Der Friseur und die Kanzlerin
herausgekommen waren, hatten sehr normal ausgesehen, so dass man unmöglich hatte entscheiden können, ob dieses Hineingehen oder Herauskommen etwas mit dem Gegenstand der Überwachung zu tun hatte.
«Schließlich», endete sie niedergeschlagen, «wusste ich nicht mehr, was ich da überhaupt verloren hatte. Ich wusste bloß, dass es keinen Sinn hatte.»
«Was du gerade beschrieben hast, nennt man arbeiten. Das erfordert Hingabe, Anstrengung, Hartnäckigkeit und viel Glück. Das Erreichte zu bewahren ebenfalls. Ich hoffe, die Praxis hat dir als Ansporn gedient. Was den heutigen Tag betrifft, so hast du getan, was du konntest. Ich würde zu gern wissen, ob der Typ mit dem Peugeot 206 im Yogazentrum arbeitet. Jedenfalls hat er von dieser Nummer aus angerufen. Das werden wir schon noch rauskriegen. Jetzt geh nach Hause, nimm eine Dusche, das hast du bitter nötig, und iss, was man dir auftischt, ohne zu mucksen und ohne eine Krume auf dem Teller zu lassen. Ich kann dir versichern, dass ich dasselbe tun werde, außer der Dusche, da ich keine habe.»
«Muss ich später wieder Wache stehen? Ich bin mit einer Freundin fürs Kino verabredet.»
«Geht in Ordnung. Sieh zu, dass es ein Film mit erzieherischem Wert ist, nicht so ein Schund mit Spezialeffekten. Und lass das Handy immer eingeschaltet. Wenn jemand anruft, dann mach es nicht wie bisher, sondern versuch was in Erfahrung zu bringen. Wenn es nichts Neues gibt, ruf ich dich morgen Vormittag an und gebe dir neue Anweisungen. Und vergiss das Geld nicht.»
Ohne allzu große Überzeugung versprach sie, in dieser Hinsicht etwas zu unternehmen. Einerlei: Nachdem sich die Unterinspektorin so unheilvoll ins Geschehen eingebracht hatte, hielt ich Quesito lieber aus dem operativen Geschäft raus. Nicht, dass sie noch in Gefahr geriet, falls es denn welche gab. Viel würde sie mir so oder so nicht nützen. Statt ihrer wollte ich mich, wie man es immer tun soll, an bewährte Fachleute halten.
Als ich aus dem Bus stieg, wehte nicht das leiseste Windchen, und die Ramblas sahen öd und leer aus. Nur gerade eine Handvoll Touristen schleppte sich von Schatten zu Schatten, um die Kosten der Pauschalreise zu amortisieren. Ich biss in den sauren Apfel und machte mich auf den Weg. Glücklicherweise traf ich sehr rasch auf das gesuchte Subjekt, Objekt meiner weiteren Pläne.
«Wie geht’s denn so, Juli?»
Mit einer für ein nicht vorhandenes Publikum unsichtbaren Handbewegung deutete er auf ein Tellerchen zu seinen Füßen, in dessen Mitte eine einzelne Euromünze glänzte, die der Juli sicherlich selbst dahin gelegt hatte, um zum Geben zu animieren. Kiwijuli Kakawa, von allen der Juli genannt, war ein glückloser Mann, und zwar seit dem Tag seiner Geburt, die im Schoß eines westafrikanischen Stammes stattgefunden hatte, der den Albinos nicht eben eine Vorzugsbehandlung angedeihen ließ. Nach einer schwierigen, langen, teuren Odyssee gelangte er schwimmend an den Strand von Salou, sehr zum Ergötzen der Badegäste. Ohne Papiere und ohne Hoffnung auf selbige verschaffte er sich eine gefälschte Genehmigung, als lebende Statue auf der Rambla de las Flores zu arbeiten, wenn auch nur vormittags. Er entschloss sich, den Medizinnobelpreisträger Don Santiago Ramón y Cajal zu verkörpern, dem er ein größeres Lokalprestige zuschrieb, als er es tatsächlich genießt. Kleider und Ausstattung kaufte er auf Pump. Erfolgreiche Profis stellen einen oder zwei Gehilfen an, um die Schufte zu verfolgen, die sich die Erstarrtheit der betroffenen Partei zunutze machen und deren Einnahmen zu klauen versuchen. Der Juli konnte sich kein Personal leisten, und so sah er nicht nur fast immer den geringen Betrag auf dem Tellerchen verschwinden, sondern musste auch mit ansehen, wie ihm am vierten Arbeitstag überdies das Mikroskop entwendet wurde. Da er sich weder ein neues kaufen noch die verkörperte Person wechseln konnte, stellte er folgendes Plakat auf:
DON SANTIAGO RAMÓN Y CAJAL
IN DEM MOMENT, DA ER MIT BLOSSEM AUGE
DIE DYNAMISCHE POLARISIERUNG
DER NEURONEN ENTDECKT
«Du kannst das Doppelte verdienen» – ich deutete auf den Euro, als glaubte ich an dessen ordnungsgemäße Herkunft –, «wenn du dasselbe in der Calle Calabria machst.»
Eine Weile veränderte er den einstudierten Ausdruck des Staunens über die wundersame wissenschaftliche Entdeckung nicht; dann setzte er die Lippen in Bewegung und sagte:
«Könnte es nicht in der Calle Villarroel sein? In der Nähe des Krankenhauses gibt es
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