Der Frevel des Clodius
sie fürchtete. Was aber hatte er in jener Nacht möglicherweise sonst noch angestellt? Eine Tändelei mit Caesars Frau, die über jeden Verdacht erhaben sein mußte? Das war lachhaft. Auf der Liste der schweren Vergehen rangierte Unzucht in Rom in etwa so hoch wie ein Verstoß gegen das Gebot, zu den Spielen eine Toga zu tragen.
Das eröffnete völlig neue Perspektiven für meine rachsüchtigen Gedanken. Ich wünschte mir nichts mehr als eine Chance, eine wirklich schwerwiegende Anklage gegen Clodius zu führen. Bisher war ich mit einer ziemlich frivolen Ermittlung betraut gewesen, deren primäres Ziel darin bestand, Geiers Frau aus der Sache herauszuhalten. Jetzt bekam dieses Gerippe langsam Fleisch. Und wenn ich mit meiner Vermutung über die Frau, die gerade Geiers Haus betreten hatte, richtig lag, waren der Frevel, die jüngsten Morde und der Anschlag auf mein Leben eng miteinander verknüpft.
Als ich meinen Wein gerade leer getrunken hatte, verließ sie das Haus wieder, ein Timing, das ich als günstiges Vorzeichen deutete. Als sie an dem Weinladen vorbeikam, wandte ich mich ab und stand auf, als sie vorübergegangen war. Bei Tageslicht ist es nicht besonders schwer, jemandem durch die Straßen Roms zu folgen. Sie sind eng, und die Menschenmassen verhindern, daß man schnell vorwärts kommt. Sie erlauben einem, dicht hinter dem Beschatteten zu bleiben, ohne entdeckt zu werden.
Unweit des Forum Boarium betrat sie einen reizenden kleinen öffentlichen Park. Neben den Pflanzen gab es das übliche Priapus-Standbild und einen jener merkwürdigen Miniaturschreine, die wir an Stellen errichten, an denen der Blitz eingeschlagen hat. Sie setzte sich auf eine Bank mit einer Plakette, die den Namen eines reichen Mannes trug, der der Stadt den Park geschenkt hatte, sowie eines weiteren reichen Mannes, der seine Pflege finanzierte. Erst vor kurzem bin ich wieder einmal dort vorbeigekommen. Die Plakette ist inzwischen verschwunden, und statt ihrer eine andere angebracht, die Namen und Geschlecht unseres Ersten Bürgers trägt. Er würde auch behaupten, er hätte Rom gegründet, wenn er annehmen könnte, daß ihm das jemand abkaufen würde.
Die Frau fuhr zusammen, als ich mich neben sie setzte. »Na so was, Purpurea, so trifft man sich wieder.«
Sie hatte ihren Schrecken schnell überwunden. »Und ich wette, das ist kein Zufall.«
»Ja, ich habe mich gefragt, was du im Haus von Metellus Celer verloren hast, das im übrigen auch das Haus seiner geliebten Frau Clodia Pulcher ist.«
»Du bist mir gefolgt«, sagte sie entrüstet.
»Genau. Und jetzt wirst du mir erzählen, was du bei Clodia zu tun hattest, oder ich werde dir jede Menge Ärger bereiten.«
»Ich bin bloß eine arme, ehrliche Kräuterfrau. Du hast keine Veranlassung, mich zu belästigen!« Sie bewegte den Korb auf ihrem Schoß. Darin raschelte etwas.
»Deine Ehrlichkeit oder der Mangel derselben interessiert mich nicht im geringsten«, erklärte ich ihr. »Sondern Menschen, die in der ganzen Stadt verstreut ermordet werden, und ich wäre beinahe einer von ihnen gewesen. Ich verdächtige dich der Mittäterschaft. Es wäre das beste für dich, schleunigst jemand anderen zu beschuldigen, also rede!«
»Mord! Damit habe ich nichts zu tun. Die Dame Clodia hat mich beauftragt, ihr bestimmte Kräuter zu beschaffen und ihr die Zukunft vorherzusagen. Das heißt, sie und die junge Dame Fulvia, und ist das nicht ein heißes, kleines Ding?«
»Und ob«, stimmte ich ihr zu, »Rom wird in den kommenden Jahren sicherlich noch schwer unter ihr zu leiden haben, aber laß uns zu Clodia zurückkehren. Hat das, was da in deinem Korb raschelt, vielleicht was mit dem Vorhersagen der Zukunft zu tun?«
»Oh, ja.« Sie griff in den Korb und zog eine fette, träge, schwarze Schlange hervor. »Der alte Dis hier ist die beste Wahrsager-Schlange Roms. Um diese Jahreszeit ist er allerdings nicht besonders kregel.«
»Und die Kräuter?« fragte ich.
»Nur das Übliche.«
»Das Übliche?«
»Du weißt schon, Aphrodisiaka. Vielleicht sollte ich dir auch mal was zusammenmischen. Kriegst du einen Schwanz davon wie der Priapus da.«
»Ich leide unter keinerlei diesbezüglichem Mangel«, sagte ich verärgert.
»Das sagen sie alle, außer denen, die alt genug sind, ehrlich zu sein. Ich glaube, ihr Mann braucht hin und wieder ein wenig Ermunterung.«
»Bist du sicher, daß das alles ist, was du ihr geliefert hast? Es waren nicht zufällig auch ein paar Gifte darunter?«
»Aber, mein
Weitere Kostenlose Bücher