?«
    »Was soll das heißen, ist das alles?« wollte ich wissen.
    »Ich habe gerade dein Leben gerettet. Das sollte dir doch etwas wert sein.«
    »Das behauptest du. Nachdem was ich weiß, könntest du eben auch einen absolut unschuldigen, jungen Mann bezichtigt haben.
    Folge ihm einfach. Wenn es sich herausstellen sollte, daß du mich wirklich gerettet hast, werde ich mich an den Saturnalien erkenntlich zeigen.« Er stakste davon. Tatsächlich hatte ich nicht den geringsten Zweifel, daß er die Wahrheit gesagt hatte.
    Wenn Nero sich in Gesellschaft von Clodius aufhielt, mußte er schuldig sein. Aber ich wußte, daß ich Hermes nicht zu sehr loben durfte. Sklaven wie er nutzen einen ungeniert aus, wenn man sie läßt.
    Die Blutlache um die Leiche war mittlerweile ziemlich angeschwollen, aber das meiste war auf eine Seite geflossen. Ich näherte mich von der weniger blutigen Seite und kauerte über der Leiche, um sie mir genauer anzusehen. Der Mörder hatte Capitos Kehle durchgeschnitten, aber soweit ich die Wunde sehen konnte, war sie verblüffend klein, fast wie eine Stichwunde. Dann bemerkte ich eine leichte Delle zwischen seinen Augenbrauen, als sei er von einem Knüppel getroffen worden. Die meisten Mörder finden einen Todesstoß ausreichend, aber vermutlich konnte eine kleine Zusatzversicherung nicht schaden. Ich erhob mich und entfernte mich rückwärts von der Leiche, wobei meine Sandalen ein leise quietschendes Geräusch machten. Offenbar war es mir nicht gelungen, dem Blut völlig auszuweichen.
    »Na denn«, murmelte ich, »der hier wird jedenfalls nicht mehr Geiers Kollege.«
    »Was sagst du?« fragte Afranius. Die anderen waren bereits gegangen, aber er war noch damit beschäftigt, seinen Pagen auszuschelten, der zu betrunken war, seine Fackel am Brennen zu halten.
    »Oh, eine politische Sache. Mein Verwandter Metellus Geier kandidiert für das Konsulat, und ich sollte mit Capito über eine mögliche Allianz reden.« Das war nichts, was vertraulich behandelt werden mußte.
    Afranius' Augen leuchteten auf. »Eine Coitio? Also, Capito ist aus dem Spiel. Weißt du was, der Weinkrug steht noch gefüllt im Triclinium. Warum gehen wir nicht einen Augenblick rüber und unterhalten uns, bis mein Junge wieder nüchtern ist?« Wir schlenderten zurück ins Eßzimmer, während sich das ganze Haus mit Wehklagen und Trauergeschrei füllte.

IV
    »Lucius Afranius, was?« sagte Celer. Wir standen im trüben Licht des frühen Morgens auf den Stufen der Curia. »Er wäre keine schlechte Wahl. Bei ihm könnte ich mich darauf

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