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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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einfachen, ländlichen Vorfahren geerbt haben, ist es schon bemerkenswert, wenn man die eigene Familie einigermaßen zusammenbekommt; von fremden ganz zu schweigen. Pedantische alte Langeweiler wie Calpurnianus waren immer besonders stolz darauf, diese Dinge korrekt zu behalten. Sie lagen meistens trotzdem daneben, sprachen aber stets in einem Tonfall, der jeden Zweifel an ihrem unfehlbaren, genealogischen Gedächtnis im Keim erstickte.
    Ein lauter Schrei aus dem vorderen Teil des Hauses ließ alle Köpfe in diese Richtung schnellen. Wir kämpften uns aus unseren Sofas auf die Füße, weil jedem klar war, daß dies kein normaler häuslicher Streit sein konnte. Während die anderen nach draußen stürmten, blieb ich zurück und faßte Hermes an der Schulter. »Was sollte das Theater um das Gebäck?« fragte ich.
    »Es ist vergiftet«, sagte Hermes.
    »Lächerlich. Mamercus Capito hat keinen Grund, mich umzubringen.«
    »Er war's auch nicht«, sagte Hermes. »Es war dieser kleine Patrizier-Lümmel neben dir. Er hat den Pontifex wegen dieses Bona-Dea-Krams gefragt, und als du in dessen Richtung geblickt hast, hat er irgendwas über das Gebäck auf deinem Teller gestreut.« Er nahm ein Stück Kuchen von Neros Teller.
    »Hermes!«
    »Na, er hat ja nicht sein Gebäck vergiftet! Ich hab' Hunger gekriegt vom Stehen und Zusehen, wie ihr euch vollgestopft habt.«
    Ich zog eine Serviette aus meiner Tunika, sammelte vorsichtig, um es nicht mit bloßen Händen zu berühren, etwas Gebäck ein, wickelte es in die Serviette und verstaute es in meiner Tunika.
    »Los«, sagte ich. »Laß uns sehen, was passiert ist.«
    Die anderen hatten sich zusammen mit ein paar aufgeregten Sklaven im Atrium versammelt. Auf dem Mosaik-Boden lag ein fülliger Körper. Es war Mamercus Aemilius Capito, tot wie Hektor. Appius Claudius Nero starrte die Leiche mit aufgerissenen Augen und teigigem Gesicht an. Die übrigen, für die der Anblick eines ermordeten Ehrenmanns nichts Neues war, zeigten sich wesentlich gefaßter. In Anbetracht der Tatsache, daß Nero gerade versucht hatte, mich zu ermorden, fand ich sein Entsetzen beinahe lobenswert.
    »Was ist geschehen?« fragte ich völlig unnötigerweise.
    »Wie du unschwer erkennen wirst«, bemerkte Catulus trocken, »wird uns unser Gastgeber bei dem Gelage nach dem Essen keine Gesellschaft mehr leisten. Es hat den Anschein, als hätte sein Besucher ihn um die Ecke gebracht.« »Hatte er denn Feinde?« fragte einer der Männer von Afranius' Tisch.
    »Mindestens einen«, meinte Catulus. »Also wirklich! Welcher Römer von Rang hat schließlich keine Feinde?«
    »Wie langweilig«, sagte Catullus, der Dichter. »In den Epen und Dramen sind Morde immer aufregend und schrecklich.
    Dieser ist hingegen ziemlich gewöhnlich.«
    Calpurnianus wandte sich an Capitos Majordomus. »Ruf meine Sklaven herbei.«
    »Sofort, Konsul!« Der Mann wieselte davon. Ich sah mich nach dem Sklaven um, der Capito vom Tisch gerufen hatte. Es war ein geräumiges Atrium, aber ich entdeckte ihn und rief ihn an meine Seite.
    »Wer hat deinen Herrn heute abend besucht?« fragte ich.
    »Es war ein Mann in einem dunklen Umhang. Er hatte eine Falte des Umhangs über seinen Kopf gezogen, so daß ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Er hat sehr leise gesprochen.«
    »Kam dir das nicht merkwürdig vor?«
    »Es steht mir nicht zu, die Besucher meines Herrn zu kontrollieren. Er sagte, er würde erwartet.«
    »Hat dein Herr in jüngster Zeit viele solcher Besucher empfangen?«
    »Ich weiß nicht. Ich hatte nur zufällig im Atrium zu tun, als er kam. Ihr müßtet den Torwächter fragen.«
    Die Sklavenschar des Konsuls kam. Bis auf einen persönlichen Diener hatten alle bedeutenden Gäste ihre Sklaven in den hinteren Teil des Hauses geschickt. Calpurnianus hatte mindestens zwölf von ihnen, die alle versuchten, so zu tun, als hätten sie nichts getrunken. Er rief einen Jungen zu sich, der die Tunika, den Gürtel und den Hut eines Boten trug. Der Junge hielt ihm ein Täfelchen und einen Stift hin. Der Konsul öffnete das Täfelchen und begann, etwas auf die Wachsoberfläche zu schreiben.
    »Bring das zum Haus des Praetor urbanus Voconius Naso. Er ist wahrscheinlich nicht daheim, aber warte dort auf ihn und sorge dafür, daß er diese Botschaft persönlich erhält. Du brauchst die Antwort nicht abzuwarten. Ich werde ihn morgen in der Curia treffen.« Der Junge rannte los, und der Konsul wandte sich an uns. »Ich vermute, er wird einen Judex mit den

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