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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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gravierenden Frevels anklagen.«
    Ich wandte mich ihr zu. »Wie ich sehe, bist du ebenso scharfsinnig wie schön.« Vorlautes kleines Flittchen, dachte ich.
    Der Gedanke war mir selbst noch gar nicht gekommen. Aber als ich mich erneut Clodia zuwandte, wirkte sie noch immer irritiert. Sie fand ihre Fassung jedoch rasch wieder.
    »Ich glaube, die liebe Fulvia hat recht. Vielleicht sehen die Censoren einen Verstoß gegen Gesetze fremder Götter nicht gerne, aber die Gerichte können in einem solchen Fall keine harte Strafe aussprechen. Die bleibt den Vergehen gegen Staatsgottheiten vorbehalten. Ich muß in dieser Frage Cicero konsultieren.«
    »Ich hatte nicht gedacht, daß Cicero Clodius gewogen sein könnte«, sagte ich.
    »Oh, aber Cicero und ich sind in jüngster Zeit enge Freunde geworden«, lächelte sie. Das waren schlechte Nachrichten.
    Zunächst war ich geneigt, ihr nicht zu glauben, doch dann erinnerte ich mich daran, wie hastig Cicero neulich darauf beharrt hatte, Clodia aus dem Skandal herauszuhalten. Warum sollte er etwas Derartiges tun, wenn nicht auch er ihren Reizen verfallen war? Ich war von Cicero enttäuscht, wußte aber, daß ich nicht in einer Position war, mich zum Richter aufzuschwingen. Denn ich war Clodias Zauber in der Vergangenheit ebenso erlegen.
    »Kannst du denn wenigstens so weit gehen, mir zu sagen, wer deinen Bruder entdeckt hat?«
    »Es war eine Sklavin aus dem Haushalt von Lucullus. Ich glaube, das kann ich enthüllen, ohne den Zorn der Götter zu riskieren.«
    »Sklaven nehmen auch an den Riten teil?« Das war mir neu.
    »Die Musikerinnen. Ich glaube, es war eine Harfenistin, die ihn verraten hat.«
    Ihre Wortwahl kam mir merkwürdig vor.
    »Ich wünschte, ich hätte ihn so sehen können«, sagte Fulvia.
    Sie zog ihre Beine unter der Decke hervor und fläzte sich bäuchlings auf das Bett. In der Seidenrobe bot sich ihre Rückansicht genauso wohlgeformt dar wie die Vorderseite.
    »Wußtest du, daß man Achilles einmal in Frauenkleidern erwischt hat? Und Herkules mußte als Sklave von Omphale ebenfalls weibliche Kleidungsstücke tragen, während sie sein Löwenfell überwarf und seine Keule trug. Ich fand das immer sehr erregend.« »Für solch abseitige Vorlieben bist du aber noch ziemlich jung«, bemerkte ich.
    »Manche fangen eben früher an als andere«, sagte sie. Wie wahr, dachte ich. Ihre Stimme verursachte einem ein Kribbeln in den Hoden. Clodia setzte sich neben sie und nahm ihre Hand.
    »Ist das alles, Decius? Fulvia und ich haben noch einiges zu besprechen.«
    »Es würde mir nicht im Traum einfallen, euch zu stören. Ich werde mich zurückziehen, damit die Damen weiter... nun ja, was auch immer. Mein Beileid übrigens, Clodia, zu dem jüngsten schmerzlichen Verlust.«
    »Danke, Decius. Der arme Nero. Viel zu viele von uns sterben viel zu jung.« Und mit dem Echo dieser kryptischen und ominösen Bemerkung im Ohr verließ ich Geiers Haus.
    Auf dem Weg in die Stadt kam mir eine Gestalt entgegen, eine in Schleier gehüllte Frau, an der mir irgend etwas merkwürdig bekannt vorkam. Ich beherrschte mich, nicht zu genau hinzusehen, aber als sie an mir vorbei war, wandte ich mich um und sah sie Geiers Haus betreten.
    Ein kurzes Stück die Straße hinunter fand ich einen zur Straßenseite offenen Weinladen. Der Wirt schenkte mir ein Glas Wein aus einem der großen in den Tresen versenkten Fässer aus, und ich nahm es mit an einen Tisch nahe dem Eingang. So konnte ich dasitzen und darüber grübeln, was ich erfahren hatte, während ich gleichzeitig Clodias Tür im Auge behielt.
    Es war stets wenig ratsam, voreilige Schlüsse zu ziehen, wenn man es mit Clodia zu tun hatte, aber ich glaubte nun, doch einige Dinge sicher zu wissen: Clodia hatte nichts von Neros Tod gewußt, was es unwahrscheinlich machte, daß sie ihn befohlen hatte. Sie war sicher nervös geworden, als ich angedeutet hatte, daß es vielleicht eine legale Möglichkeit gab, Zeugenaussagen über Clodius' Machenschaften bei den Riten zu erzwingen. Fulvia hatte meinen Plan durchkreuzt, indem sie daraufhingewiesen hatte, daß Clodius in diesem Fall schwerlich des schweren Frevels angeklagt werden konnte. Das hatte mich in dem Moment zwar geärgert, aber das geile kleine Biest hatte mir unwissentlich weiteren Anlaß zum Nachdenken geliefert, denn der Gedanke, daß sie oder eine andere gezwungen werden könnten auszusagen, hatte Clodia noch stärker beunruhigt. Es war also nicht der Vorwurf des Frevels gegen ihren Bruder, den

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