Der Friseur und die Kanzlerin
befriedige ich die spirituellen Bedürfnisse eines Schülers bei ihm zu Hause. In der Nähe des von Ihnen erwähnten Cafés wohnt eine Person, deren psychische Ausgeglichenheit von … von bestimmten Übungen abhängt, die wir mit vereinten Kräften durchführen. Haltungsmeditation nenne ich das. An den Tagen dieser Besuche trinke ich etwas in diesem Café, vor oder nach der Sitzung. Niemals alkoholische Getränke. Muss das alles in der Akte stehen?»
«Momentan im Bericht. Ich bin nur der Bote der Frohbotschaft. In Kürze werden Ihnen drei Inspektoren einen Besuch abstatten. Ich an Ihrer Stelle würde die Papiere in Ordnung bringen. Und auch Ihr Privatleben. Sie werden sich viel Kopfzerbrechen ersparen. Die kommen unangemeldet.»
Eine Weile machte ich mir schweigend Notizen, dann steckte ich die Kappe auf die Füllfeder, klappte den Block zu und verwahrte beides in der Tasche. Beim Aufstehen sagte ich:
«Darf ich Ihr Handy benutzen? Meins ist im Lieferwagen.»
«Aber selbstverständlich.»
Ich wählte Quesitos Nummer, und als sie antwortete, sagte ich:
«Fernández? Ich bin’s, der Sugra. Ich ruf dich vom Handy eines Kunden an. Ja, der Scheißswami. Was? Nein, das Übliche. Wir werden ja sehen, was die Arschlöcher vom dritten Stock sagen. Und wie ist es dir beim Derwisch ergangen? Was du nicht sagst! Fest in deiner Hand? Du bist vielleicht ’ne Wucht, Fernández! Also dann, see you. Bye, bye.»
Ich gab dem Swami das Handy zurück, er nahm es mit zittriger Hand, ich verabschiedete mich mit leichtem Nicken und ging auf den Ausgang zu. Als ich an der Empfangsdame vorbeikam, übersah ich sie geflissentlich. Auf der Straße brannte glühendheiß die Sonne. Ich setzte den Hut auf. Es war eine gute Idee gewesen, auch einen Hut auszuleihen, und es tat mir leid, ihn zurückgeben zu müssen. Aufgrund der Sonnenstellung beschränkte sich mein Schatten auf den Hutschatten. Dank diesem astronomischen Phänomen konnte ich die ungefähre Zeit auch ohne Uhr erraten, und ich erinnerte mich an Großvater Lins Einladung. Als ich beim Juli war, blieb ich einen Moment stehen, wie wenn ich mir den Hut zurechtrücken müsste, bestellte ihn, ohne ihn anzuschauen, für neun Uhr ins Restaurant Hund zu verkaufen und hieß ihn auch die anderen dahin zitieren. In diesem Augenblick fuhr ein Bus vorbei. Ich winkte ihm, und als die Tür aufging, sprang ich hinein. Im Inneren saßen nur zwei schwarzgekleidete Frauen vorgerückten Alters. Bevor ich mich setzte, grüßte ich sehr höflich und lüftete den Hut.
7
DER MEISTGESUCHTE MANN
Während meiner Abwesenheit war Quesito in den Damensalon gekommen. Da sie mich nicht vorfand, war sie mit einem Dietrich eingedrungen, hatte sich in den Sessel gesetzt und war eingeschlafen. Mein Auftauchen weckte sie, und sogleich erging sie sich in Entschuldigungen wegen ihres Eindringens. Nach meinem Anruf aus dem Yogazentrum hatte sie sich Sorgen gemacht: Zwar hatte sie meine Stimme erkannt, nicht aber die Nummer, und sie hatte nichts begriffen. Ich schimpfte mit ihr.
«Du sollst nicht unangemeldet irgendwo auftauchen, und schon gar nicht ohne Erlaubnis eindringen, wenn niemand da ist. Das macht nicht nur einen schlechten Eindruck, es könnte auch ein Alarm ausgelöst werden oder dich ein auf Einbrecher abgerichteter Hund beißen. Zum Anruf: Da ist nichts Besonderes dabei – ich wollte einen Angeber demütigen und nebenbei seine Nummer in deinem Handy speichern. Hast du den Auftrag erfüllt?»
«Jawohl», sagte sie ganz natürlich. «Ich habe sämtliche Informationen.»
«So rasch? Wie hast du das gemacht?»
«Ich habe das Foto in Twitter hochgeladen, und nach fünf Minuten hatte ich von überallher Antworten. Selbst die CIA will mein Freund sein. Der Herr auf dem Foto ist ein international gesuchter Terrorist. Sehr gut auf seinem Gebiet, und das ist Mord. Er heißt Alí Aarón Pilila und ist Freiberufler. Er hat Menschen im Auftrag der Drogenmafia umgebracht, aber auch Mitglieder von al-Qaida im Auftrag des Mossad und umgekehrt. In Spanien hatte er mehrere Verträge im Bausektor, bis die Blase geplatzt ist. Seine Methoden sind ebenso einfach wie effizient, und es fehlt ihm nicht an Raffinement – einem Opfer hat er mit einer Blattsäge die Hoden entfernt.»
«Das reicht!», rief ich empört. «Ein junges Mädchen sollte keine solchen Dinge lesen.»
«Sie haben es mir aufgetragen.»
«Egal, die Schicklichkeit geht vor. Und nun», fügte ich hinzu, nachdem ich einen Blick auf die Uhr geworfen
Weitere Kostenlose Bücher