Der Frevel des Clodius
Lucius«, sagte Celer.
»Absurd!« protestierte Cato. »Es hat Zeiten gegeben, als es nur ein einziges Service gab, das dem Senat gemeinsam gehörte und von Mitglied zu Mitglied weitergereicht wurde, wenn ausländische Botschafter zu bewirten waren.« Cato tat immer so, als sei es etwas ganz Besonderes, ein kleiner, armer Stadtstaat zu sein. Die Welt war voll von solchen Orten, von denen Cato aber keinen ausdrücklich bewundernswert fand.
»Ich finde es absolut angemessen und völlig römisch«, sagte Lucullus. »Die thrakischen Häuptlinge trinken Wein aus den Schädeln ihrer Feinde. Warum sollten wir nicht von der Statue eines römischen Feindes essen?« »Das ist der Gipfel der Sophisterei!« empörte sich Cato, aber das Gespräch wandte sich anderen Themen zu. Cato war ein zu leichtes Opfer. In diesem Moment betrat auch eine Gruppe zum Haushalt gehörender Frauen den Raum und nahm auf Stühlen am Tisch Platz. Wenigstens gesellten sie sich nicht zu den Männern auf den Sofas. Cato hätte einen Schlaganfall erlitten.
Eine der Frauen, sie war etwa so alt wie ich und trug ein pfirsichfarbenes Gewand, war außergewöhnlich schön. Sie war weißblond wie die Germanen, aber ihre Gesichtszüge waren unverkennbar römisch und adelig. Milo, der zu meiner Rechten lagerte, beugte sich zu mir.
»Wer ist diese blonde Göttin?« Er sagte das kein bißchen sarkastisch. Er hatte den überwältigten Gesichtsausdruck eines Mannes, den es erwischt hat. Ich wandte mich meinem linken Nachbarn zu, einem alten Senator, der regelmäßig in Lucullus' Kreisen verkehrte, und fragte ihn.
»Die Dame Fausta«, antwortet er. Ich drehte mich wieder zu Milo.
»Pech, Titus. Es ist Fausta. Sullas Tochter.«
»Und was ist daran verkehrt?« fragte Milo. »Ich möchte, daß du mich ihr vorstellst.« Seine Augen leuchteten auf eine Art, die ich nur als ungesund diagnostizieren konnte.
»Erstens kenne ich sie nicht, und zweitens ist sie eine Cornelierin. Selbst die Götter brauchen eine Sondergenehmigung, um diese Familie anzusprechen.«
Er packte meine Schulter, und ich unterdrückte einen Schrei.
Milo konnte mit bloßen Händen Knochen brechen. Er lockerte den Griff ein wenig und beugte sich noch näher.
»Stell mich vor. Du bist ein Meteller, und selbst ein Cornelier wird jemandem mit dem Namen Caecilius Metellus zuhören.«
»Gut, ich tu's!« sagte ich. Zu meiner vernehmlichen Erleichterung ließ er meine Schulter los. Ich betrachtete die Frau. Sie galt in Rom als geheimnisvolle Gestalt, berühmt, aber selten gesehen. Sie und ihr Bruder Faustus waren Zwillinge, was schon gewichtig genug gewesen wäre, ohne daß sie noch die Kinder des gottgleichen Sulla waren. Bei seinem Tod hatte Sulla sie der Obhut seines Freundes Lucullus anvertraut. Faustus hatte sich Lucullus' Feldzug im Orient angeschlossen und sich in den dortigen Kriegen ausgezeichnet. Fausta war bei Lucullus geblieben und hatte aus irgendeinem Grunde nicht geheiratet.
Die Zwillinge hatten die ungewöhnlichen Namen von ihrem Vater bekommen, zu Ehren seines schon sagenhaften Glücks.
Aber er hatte am Ende dafür bezahlt. Er starb unter Qualen an einem namenlosen Krebs. In seinem letzten Lebensjahr mußte er sich gewünscht haben, die ersten neunundfünfzig nicht gelebt zu haben.
Als das Mittagessen vorüber war, spazierten die Gäste umher und bewunderten die Anlagen. Man erwartete förmlich, daß jeden Moment nackte Nymphen aus dem Gebüsch hervorbrachen, dicht gefolgt von ithyphallischen Satyrn. Wenn Satyrn nicht so knapp gewesen wären, hätte Lucullus bestimmt welche gehabt.
Wir fanden Fausta Winterrosen schneidend in einer überdachten Laube. Sie schwang die Rosenschere, während ein Sklavenmädchen ihre Röcke aufhielt, um die Triebe aufzufangen. Ich näherte mich ihr und machte ihr meine geziemliche Aufwartung.
»Dame Fausta, ich hatte bisher noch nicht die Ehre, deine Bekanntschaft zu machen. Ich bin Decius Caecilius Metellus der Jüngere und kürzlich von einem Aufenthalt in Gallien nach Rom zurückgekehrt.«
Sie schenkte mir einen mehr als flüchtigen Blick, bevor ihre Augen Milo anblitzten. »Hocherfreut. Und wer ist dein Freund?«
Ich war ein wenig gekränkt. Sicher, Milo war groß und kräftig wie ein Gott, aber ich war definitiv von besserer Geburt. »Erlaube mir, dir Titus Annius Milo Papianus vorzustellen, einen- was bist du eigentlich, Milo?« Ich konnte ihn ja schlecht als meinen Freund Milo, den Gangster vorstellen, obwohl er genau das war.
Milo nahm
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