Der Frevel des Clodius
Reichtum nicht auf ausschließlich eitle Weise verwendet. Er baut zur Zeit eine Bibliothek nach dem Vorbild der berühmten Bibliothek in Alexandria, und er ist der erste, der Kirschbäume nach Italien gebracht hat. Er hat in der Nähe von Neapel eine Kirschplantage anlegen lassen und will jedem Setzlinge und Ableger zugänglich machen.«
»Das ist in der Tat eine gute Nachricht«, sagte ich, »das mit den Kirschen, meine ich.« Bei all unserer stolzen Erobererpose freuten wir uns immer noch unbändig an landwirtschaftlichen Dingen. Eine neue Melonenart in Italien einzuführen, würde einen so berühmt machen wie die Eroberung einer neuen Provinz.
»Und seine Fischteiche sind außergewöhnlich.« Cato mußte all diese Dinge vorbringen, damit er die Schuld, ein Essen zu genießen, ertragen konnte. Es sollte eine Religion für Leute wie Cato geben. Der Stoizismus allein war dieser Aufgabe nicht gewachsen.
Milo gesellte sich zu uns, und Cato blieb zurück, um mit Cicero zu reden. Seine aristokratische Seele begehrte gegen die Vorstellung auf, mit einem politischen Abenteurer wie Milo zu sprechen. Ich habe nie bemerkt, daß sich Milo daran auch nur im geringsten gestört hätte.
»Erzähl mir von gestern abend«, sagte Milo. Die Geschichte hatte schon beim ersten Licht des Morgengrauens auf dem Forum die Runde gemacht. Ich skizzierte die Einzelheiten von Capitos Ermordung und erzählte ihm dann von dem vermeintlichen Giftmordversuch.
»Das könnte aber auch die lebhafte Phantasie meines Sklaven gewesen sein«, gab ich zu bedenken, »oder ein Versuch, sich bei mir einzuschmeicheln.« »Am besten gehst du kein Risiko ein, wenn es um Clodius geht. Darum mußt du dich selbst kümmern, aber ich werde sehen, was ich über den Mord an Capito in Erfahrung bringen kann. Ich kenne niemanden, der die Zwei-Stoß-Technik anwenden würde. Es erinnert mich an die Art, wie Opfertiere getötet werden: erst ein Schlag auf den Kopf, dann ein Schnitt durch die Kehle.«
»Das hab' ich auch gedacht. Aber dafür brauchte es zwei Männer.«
»Du schnüffelst doch gern rum. Laß dich von einem der Praetoren zum Judex pedaneus ernennen.« Letzterer wurde offiziell ernannt, um in Kriminal- und Streitfällen zu ermitteln.
»Ich stehe nicht auf der Liste der möglichen Kandidaten«, erklärte ich ihm. »Dafür bin ich erst in gut einem Jahr alt genug.«
»Das ist bedauerlich, aber wenn Clodius wirklich versucht, dich zu vergiften, hast du wahrscheinlich nicht mehr viel Zeit, dich noch um irgend etwas anderes zu kümmern.«
Lucullus' Stadthaus war so groß wie mehrere Landvillen zusammen, in einer dicht besiedelten Stadt wie Rom ein erstaunlicher Anblick. Sein Personal aus Sklaven und Freigelassenen umfaßte gerüchteweise mehrere hundert Leute.
Das war für einen Landsitz nichts Ungewöhnliches, aber Stadthäuser waren eher bescheiden. Wie ein ausländischer Tourist begaffte ich die fantastischen Statuen, die Teiche, Brunnen und spektakulären Gärten, in denen importierte, exotische Bäume wuchsen.
Normalerweise sollte ein Triclinium neun Essensgäste bequem beherbergen, mit weiterem Platz für ein paar zusätzliche Besucher. Das Triclinium von Lucullus hätte ohne Probleme den gesamten Senat aufnehmen können. Man erklärte mir, daß dies nur einer von mehreren Speisesälen sei, und bei weitem nicht der größte. Wir lümmelten uns auf die mit reiner Seide bezogenen und mit Daunen und kostbaren Kräutern gepolsterten Sofas. Der Teller, der vor mir hingestellt wurde, hatte einen Durchmesser von gut einem halben Meter und war aus daumendickem, massivem Silber.
Als ersten Gang gab es wie üblich Eier. Aber diese waren in eine unglaublich dünne Folie aus gehämmertem Gold eingeschlagen, die wir offenbar mitessen sollten. Pingelig wie er war, pellte Cato sein Ei trotzdem. Der zweite Gang bestand aus ganzen Ferkeln, die anstelle der Augen Rubine hatten.
»Und das ist dein bescheidenes Mittagsmahl, Lucius?« sagte Cicero.
»Ja, wenn ich keinen besonderen Anlaß zum Feiern habe.« Er machte ein Zeichen, und die Musiker begannen zu spielen. Eine Truppe wunderschöner griechischer Jungen kam herein und tanzte einen pyrrhischen Tanz.
»Provozier ihn bloß nicht«, warnte Hortalus, der Kollege meines Vaters im Censorat. »Wenn er angeben will, läßt er das goldene Tischservice aufdecken. Es ist genauso massiv wie dieses.«
»Ich hab' mich schon gefragt, was wohl mit der großen goldenen Mithridates-Statue passiert ist, die du erbeutet hast,
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