Der Frevel des Clodius
Schärfe.
»Verdient oder nicht«, sagte Calpurnianus, »es wird ein Spektakel werden, wie es Rom noch nicht gesehen hat. Ich habe sein Lager draußen vor der Stadt besucht, und er hält dort Hunderte von Elefanten und Mahauten, die ihnen Tricks beibringen, die sie auf dem Triumphzug vorführen sollen. Eine ganze, voll bewaffnete Legion bewacht seinen Schatz.«
Das erregte meine Aufmerksamkeit. »Ich dachte, er hätte seine Truppen aufgelöst, als er Italien erreicht hat.«
»Er hat beantragt, diese Einheit bis zu seinem Triumph unter Waffen halten zu dürfen«, sagte Calpurnianus. »Sie hocken jetzt schon so lange dort draußen und üben für den großen Tag, daß sie bereit sein sollten, den Triumph binnen weniger Tage nach der Erlaubnis durch den Senat zu zelebrieren.«
»Ich habe gehört, er würde drei Triumphe auf einmal feiern«, sagte der junge Nero. »Für den Krieg gegen die Piraten, den in Afrika und den im Orient.«
Ein Sklave kam herein und flüsterte Capito etwas zu, worauf sich unser Gastgeber von seinem Platz erhob. »Ich muß euch für einen Augenblick verlassen, um im Atrium mit jemandem zu sprechen. Ich bin in ein paar Minuten zurück.« Er ging, während die Sklaven begannen, Planen mit süßem Gebäck zu servieren.
»Pontifex«, sagte der junge Nero ehrfurchtsvoll, »alle Welt spricht im Augenblick von den Riten der Bona Dea, die morgen nacht stattfinden sollen. Ich bin ein wenig durcheinander. Wer genau ist diese Bona Dea?« Mit »alle Welt« meinte er vermutlich Clodius. Wir alle wandten uns zu Catulus, um seine Antwort zu hören.
»Das ist eine heikle Frage«, sagte Catulus. »Von uns Pontifices wird erwartet, daß wir alles über unsere heimatlichen religiösen Rituale wissen, aber die Gute Göttin ist eine recht rätselhafte Gestalt. Einige glauben, sie sei identisch mit unserer alten italischen Göttin Ceres, die die Griechen Demeter nennen; andere behaupten, sie sei asiatischen Ursprungs.«
»Wir haben doch immer alle ausländischen Geheimkulte verboten oder vertrieben«, sagte Afranius.
»Das macht die Sache ja so heikel«, sagte Catulus. »Das Collegium der Pontifices hat solchen Praktiken immer ablehnend gegenübergestanden, aber da Männer nicht nach diesem Ritual fragen dürfen und es Frauen verboten ist, darüber zu sprechen, wissen wir nicht einmal genau, ob es ausländischen oder heimatlichen Ursprungs ist.«
Mitten in diesem gelehrten Gespräch beugte sich Hermes auf einmal vor, um meinen Becher mit Wein aufzufüllen. Dabei flüsterte er mir ins Ohr: »Iß nichts von dem Gebäck.« Ich hatte langjährige Erfahrung mit Verschwörungen und Intrigen und ließ mir nichts anmerken.
»Wo wird das Ritual in diesem Jahr abgehalten?« fragte einer der Männer auf Afranius' Sofa.
»In Caesars Haus«, sagte ich. »Das hat er mir heute morgen selbst gesagt.« Das brachte mich auf eine weitere Frage. »Wird das Ritual nicht üblicherweise von der Gattin eines Konsuls oder des leitenden Praetors durchgeführt?«
»Es war ein ziemliches Durcheinander«, sagte Calpurnianus, »weil ich Witwer bin und mein Kollege Messala Niger sich gerade hat scheiden lassen. Caesar war im letzten Jahr Praetor, ist amtierender Pontifex maximus und hat seinen Dienstsitz freiwillig angeboten. Es ist ein Riesenaufwand, weil jedes männliche Wesen, einschließlich der Sklaven und Tiere, vom Grundstück entfernt werden muß.«
»Sogar Gemälde, Statuen und Mosaike, die eine männliche Kreatur abbilden, müssen bedeckt werden«, ergänzte Catulus, der Pontifex.
»Mit wem ist Caesar denn jetzt verheiratet?« fragte ich.
»Soweit ich weiß, ist Cornelia doch vor einigen Jahren gestorben.«
»Mit Pompeia«, sagte Afranius, »und angeblich ist er nicht glücklich mit ihr.«
»Wahrscheinlich eher umgekehrt«, sagte Catullus, der Dichter.
»Pompeia«, sagte ich. »Ist sie eine Tochter von Pompeius?«
Ein paar Zimmer weiter konnte man laute Stimmen hören.
Offenbar wurde über irgend etwas heftig gestritten, kein ungewöhnliches Geräusch in einem großen Haus.
Calpurnianus schüttelte den Kopf. »Nein, sie ist die Tochter von Quintus Pompeius Rufus, dessen Vater zusammen mit Sulla Konsul war, als jener seine Armee nach Rom führte und die Marianer ins Exil verbannte. Ihre Mutter - laßt mich überlegen ja, ihre Mutter war auch eine Cornelia, die Tochter Sullas.«
Bei unseren zahlreichen politisch motivierten Ehen und Scheidungen und der merkwürdigen Praxis der Namensgebung, die wir von unseren
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