Der Frevel des Clodius
enen Mann in weniger als einer Stunde umgebracht hätte, und die meisten brauchen sehr viel länger, begleitet von furchtbaren Schmerzen und Krämpfen.
Jemand wollte dich tot sehen, mein Freund.«
»Irgendeine Ahnung, was für ein Gift?« fragte ich.
»Die Schwierigkeit, das genau festzustellen, habe ich schon erwähnt. Ich habe das Tier hinterher seziert und keine Anzeichen für eine Blutung gefunden. Ich konnte auch keine heftigen Krämpfe erkennen. Bei dem Gift könnte es sich um das Extrakt eines Pilzes handeln, aber es könnte genausogut ein Absud von ägyptischem Kobra-Gift sein, eine reduzierte Konzentration, die mit einem Stabilisierungsmittel zu Pulver verarbeitet wurde.«
»Kobra-Gift? Das klingt ein bißchen exotisch. Der Junge hatte eine bäuerliche Kräuterfrau auf dem Forum aufgesucht. Handeln die mit so etwas?«
»Also die Pilze kennen die bestimmt. Laß dich nicht von der äußeren Erscheinung täuschen, Decius. Sie hat vielleicht nie die Vorlesung eines studierten Arztes besucht, aber eine bäuerliche Kräuterfrau kennt sich mit den heimatlichen Pflanzen und ihren Wirkungsweisen bestens aus. Soweit ich weiß, könnte es in irgendeinem hiesigen Tal eine Pflanze oder Wurzel geben, die ein Gift produziert, das weit tödlicher ist als alle, die der Schule des Hippokrates bekannt sind.«
»Oder er hat es anderswo erworben«, sagte ich.
»Wie immer in diesen Fällen bewundere ich dein kritisches Urteilsvermögen. Die meisten Menschen neigen dazu, die schnellste oder bequemste Antwort zu akzeptieren.«
»Das macht mich so gut in dem, was ich tue«, pflichtete ich ihm bei. »Ich habe diesen Fimmel, nichts für bare Münze nehmen zu können. Wenn eine Erklärung einfach oder offensichtlich ist, weckt das meinen Verdacht. Wenn jemand möchte, daß ich etwas glauben soll, vermute ich stets irgendwelche Hintergedanken.«
»Das muß eine recht nützliche Eigenschaft sein. Obwohl sie bei Königen mitunter zu stark ausgeprägt ist, bis sie am Ende überall Attentäter sehen und es mit den Hinrichtungen übertreiben.«
»Es ist jedenfalls eine gute Eigenschaft für jemanden, der in Diensten des Senats und des Volkes von Rom steht«, behauptete ich. »Und manchmal sind die tödlichen Pläne unserer Feinde ja tatsächlich real, wie das unglückliche Schwein bezeugt. Wieviel schulde ich dir für das Tier?«
»Zwölf Sesterzen.«
»Zwölf? Das kommt mir für ein kleines Schwein recht happig vor. Hättest du es nicht trotzdem an die Gladiatoren verfüttern können? Das Gift hat doch sicher nur die lebenswichtigen Organe betroffen und ist nicht ins Fleisch gesickert.«
»Es ist nie ratsam, sich Freiheiten bei der Diät von professionellen Killern herauszunehmen. Zwölf Sesterzen, Decius.«
Ich zog meine Börse und zählte ihm die Münzen auf den Tisch. »Also meines Erachtens könnte der Junge die Frau tatsächlich als Wahrsagerin konsultiert haben, wie sie behauptet.
Als ich seine Hand nahm, fiel mir auf, daß er einen SelbstmordRing trug. Mein Sklave Hermes ist ihm nach Hause gefolgt und hat berichtet, daß er sich zweimal übergeben hat. Das scheint mir ein Zeichen seiner Jugend und Unerfahrenheit als Verschwörer und Mörder zu sein. Na, es wird ihm jedenfalls leid tun, ausgerechnet mich zum Gesellenstück erkoren zu haben.«
»Und was ist mit der Wahrsagerin?« fragte Asklepiodes.
»Er wollte sich von ihr wahrscheinlich bestätigen lassen, daß die Zeichen gut stehen, oder irgendwas in der Richtung. Ich wage zu bezweifeln, daß er ihr die Natur seiner Mission offenbart hat. Ein Junge, der nervös genug ist, einen Giftring zu tragen, wird auch sichergehen wollen, daß die Götter für ein so gewaltiges Unterfangen wohlgesonnen sind. Vielleicht wollte er sich auch bestätigen lassen, daß er noch ein langes Leben vor sich hat.«
»Er ist dir doch völlig fremd. Wer hat ihn deiner Meinung nach auf dich angesetzt?« »Diesmal ist meine Liste sehr kurz, könnte aber im Laufe meiner weiteren Ermittlungen noch länger werden. Natürlich Clodius, obwohl ich glaube, daß er mich lieber eigenhändig erledigen würde.«
»Im Laufe der Jahre hat vielleicht selbst Publius Clodius eine gewisse Diskretion und Reife entwickelt«, meinte Asklepiodes.
»Wie ich höre, spricht man von ihm jetzt als einer vielversprechenden Figur der römischen Politik.«
»Ach, das. Das heißt nur, daß er der zur Zeit erfolgreichste aktive Verbrecher ist.«
»Auch von deinem Freund Titus Milo habe ich derartiges gehört«, fügte
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