Der Friseur und die Kanzlerin
Brava abgestiegen. Dort hat er sich mit einem Unbekannten unterhalten. Der sprach Spanisch und war in Begleitung einer gutaussehenden Frau, vielleicht einer Dolmetscherin, vielleicht auch nicht. Grund der Begegnung unbekannt. Danach fuhr das Paar in einem Überlandbus wieder zurück nach Barcelona. Am folgenden Morgen verließ Alí Aarón Pilila das Hotel und kehrte in einem gemieteten Mercedes nach Frankreich zurück. In Montpellier gab er das Auto ab und nahm den TGV nach Paris. Dort verlor die französische Polizei seine Spur. Über das Paar haben wir nichts herausgefunden. Vielleicht ist er erfasst. Oder sie. Oder beide. Aber das Hotelpersonal hat zu ungenaue Beschreibungen abgegeben. Sie wussten nicht, um wen es sich handelte, und passten nicht entsprechend auf. Kurzum, wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren. Wenn Alí Aarón Pilila wiederkommt, wird es einen terroristischen Anschlag geben, zweifellos ein tödliches Attentat.»
«Da passt für mich etwas nicht zusammen», bemerkte ich und versuchte nicht allzu neugierig zu erscheinen. «Wie Sie sehr richtig gesagt haben, befindet sich in diesen Tagen nur eine Handvoll verschwitzter Malocher in Barcelona, Sie natürlich ausgenommen. Wem kann es also gelten?»
«Das wissen wir nicht. Es kann jeder in Frage kommen. Alí Aarón Pilila gehört keiner Organisation an, und man weiß nicht, ob er irgendeiner Ideologie anhängt. Er wird gedungen und ist teuer, was uns zur Annahme bewegt, es werde jemand Wichtiges sein. Ein Geschäftsmann, ein Politiker, ein Mitglied der Königsfamilie.»
«Und ich?»
«Als Ziel für einen Terroristen? Wohl eher nicht.»
«Ich meinte meine Rolle in diesem Verwirrspiel.»
«Ermitteln. Du hast deine Methoden. Früher hast du einmal schwierige Fälle gelöst. Schlecht zwar, aber du hast sie gelöst. Meine ganze Abteilung ist im Urlaub. Tu was. Finde das Paar vom Hotel an der Costa Brava, ohne Verdacht zu erwecken. In diesen schwierigen Zeiten dürfen wir den Tourismus nicht verschrecken. Bezahlte Reise mit einem Bus der SARFA , Spesen für ein belegtes Brötchen, und wenn dir dafür Zeit bleibt, kannst du baden gehen. Du wirst es nicht bereuen. Wenn du Erfolg hast, darfst du den Preis bestimmen.»
«Hat Ihre Abteilung bei der Vergabe von Stipendien ihre Hand im Spiel?»
Sie stand auf, gähnte, streckte die Arme aus, rückte den BH zurecht, steckte die Dienstwaffe an ihren Platz zurück und ging auf die Tür zu.
«Du tu deine Pflicht, und dann sehen wir weiter.»
Von diesem unseligen Gespräch berichtete ich meinen Gehilfen nichts, als wir uns zur vereinbarten Zeit im Restaurant Hund zu verkaufen trafen. Unterwegs hatte ich einen Überschlag gemacht und festgestellt, dass das Anwachsen der Gehaltsliste durch das Dazukommen der Moski und damit einem zusätzlichen Gast beim Abendessen meine wirtschaftlichen Möglichkeiten überschritt. Bevor wir uns zu Tisch setzten, nahm ich Señor Armengol beiseite und bat ihn um einen Kredit mit dem Argument, ich führe ihm augenfällige Gäste zu, was für das Lokal nur von Vorteil sein könne, wenn die Medien davon Wind bekämen und ihn in die Rubrik Tendenzen aufnähmen. Nachdem er eine Weile stur geblieben war, gab er mir zwar keinen Kredit, gewährte mir aber eine Stundung für die ausstehende Zahlung, die eben bevorstehende Mahlzeit eingeschlossen.
Während dieser Verhandlungen hatten die anderen schon das ganze Brot gefuttert. Ich gesellte mich zu ihnen im Vertrauen darauf, dass ihre Berichte meine Fürsorge rechtfertigten. Dem war nicht so. Mein Besuch im Yogazentrum hatte das vorhersehbare Ergebnis gezeitigt: Kurz nachdem ich gegangen war, kam der Typ mit dem Peugeot 206 heraus, stieg ein und sauste davon. So weit der Juli. Sieben Minuten später sah ihn der Dandy Morgan bei Romulus’ Domizil vorfahren. Er ging hinein und kam nach fünf Minuten wieder heraus, und eine Minute später kam auch Lavinia Torrada heraus. Er war mit seinem Auto weggefahren, und sie ging zur U-Bahn, gefolgt von der Moski samt Akkordeon. Die Moski nutzte die U-Bahn-Fahrt, um zu spielen und einige Euro zu verdienen. Der Gegenstand ihrer Überwachung stieg an der Station Plaza de Cataluña auf die Linie 3 um und an der Station Vallcarca endgültig aus. In der Avenida de la República Argentina bestieg sie einen Bus. Im Bus forderten die Fahrgäste die Moski auf, ihnen mit ihrem Akkordeon nicht auf den Geist zu gehen. In städtischen Autobussen und anderen oberirdischen Transportmitteln hatte sie immer schlechte
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